Michael We.
P16.D4 - Box, Interview, TexteGespräch zur "Passagen"-Retrospektive und weitere ArtikelRALF WEHOWSKY in Aktion Wer das Internet nach der deutschen Musikszene Anfang der 1980er-Jahre durchstöbert, kann durchaus den Eindruck gewinnen, dass P16.D4 nicht entsprechend gewürdigt werden. Zwar findet das Mainzer Projekt in vielen Artikeln namentlich Erwähnung, die sich mit deutschem Industrial oder der Kassettenszene dieser Zeit befassen; längere Texte tauchen aber kaum auf. Vereinzelt sind noch maschinengeschrieben Dokumente aus alten Fanzines als PDF-Scan zu ergattern. Das war's im Großen und Ganzen, obwohl selbst der Standard-Lexikoneintrag bei WIKIPEDIA den internationalen Einfluss von P16.D4 betont, was frühe Zusammenarbeiten mit MERZBOW, NURSE WITH WOUND oder DE FABRIEK belegen. Das polnische Label MONOTYPE RECORDS (Z'EV, SCANNER, LYDIA LUNCH, PHILIPPE PETIT und andere) schenkt P16.D4 nun die angemessene Beachtung und veröffentlicht mit "Passagen" eine brillante Box. Sie enthält auf sechs CDs die wichtigsten Veröffentlichungen, außerdem eine DVD plus Postkarten und Buttons sowie ein dickes Booklet mit vielen Infos und Texten. (Der Inhalt – plus einige Hörbeispiele und Videos – kann im Detail auf der entsprechenden Labelseite eingesehen werden.) Besonders erfreulich ist der mit rund 60 Euro sehr günstige Preis für den hochformatigen Klappkarton.
Gegründet als P.D. (PROGRESSIVE DISCO) im Januar 1980 (später dann auch PERMUTATIVE DISTORSION und schließlich P16.D4, das 'P' als der sechzehnte und das 'D' als der vierte Buchstabe des Alphabets), erschien noch im selben Jahr die erste LP. In aller Kürze zusammengefasst, ging es P16.D4 um die Wahrnehmung von Klängen und Geräuschen und die Veränderung der Wahrnehmung durch Bearbeitung des Quellmaterials. Zu den Methoden zählten Loops, Cut-up, Recycling, Manipulation von Geschwindigkeit oder Laufrichtung, permanente Wiederholungen oder Zerstören von Material wie das Zerknittern von Tapes. Verwendet wurde bewusst 'unprofessionelle', also billige Technik. Nahezu sämtliche Einflüsse, die für Industrialmusik geltend gemacht werden, tauchten auch bei P16.D4 auf, etwa Musique Concrète, Dadaismus, Free Jazz oder Improvisation, wobei die Mainzer Gruppe weniger bis gar nicht auf den üblichen, vor allem optischen Schockeffekt setzte, gleichwohl sie inhaltlich die selben Themen bewegte wie andere Industrial-Acts: Anti-Konsum, Anti-Kommerz, Anti-Massengeschmack. Mit befreundeten Künstlern gründeten P16.D4-Mitglieder außerdem WAHRNEHMUNGEN (später umbenannt in SELEKTION), ein eigenes Label. (Eine Dreifach-LP mit einer Sammlung von Kassetten auf WAHRNEHMUNGEN aus den Jahren 1980 und 1981 ist unter anderem bei DRONE RECORDS erhältlich.) Ständiges Mitglied von P16.D4 war RALF WEHOWSKY, heute noch (unter dem Kürzel RLW) als Geräusch- / Noise- / Industrialmusiker aktiv. Mit ihm habe ich über die aktuelle "Passagen"-Box und seine jetzige Arbeit gesprochen. Außerdem stellen wir einige Texte anderer Autoren über P16.D4, deren Arbeitsweise und Umfeld zur Verfügung - ein kleines P16.D4-Archiv zum Stöbern! Der Artikel von DAN WARBURTON eröffnet übrigens auch das "Passagen"-Booklet. Mehr Details über die Texte und deren Autoren findet Ihr auf den entsprechenden Seiten ... 1) NONPOP-Interview mit RALF WEHOWSKY 2) WOLFGANG STERNECK: P16.D4 Und Die Strukturen 3) DAN WARBURTON: War On Stupidity (englisch) 4) Artikel über die Kassettenszene in Mainz Anfang der 80er (Link)
Michael We. für nonpop.de
Verweise zum Artikel: » "Passagen"-Seite mit Shop (66 Euro) » WEHOWSKY-Diskografie » SELEKTION (nicht mehr aktualisiert) » SELEKTION-Diskografie » weiteres Interview mit RALF (EST Magazine)
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