THE PERC: Electric Kindergarten Vol. 6
FREILAND, Sommer 2015, CD Was es im Moment alles wiederzuentdecken gibt! Ich wusste, um ehrlich zu sein gar nicht, wie aktiv TOM REDECKER alias THE PERC musikalisch noch ist. Erst im Zuge der Wiederveröffentlichung der THE PERC MEETS THE HIDDEN GENTLEMAN-EP "The Fruits Of Sin & Labor" (Besprechung) stieß ich auf diverse Projekte, welche die eine Hälfte des Duos heute noch betreibt. Dazu gehört zum Beispiel die "Electric Kindergarten"-Serie, die Originalaufnahmen aus diversen THE PERC-Quellen in sanft überarbeiteter Fassung auf den Markt bringt. Volume 6 widmet sich dem Duo KÜHE IM NEBEL (TOM REDECKER und OTMAR WILLI WEBER aka OWI). Zwei KÜHE-Kassetten, die kurz vor der Gründung von THE PERC MEETS THE HIDDEN GENTLEMAN im Jahr 1986 / 1987 erschienen, sind hier nun auf CD zusammengefasst.
Meine rudimentären Erinnerungen hatten KÜHE IM NEBEL eher als Lo-Fi-Improvisation abgespeichert. Umso überraschter war ich gleich beim Opener "The Gull" (01), einem wackeren Industrial-Hit, sehr rhythmisch und mit dezentem Growl-Anteil in der Stimme. "Heartbeat" (02) erinnert mich an eine (tatsächlich) Lo-Fi-Version von YELLO, erneut extrem rhythmusbetont. Es folgen einige rauere Rocksongs, die phasenweise nach THE PERC MEETS ... klingen, bis auf den rumpeligen Probenraumsound. Minimale, industrielle Elektroniknummern mischen sich im weiteren Verlauf mit schön schlichten Beats aus Drum Machines und zum Beispiel dem Klang einer Melodica. "Pain & Pleasure" (11) ist extrem tanzbar, und der "Cowboy Song" (16) zum Schluss ist – nach rund 70 Minuten! – eine hinreißende Persiflage auf übliches Countrygegniedel. Handgemachte und sehr charmante Rumpelhits aus dem Untergrund der Post-NDW-Zeit. Schön analog-dämpfig, vergleichbar mit den Anfängen von THE DRY HALLEYS oder GIRLS UNDER GLASS aus der damaligen Zeit. Das einzige, was mich an Volume 6 ärgert, ist die Tatsache, dass ich die bisherigen fünf Volumes verpasst habe! SUN TEMPLE CIRCUS: ~ TRIBAL STOMP RECORDS, Sommer 2015, LP Bei dieser aktuellen Jam-Allstar-Band spielt THE PERC aktiv mit – Gitarre, Keyboards, Vocals. Gemeinsam mit befreundeten Musikern – HARRY PAYUTA an der Sitar zum Beispiel, oder DISSIDENTEN-Drummer MARLON KLEIN – entstand der Wunsch, live auf der Bühne Lieder aus dem gemeinsamen Portfolio zu präsentieren, weiter zu entwickeln. "Einstöpseln, loslegen!" oder "jeder nimmt das Equipment, das er gerade braucht", wie es im beiliegenden Info-Flyer heißt. Mitte 2014 gab es einige Konzerte von SUN TEMPLE CIRCUS, von denen das letzte – im LAGERHAUS in Bremen – mitgeschnitten und auf diese LP gepresst wurde. Die Farbgebung des Covers sowie ein Blick auf die Länge der vier Tracks machen klar, dass es wohl recht psychedelisch zugeht....
Bei "Out Of India" (01) – ursprünglich auf dem letzten Album von HARRY PAYUTA – sehe ich berühmte Schauspieler in einem Wüstenepos auf Kamelen reiten. Orientalische Dünengitarren twangen zu flirrenden Synthiedrones, Ethno-Trommeln und (natürlich) der Sitar. Sehr psychedelisch mit improvisiert klingenden Läufen. "Lighthouse" (02) – vor 20 Jahren auf einem THE PERC-Album – übernimmt dieses Ambiente zwar, entwickelt sich aber nach und nach zu einem jammigen und epischen Pop-Rock-Song. "Et moi, et moi, et moi" (03), ursprünglich von JAQUES DUTRONC, bleibt auch auf dieser Live-LP eine schmissige französische Rocknummer. Und mit "Sun Madness" schließt der längste und spannendste Song (04) das Album ab. Ein spontaner Jam-Titel, spacig, wachsend und ausufernd, mit Sprechvocals und Zahnarztbohrer. Frischer und lebendiger Psych- oder Krautrock, der durch die Liveeinspielung (ohne Overdubs) besonders direkt wirkt! DEADS GUITARS: Shelter SIREENA, 20. November 2015, CD / LP Hier taucht THE PERC alias TOM REDECKER, Bewahrer alter Schätze und Musiker, nun in seiner dritten Funktion auf. Als Betreiber des Labels SIREENA RECORDS (mit Künstlern wie zum Beispiel PAUL ROLAND). Im November erscheint auf SIREENA das neue, vierte Album der DEAD GUITARS, einer multinationalen Gruppe aus Deutschland, England, Holland und der Schweiz. Gründungsmitglieder von TWELVE DRUMMERS DRUMMING sind hier unter anderem am Werk. Vielleicht ist die Band dem einen oder anderen schon bei der "25th Anniversary Tour" der damals – Ende der Nuller-Jahre – eigentlich aufgelösten THE MISSION begegnet; MISSION-Sänger WAYNE HUSSEY hatte um diese Zeit auch einen Gastauftritt auf dem DEAD GUITARS-Album "Flags" (2008).
"Shelter", so der Titel der aktuellen Veröffentlichung, startet mit sehr entspanntem, wavigen Gitarrenrock, mit klaren und weiten Vocals und einem deutlichem Bass. Im Verlauf allerdings werden die Stücke wesentlich poppiger, zum Beispiel mit treibenden Bläserarrangements. Ich hätte DEAD GUITARS ohne zu zögern als britische Indie-Band einsortiert, flott und dabei gleichzeitig entsprechend melancholisch, mit einem enorm starken Gespür für Arrangements und Melodien. Zwischendurch auch mit verträumteren, fast psychedelischen Balladen, in denen Drones fliegen und vibrieren, die Stimme dazu tiefer und samtiger. Ein hymnisches Album, mit angenehm dunkler und nachdenklicher Grundstimmung – perfekt für den Herbst. Kein einziger Song fällt ab, obwohl die letzten drei Lieder etwas dezenter wirken. Ich mag MEN WITHOUT HATS, THE NITS, THE SMITHS, CROWDED HOUSE und die finnischen UNDERWATER SLEEPING SOCIETY – und von allen meine ich, hier ein bisschen zu hören. Pop für NONPOP.
Michael We. für nonpop.de
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