SIEBEN: Norse (EP)

MATT HOWDEN macht nichts, ohne nachzudenken. Und so kristallisiert sich auch bei "Norse" eine Idee heraus. Es handelt sich, für MATT und sein Projekt SIEBEN recht ungewöhnlich, um die zweite rein digitale Veröffentlichung in Folge. Nun hat er allerdings auch das Konzept dazu vorgestellt. Nach "Lietuva" (Besprechung) und "Norse" soll noch eine weitere Download-EP folgen. Alle beinhalten sowohl neue, auffällig lange Songs als auch Remixe älterer Stücke. Im Frühjahr 2016 dann landen die neuen, langen Tracks auf einem vollständigen und auch haptisch zu erlebenden SIEBEN-Album ("The Old Magic").
Insbesondere der Luxus, bei nur vier Tracks auf einem Kurzformat extrem viel Platz zu haben, hat es MATT am EP-Format angetan. So erklärte er sich im Vorfeld von "Lietuva". Das rituelle Element der Wiederholung – von jeher eines der zentralen Elemente der Musik von SIEBEN – bekomme so noch mehr Raum. Wie die Vorgänger-EP auch enthält "Norse" mit "The Old Magic" und "Ready For Rebellion" zwei neue – lange – Stücke. "Loki" tauchte unter diesem Namen auf der Bonus-CD von "Ogham Inside The Night" (2005, Besprechung) auf, erschien im Original aber schon vier Jahre vorher auf einer Compilation von MATTs Label REDROOM. Auf dem "Ogham..."-Bonus befand sich auch der Remix "Loki Rides Again", der jetzt für "Norse" noch einmal bearbeitet wurde.

"The Old Magic" (01), offenbar der geplante Titeltrack des kommenden gleichnamigen Albums, beginnt auf die typische SIEBEN-Art und Weise sehr 'fidelig' traditionell. Schnell stellen sich das ebenfalls typische Rhythmus-Klopfen und die Geigen-Loops ein, wie immer sehr hypnotisierend. Nach und nach legen sich weitere Schichten über das Gesamtbild, orientalische Streicherklänge zum Beispiel. MATTs Stimme ist wiedererkennbar, doch dieses Mal irgendwie – tiefer, moderner. Wie ein Zug, gleichmäßig ratternd und unaufhaltsam, fährt dieser rauschhafte Track auf die Geigen-Strudeln am Ende zu. "Loki 2015" (02) würde ich im Original als klassischen Neofolk-Song bezeichnen, eine Ballade aus klaren Gitarren und Geigen, sehr wehmütig. Die Neuauflage klingt tatsächlich noch reduzierter, die Stimme gedämpft und, verdammt, wie auf dieser gesamten EP auch irgendwie jünger! Es bleibt bei den Geigen, die ebenfalls dezenter und weniger kräftig als auf dem Original spielen, was für mehr Wehmut, mehr Melancholie sorgt.
"Ready For Rebellion", der (MATT-Zitat) "most Punk track to date" von SIEBEN, steigt schnell ein mit hektischer Holz-Percussion und kommt von dieser Geschwindigkeit auch nicht mehr runter. Leicht zerrend erinnert das wirklich an Punk, oder zumindest an die dunkle, stoische Attitüde von Wave der 1980er-Jahre. Umhüllend in seiner Atmosphäre, kurz vor der Selbstauflösung, am Ende gar mit zerrenden Gitarren oder Geigen, die klingen wie solche.
"Loki Rides Again" (04), der Remix vom Remix, ist erkennbar eine Variante des Originals. Mehrstimmig liegen Layer aus Vocals und Geigen übereinander, zeitlos und magisch, hier nun noch leiser und bis auf die wenigen Vocals am Schluss fast instrumental. Interessant, aber nicht unbedingt besser als der Orginal-Remix.

Das tolle und für SIEBEN außergewöhnlich plastische Cover verdeutlicht die Idee hinter "Norse", die Suche nach dem nordischen Einfluss auf oder in Großbritannien. Auch wenn ich davon nicht so viel höre, sind die vier Stücke einmal mehr der Beweis dafür, dass man SIEBEN einfach mögen muss. Magische, hypnotische Lieder mit dieser unnachahmlichen Wärme von Stimme und Geige, dieses Mal einen Tick moderner scheinend als auf diversen Vorgängern. Wahnsinn, was MATT HOWDEN Stück für Stück scheinbar aus dem Handgelenk schüttelt.

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