Nachdem die PORTA NIGRA Mini-Festival-Tour bereits am Freitag in den Niederlanden und am Samstag in Belgien ihre Zelte aufgeschlagen hatte, wurde zum Abschluss am Sonntag noch die Kölner WERKSTATT beehrt. Recht früh am sonnigen Sonntagnachmittag fanden sich die Besucher also im Kölner Stadtteil Ehrenfeld ein, um sich im gut gefüllten, düsteren Veranstaltungssaal der Werkstatt beschallen zu lassen. Merchandise- und Mailorderstände waren eine Etage tiefer platziert, wo dann auch ein DJ im Hintergrund rumpelnde und dröhnende Atmosphäre versprühte. So wie alle Bands löblicherweise pünktlich begannen und endeten, was an einem Sonntagabend ansonsten auch eher problematisch gewesen wäre, startete NICOLAS VAN MEIRHAEGHE, der sonst auch mit THIS MORN’ OMINA unterwegs ist, mit EMPUSAE Punkt halb sechs. Zunächst rollte der Musiker einen Ambient-Teppich aus, der sich im Laufe der Performance zur regelrechten Tribal-Elektronik auswuchs, die mit deutlichem Druck daherkam. Die Show war eher minimalistisch gehalten. Die genretypische Videoshow gab es nicht. Dafür konnte man den Musiker an den Maschinen beobachten und schließlich sogar an der Trommel, mit der er zwar die Tribal-Atmosphäre unterstützte, die aber leider im Hallensound nicht wirklich herauszuhören war. Den Mix und die Technik in den Griff zu bekommen, war allerdings ein Problem, das sich wieder einmal durch eine komplette Veranstaltung zog. Mit diesem Set zum Einstieg konnte man als Besucher aber absolut zufrieden sein. Schon im Vorfeld konnte man sich fragen, ob RAISON D’ÊTRE ob des doch ruhigeren, Konzentration erfordernden Sounds wirklich in dieses Line-up passen würde. Abschließend muss man das wohl mit einem klaren 'Nein!' beantworten. Vor Industriehallenruinen und bearbeiteten Naturaufnahmen, die an die Bühnenrückwand projiziert wurden saß PETER ANDERSSON vor seinen Gerätschaften und entlockte diesen den typischen kratzigen, dröhnenden Klang des Projekts. Rechts und links von ihm stand dazu (eher wenig) Metallgerät, dass der Musiker zwischendurch bearbeitete und den dabei erzeugten Klang in die Musik einfließen ließ – ihn loopte und bearbeitete. Für so ein Konzert muss ein Festival wie dieses allerdings als problematisch angesehen werden. Die Besucher brachten die entsprechende Konzentration nicht auf, sodass es leerer, unruhiger und lauter im Raum wurde und damit das Zuhören erschwert wurde. Nicht wenige gaben deshalb hinterher zu Protokoll, dass das Konzert und der Rahmen auf dem PHOBOS-II-Festival in Wuppertal deutlich ansprechender gewesen war. IN SLAUGHTER NATIVES brachten danach naturgemäß erstmals etwas Stimmung in den Saal. JOUNI HAVUKAINEN wurde wie bei den letzten Konzerten üblich von KATHLEEN BINDER am Synthesizer unterstützt. Auf der rechten Seite der Bühne trommelte zudem NICOLAS VAN MEIRHAEGHE engagiert mit. Nach dem Intro stieg man mit "As My Shield" dann auch ohne Umschweife wuchtig ein. Der Mix blieb während des Auftritts etwas Gewöhnungssache, da die Stimme von JOUNI, die ohnehin sehr im Hintergrund bleibt, doch zu wenig vernehmbar war. Dies galt leider auch für die Trommel. Zumindest die Gesamtlautstärke wurde nach ersten Beschwerden auf ein druckvolleres Maß erhöht. Das Set war ansonsten sehr ausgewogen und JOUNI kam auch selbst nach anfänglicher Zurückhaltung mehr und mehr in der inneren Welt von IN SLAUGHTER NATIVES an, sodass einen die Performance schon ordentlich packte. Einer der Höhepunkte war natürlich wieder "Death, Just Only Death", dem eine gehörig wummernde Basssequenz hinzugefügt wurde. Etwas verwirrend schien mir das Ende des Auftritts gewesen zu sein, weil man den Eindruck hatte, dass es noch ein weiteres Stück oder eine Zugabe geben könnte. Tatsächlich fehlte auch "You Are The Dead", das in den letzten Jahren immer zum Live-Set gehörte. Das alles änderte allerdings nichts mehr an dem eigentlich guten Eindruck des Auftritts. Im Gespräch