Die Wiederauflage sämtlicher SOL INVICTUS-Werke durch PROPHECY schreitet weiter voran. Im Januar veröffentlichten die Moselaner zwei Werke, die etwas aus der Reihe tanzen, handelt es sich doch um keine 'reinen' SOL-Studioalben. Die Rede ist von der Live-Scheibe "Let Us Prey" und dem 1996 als TONY WAKEFORD-Solowerk veröffentlichten "Cupid & Death". Bereits das erste TONY WAKEFORD-Soloalbum "La Croix" wurde dieser Tage von PROPHECY als SOL INVICTUS-Werk deklariert wieder heraus gebracht. Laut Plattenfirma geschah das auf Wunsch von WAKEFORD selbst. Besser verkaufen lassen sich die beiden Scheiben so allemal, und zumindest "La Croix" unterschied sich musikalisch auch kaum (oder gar nicht) vom üblichen SOL-Sound. Bei "Cupid & Death" liegt der Fall etwas anders: Zwar gleicht das Line-Up in weiten Teilen denen des SOL-Bandgefüges aus der Mitte der Neunziger - neben dem hier nur als Sänger auftretenden KARL BLAKE trompetet ERIC ROGER und fiedeln MATT HOWDEN und SARAH BRADSHAW -, "Cupid & Death" klingt über weite Strecken dennoch anders als WAKEFORDs Stammband. Schon die beiden ersten Stücke "Cupid & Death I" und "La Lac Nuit" zeigen, wohin die Reise geht: Während das Eröffnungslied hörbar barocke Züge trägt und bereits den Weg in Richtung des 1997 Fahrt aufnehmenden WAKEFORD-Projekts L'ORCHESTRE NOIR weist, ist "La Lac Nuit" eigentlich reinster Ambient, ohne in post-industriellen Dark Ambient-Schemata zu versacken. Vielmehr kann man WAKEFORDs Vorliebe für die Rockmusik der Siebziger heraushören, und stellenweise fühlt man sich an VANGELIS beziehungsweise APHRODITE'S CHILD erinnert. Es bleibt über weite Strecken ruhig, hin und wieder gesellen sich jazzige Töne dazu, etwa wenn "La Nuit Est Arrivée" hitzige Neo-Noir-Atmosphäre generiert oder WAKEFORD zu Pianoklängen auf "Heaven And Hell" den Crooner gibt. Ungewöhnlich, aber gut. Zumindest zwei Songs rechtfertigen dann doch die Einordnung des "Cupid"-Werks als SOL INVICTUS-Platte: "A Rose In Hell" ist vielleicht einer der besten 'klassischen' SOL-Songs überhaupt, und "Cupid & Death II" fährt wieder die ganze SOL-Elegie auf, die ein leidender WAKEFORD aufbringen kann; Streicher, Flöten, Bläser und kreischende E-Gitarren inklusive. "Cupid and Death" vertont übrigens ein Maskenspiel aus dem 17. Jahrhundert. TONY WAKEFORD fragt im Beiheft der Neuauflage, was deren Autoren Christopher Gibbons und Matthew Locke wohl zu seiner Neuvertonung gesagt hätten. Wir von NONPOP vermuten, dass es ihnen gefallen würde - und dass sie dennoch eingefleischte SOL-Fans vor einem Blindkauf gewarnt und zu einem Soundcheck im Web 2.0 geraten hätten. Vier Live-Songs der TONY WAKEFORD-EP "Summer Ends" und eine "Above Us The Sun"-Version runden das Päckchen ab. Ebenfalls im Januar wurde das Live-Werk "Let Us Prey" neu aufgelegt. Um es gleich vorwegzunehmen: Von allen drei wiederveröffentlichten Live-Scheiben ist "Let Us Prey" die beste und den Semi-Bootlegs "Black Europe" und "In The Jaws Of The Serpent" klar vorzuziehen. Das liegt zum einen daran, dass hier unter professionellen Bedingungen aufgenommen wurde, zum anderen, dass sich das Line-Up vom Londoner Konzert am 4. April 1992 deutlich von dem eines üblichen SOL-Konzerts abhob: Die Minimal-Besetzung TONY WAKEFORD (Gesang, Gitarre), SARAH BRADSHAW (Cello), STÉPHANE RUIZ (Flöte) und DAVID MELLOR (Klavier) rückte am dokumentierten Abend den SOL-Sound in Richtung Kammermusik, die Atmosphäre auf "Let Us Prey" ist dementsprechend intim. Dass das Quartett gerade alten, wavelastigen Stücken wie "Angels Fall" oder "The Killing Tide" gänzlich neue Facetten abgewinnen kann, gehört dementsprechend zu den großen Stärken des Albums. Wer Angst hat, dass Klassiker wie "Fields", "Like A Sword" oder "World Turn Green" vom kammermusikalischen Ansatz weichgespült wurden, irrt. Die Interpretation von "Trees In Winter" schlägt sogar das Original. Vollkommen anders klingt die Bonus-CD zu "Let Us Prey": Diese beinhaltet ein Konzert im legendären New Yorker Punkschuppen CBGB, in dem bekanntlich neben den RAMONES, PATTI SMITH oder SUICIDE unter anderem der amerikanische Hardcore das Laufen beziehungsweise Musizieren lernte. Der Sound des Gastspiels zu Anfang der Neunziger ist dementsprechend roh und zumindest bei den beiden Eröffnungsstücken "Tooth And Claw" und "Fields" meint man, dass WAKEFORD und Co. ihre Wurzeln im Punk etwas stärker betonen als sonst. Der Klang der zehn Lieder plus Intro (das schon oft im Neofolk-Kontext verwendete Eingangsmotiv des LARS VON TRIER-Films "Europa") ist rau, hat aber Charme. Insgesamt ein gelungener Gegenpol sowohl zur "Let Us Prey"-Scheibe als auch zum barocken "Cupid And Death". Ein weiterer, unfreiwilliger Bonus winkt im Booklet: Hier sind noch die Texte zu "Death Of The West" und "Against The Modern World" abgedruckt, die auf keiner der beiden CDs auftauchen. Dafür fehlt DAVID MELLOR im aufgeführten Line-Up. Das sind aber nur Fußnoten zur Wiederveröffentlichung zweier herausragender Neofolk-Platten.
