Eins kann man ALBIN JULIUS sicherlich nicht nachsagen, nämlich dass er seit Jahrzehnten die gleiche Musik macht oder dass er das Risiko scheut. Beides trifft insofern nämlich nicht zu als der musikalische Wandel – gerade in den letzten Jahren – offensichtlich ist und dabei das Risiko, relevante Hörergruppen zu verlieren, gerade in der Musik recht hoch ist. Zugegeben: dem deutlichen Schwenk in Richtung gitarrenschwerem Psychedelic Rock wie er auf dem aus meiner Sicht etwas ideenlosen und dahindröhnenden „Flying High“-Album zelebriert wurde, kann ich bis heute nicht sehr viel abgewinnen. Aufwärts ging es aber bereits wieder mit dem letzten, recht soliden Album „The End Of The Beginning“. Noch weiter nach vorne geht es allerdings mit dem neuen Werk „The Cosmic Trigger“, bei dem es so scheint, als habe man die besten Elemente aus dem letztjährigen Vorgänger destilliert und ausgebaut. Gefielen mir gerade beim Vorgänger die Stücke mit dem sehr eigenen „Rockorgan“ von LINA BABY DOLL (DEUTSCH NEPAL), so erscheint der Schwede auf dem neuen Album gar als Hauptsänger neben MARTHYNNA. Sein nicht immer ganz treffsicherer aber mit Inbrunst und Verve vorgetragener Gesang passt dabei hervorragend in das rumpelnde Gefüge aus oft hypnotisch zerrenden Gitarren, stark zurückgesetzten Drums und krautiger Analogelektronik, wodurch unterschwellig interessante Akkorde und Spannung im Sound mitgeliefert werden. Gerade die Elektronik mit ihren verwaschenen, analogen Drum-Machine-Beats, Sequenzen und Sounds verschafft dem Soundbild dabei eine Tiefe, die einiges zur Entdeckung bereithält.
Dass es sich bei „Cosmic Trigger“ übrigens auch um eine Trilogie des Autors und TIMOTHY LEARY-Freundes ROBERT ANTON WILSON handelt, in der es um die Illuminaten aber auch um eigene Gedankenexperimente und Sci-Fi-Theorien geht, ist sicherlich kein Zufall. Sollte man Stücke des Albums herausheben wollen, so sind dies vielleicht das ausufernde Eröffnungsstück „The Cosmic Trigger“, das folgende, dramatische „Sacred Mountain“ oder das groovendes Wüstenfeeling versprühende „A Terrible Place“, wobei übrigens auch immer wieder kürzere Instrumentalstück eingewoben wurden. Ist das Album ohnehin nicht arm an Gästen, so wird beim abschließenden „Flying Through The Exit“ mit LLOYD JAMES (NAEVUS), MATT HOWDEN (SIEBEN) und EDWARD KA-SPEL (THE LEGENDARY PINK DOTS), dessen Gesang bei dieser Art Musik ebenfalls optimal passt, noch einmal einiges aufgeboten. Sollte man ein Interesse an dem Album hegen, so sei darauf verwiesen, dass es derzeit eine limitierte Doppel-CD-Ausgabe mit einer Remix-CD, erstellt von GEOFFROY D. (DERNIÈRE VOLONTÉ), der ohnehin musikalisch an zwei Stücken des Albums mitgewirkt hat, zu erwerben gibt. Wer bei der Erwähnung des Begriffs „Remix-CD“ berechtigterweise reflexhaft zusammenzuckt, dem sei gesagt, dass hiermit quasi ein alternatives Album vorliegt, bei dem GEOFFROY D. allerdings keine übermäßig kristallklare Minimal-Elektronik eingebaut hat oder eine gewollte Hinwendung zum Mainstream vollführt, sondern den Sound etwas ausgedünnt, umgebaut und elektronische Elemente hinzugesetzt und verstärkt hat. Dabei erhält er glücklicherweise die etwas verwaschene und verquere Soundästhetik der Originale, sodass mit diesem Bonus eine mehr als nur interessante Alternative zum Originalalbum vorliegt. „The Cosmic Trigger“ erscheint hier fokussierter, aus „Sacred Mountain“ und „Desire“ oder „Hopeless“ werden gar DERNIÈRE VOLONTÉ/DEUTSCH NEPAL-Hybride, wobei gerade das melancholische, unglaublich gute „Desire“ die reguläre Album-Version deutlich überholt. „Flying Through The Exit“ in seiner Wavigkeit könnte dazu von einer Solo-Scheibe von EDWARD KA-SPEL sein. Ehrlich gesagt bin ich absolut positiv über das überrascht, was „The Cosmic Trigger“ gerade in der Doppel-CD-Version zu bieten hat. Man kann alten Zeiten hinterhertrauern wie man will, aber das vorliegende Album überzeugt doch ohne Zweifel. Aus meiner Sicht kann es so weiter in die Zukunft gehen.
Tony F. für nonpop.de
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Zusammenfassung
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Inhalt
The Cosmic Trigger
Sacred Mountain Cosmic Trigger MKII Zero A Terrible Place Hold On! Desire Walking In Straight Lines Hopeless Follow Us Instead Flying Through The Exit |