teilte mir JOUNI dann noch mit, dass er an neuem Material arbeite, zuvor aber noch eine Zusammenstellung mit älterem, überarbeitetem Material – dann auf OUT OF LINE – herauskommen könne. Warten wir es ab. Für COLD MEAT INDUSTRY sah er dagegen keine Hoffnung mehr. Nach diesem wuchtigen Auftritt wurde der Sound mit ORDO ROSARIUS EQUILIBRIO dann versöhnlicher. Neben der Kern-Livebesetzung mit natürlich TOMAS PETTERSSON, ROSE-MARIE LARSEN und FREDRIK BERGSTRÖM am Schlagzeug waren auch die seit 2009 dazugestoßenen FREDRIK LEIJSTRÖM und RONNIE BÄCK an Gitarre und Bass mit dabei, während AXEL MENZ wohl nicht mehr dabei ist. Zu Beginn des Auftritts wirkte TOMAS PETTERSSON, vielleicht wegen der in jeder Hinsicht anstrengenden Tour, doch ein wenig angeschlagen, was sich im Laufe des Konzerts allerdings gab. Auch den Sound bekam man nach zwei-drei Stücken halbwegs in den Griff, sodass die Rückkopplungen nur noch hier und da auftraten und das Schlagzeug endlich zu vernehmen war. "Do Angels Never Cry, And Heaven Never Fall?" vom neuen Album "Songs 4 Hate & Devotion" eröffnete das Set und war eines von mehreren neuen Stücken ("A World Not So Beautiful [A Song 4 The Emperor]", "I M B E C I L E, My Idiot Lover" und das Titelstück) , die ins Set eingebaut waren, während vom letzten, aus meiner Sicht doch schwächeren Album "Onani", soweit ich es mitbekommen habe, kein einziges Stück mehr dabei war. Daneben gab es aber auch einen generösen Streifzug durch die Diskographie der Band bis zurück zu "The Perplexity Of Hybris. I Glorify Myself" vom 1998er Album "Conquest, Love & Self Perserverance". Der Sound der Band wirkt heutzutage in dieser Besetzung auf jeden Fall wesentlich organischer und live aufgrund des eingebauten Schlagzeugs ohnehin seit längerem druckvoller, als es früher einmal der Fall war. So überzeugte auch dieser Auftritt, wobei man zweifellos schon mitreißendere Konzerte der Band gesehen hat und auch die zunehmend gleichartig aufgebauten Stücke mittlerweile etwas die Spannung herausnehmen. Am Ende verblieb nur noch der Auftritt von SPIRITUAL FRONT, die bereits während des Auftritts von ORDO ROSARIUS EQUILIBRIO neben der Bühne gestanden hatten und dabei das eine oder andere alkoholische Getränk hereinreichten. Routiniert ging es mit "Shining Circle" los, wobei 'routiniert' mittlerweile der Begriff ist, der für mich SPIRITUAL FRONT-Auftritte ganz gut beschreibt. Musikalisch ist an der Band ohnehin nichts auszusetzen, wäre da nicht die Rock-Pose, die doch überdeutlich sitzt und der seit ewigen Zeiten gleiche, eingesetzte Film im Hintergrund. Vor allem atmosphärisch haben sich die Konzerte von SPIRITUAL FRONT geändert. Früher eher düster, teilweise Cabaret-artiger, dabei natürlich auch selbstironisch wie bis heute angelegt, wussten die Auftritte doch eher zu packen. Sicher liegt das auch an den neuen Stücken, die mit ihren zusehends trivialen Klängen und Texten und den fröhlichen Dur-Refrains das verkörpern, was man an Musik nicht unbedingt mögen muss. Die Band spielte sich jedenfalls mit Elan durch die letzten Veröffentlichungen und wusste das Publikum auch mitzureißen. Dagegen war eine größere Abwanderungsbewegung allerdings auch nicht zu übersehen, so dass nicht mehr alle die Zugabe "Bastard Angel" mitbekamen. Letztlich war das PORTA NIGRA-Festival eine launige Veranstaltung, die durchaus Lust auf mehr machte und die vor allem auch dazu dienen konnte, einmal wieder alle etwas verstreuten Szeneinsassen zu treffen. Über die Zusammenstellung der Bands kann man sicher streiten, bemerkte man doch hier und da das Unverständnis von Leuten gegenüber Bands, die mit einem Sound wie dem von SPIRITUAL FRONT nichts gemein haben. Es bleibt aber zu hoffen, dass das organisatorisch kluge Konzept 'drei Festivals in drei Ländern an einem Wochenende' noch weitere Früchte trägt.
Tony F. für nonpop.de
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