Richard K. für nonpop.de
Verweise zum Artikel: » PROPHECY » SOL INVICTUS @ facebook » deutsche Website Themenbezogene Artikel: » SOL INVICTUS: Necropolis » SOL INVICTUS: The Last Man » SOL INVICTUS: La Croix » SOL INVICTUS: King And Queen » SOL INVICTUS: Black Europe » SOL INVICTUS: The Devil's Steed » SOL INVICTUS: Death Of The West » SOL INVICTUS: The Hill Of Crosses » SOL INVICTUS: Thrones » SOL INVICTUS: The Blade » SOL INVICTUS: The Killing Tide » SOL INVICTUS: Trees In Winter » SOL INVICTUS: In The Jaws Of The Serpent » SOL INVICTUS: In A Garden Green » SOL INVICTUS: drei Klassiker » SOL INVICTUS: The Cruellest Month » TONY WAKEFORD: Into The Woods » Apokalyptik Folk Silvester 2006 » Sol Invictus - Sol veritas lux » DUO NOIR :: MARSEILLE » Sol Invictus & Hawthorn & Sieben : writ in... » Sol Invictus - The Devil's Steed CD Themenbezogene Newsmeldungen: » SOL INVICTUS - Album im März » Vinyl-Single von SOL INVICTUS » SOL INVICTUS: "In The Rain" zum 20jährigen » PROPHECY bestätigt SOL INVICTUS-Album im September » SOL INVICTUS: Trees In Winter (LP) » Neue SOL INVICTUS-Single » SOL INVICTUS an Silvester 2012 in Leipzig » 2 Neuauflagen von SOL INVICTUS / Konzert » SOL INVICTUS: Song vom neuen Album! » SOL INVICTUS-Box "The Collected Works" » SOL INVICTUS-Album am 10. Juni » Neue SOL INVICTUS Single » SOL INVICTUS dealt mit Auerbach Tonträger » TURSA Backkatalog zum downloaden » Neues Projekt um Tony Wakeford
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Zusammenfassung
Nicht überall, wo SOL INVICTUS drauf steht, ist auch SOL INVICTUS drin. "Cupid & Death" ist aber immer noch genügend WAKEFORD, um WAKEFORD-Fans zu gefallen. Das Livealbum "Let Us Prey" gehört zu den besseren der SOL-Konzertmitschnitte.
Inhalt
Tracklist "Cupid & Death":
01. Cupid & Death I 02. Le Lac Noir 03. Jardin Du Luxembourg 04. La Nuit Est Arrivée 05. The Day Of The Angel 06. A Rose In Hell 07. Heaven & Hell 08. Cupid & Death II Bonus: Sol Invictus - Summer Ends 09. Summer Ends 10. Media 11. Somewhere In Europe 12. A Ship Is Burning 13. Above Us The Sun Tracklist "Let Us Prey": CD 1 01. Angels Fall 02. Fields 03. English Murder 04. In A Silent Place 05. Gold Is King 06. Lonely Crawls The Night 07. Blood Of Summer 08. Trees In Winter 09. World Turn Green 10. Like A Sword 11. Let Us Prey 12. The Killing Tide CD 2 Tony Wakeford live at CBGB's, New York 01. Intro 02. Tooth & Claw 03. Angels Fall 04. English Murder 05. Fields 06. World Turn Green 07. Abattoirs Of Love 08. Sheath & Knife 09. The Killing Tide 10. Like A Sword 11. Kneel To The Cross |