Michael We.
PAUL ROLAND: GrimmOnce Upon A Time ...
Genre: Pop/Folk-Rock
Verlag: Syborgmusic Erscheinungsdatum: Juni 2011 Medium: CD Preis: ~12,00 € Kaufen bei: Syborgmusic Ein Wunder eigentlich nur, dass dieses Projekt so lange hat auf sich warten lassen. Denn wer anders als PAUL ROLAND, der Meister der musikalischen Gothic Novel, wäre wohl prädestiniert für die Vertonung GRIMMscher Märchen? Für seltsame Verwandlungen, einsame Wälder, ängstliche Mädchen, finstere Gestalten und verrückte Könige? Themen, die der Brite mit der eigenwilligen Singstimme nun seit mittlerweile 30 Jahren ohnehin im Programm hat und für die ihn ein kleiner, aber harter Hörerkern liebt. ROLAND, der nach einem kurzen Deutschlandaufenthalt inzwischen wieder in England lebt, arbeitet sich auf "Grimm" durch eher unbekannte Märchen der gleichnamigen Gebrüder. Den Inhalt von "Das Wasser Des Lebens", "Die Drei Schlangenblätter" oder "Die Gänsehirtin Am Brunnen" dürften wohl die Wenigsten kennen, wirklich berühmt ist allenfalls "Rapunzel". PAUL ROLAND ließ sich von den Originaltexten inspirieren und hat die wesentlichen Figuren und zentralen Fragen der jeweiligen Märchen in eigene Texte umgemünzt, die auch alle im fein gestalteten Booklet abgedruckt sind.
Musikalisch schließt "Grimm" nicht an den opulenten, filmischen Vorgänger "Nevermore" (NONPOP-Besprechung) an, sondern erinnert eher an die Frühzeit, etwa an ein Album wie "Duel" (1989). (Welches mit seiner verwunschenen Burg auf dem Cover und einem Song über "Alice Im Wunderland" durchaus auch märchenhafte Züge aufweist.) Vielleicht erklärt dieser Umstand einige enttäuschte Reaktionen von Fans, die eine Fortsetzung des soundtrackartigen "Nevermore" erwartet hatten. Für mich allerdings schließt "Grimm" an PAULs beste Zeiten an. Die Stücke werden vorwiegend von einer akustischen Gitarre getragen; es sind kürzere Erzählungen, die den Eindruck des Poeten im dunklen Keller bei Kerzenschein stärken. Nicht nur die Instrumentierung scheint reduziert, auch die Zahl der Gäste ist im Vergleich zum Vorgänger drastisch geschrumpft: Nur die feenhafte (und für das Thema sehr passende) britische Akustikfolk-Stimme der Sängerin ROSIE EADE bereichert manche Songs. Eine wirkliche Überraschung ist übrigens die sich daraus ergebende Tatsache, dass ROLAND, der sich immer eher als Arrangeur denn als Musiker gesehen hat, alle Instrumente (Klarinette, Orgel, Marimbaphon, Cembalo und andere, dezent eingesetzt) selbst spielt. Ansonsten haben nur seine beiden Söhne zwischen manchen Tracks kleine Auftritte, indem sie weitere Märchen einfordern, was vielleicht ein bisschen hölzern daherkommt, aber dem charmanten Gesamteindruck des Albums keinen Abbruch tut. Von Anfang an klingt "Grimm" sehr nach Singer/Songwriter-Folk, durch die vielen kleinen, dezenten Effekte der Instrumente erinnert mich das Album stellenweise an den Sound der Folktronica-Band TUNNG (NONPOP-Besprechung). Es ist erdig, warum und mysteriös, ein besonders intimes Werk, das aber auch immer wieder den gewohnt barocken Eindruck – vor allem durch Klarinette und Cembalo – vermittelt. Besonders intensiv sind die Duette, da genügt es schon, wenn ROSIE EADE "laleileilei" singt; die jungenhafte Märchenstimme von ROLAND und die klare, durchscheinende Stimme von EADE fügen sich ineinander. Die Spannweite der beiden reicht hin bis zu Songs wie "The Devil's Bride" (08), wo das Duett aufgedreht, beinahe kabarettistisch oder operettenhaft wirkt. Ein ganz klassisches Singer/Songwriter-Stück ist mit "The Way Of The World" (09) auch dabei; sowohl vom Text als auch von der Darbietung her könnte DYLAN hier am Werk gewesen sein. Mein Highlight ist "What Will Become Of Me?" (05 - siehe Video unten). Abgeleitet vom Märchen "Die Boten Des Todes" hat das Lied ein düsteres, gruseliges Flair, unterstützt durch die anfängliche Orgel. Der Erzähler denkt über Älterwerden und den Tod nach und senkt seine Stimme entsprechend. Die gitarrendominierte Klammer des Albums – Intro und Outro – verweist allenfalls dem Namen nach ("Nevermore" und "Nevermore Reprise") auf das Vorgängeralbum. Als Zugabe stehen am Ende zwei Märchen, die ROLAND sich nach dem Mund geschrieben hat und sehr eindringlich präsentiert, ohne musikalische Untermalung. Ein hinreißendes Album, das trotz der überdurchschnittlichen Qualität von PAUL ROLANDs Diskografie besonders auffällt. Vielleicht stößt durch den Märchenzugang der eine oder andere neue Hörer auf das Werk des Briten – zu wünschen wäre es ihm!
Michael We. für nonpop.de
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Zusammenfassung
Wer anders als der Meister der musikalischen Gothic Novel wäre wohl prädestiniert für die Vertonung GRIMMscher Märchen, für einsame Wälder und verrückte Könige? Ein hinreißendes Album, das trotz der überdurchschnittlichen Qualität von PAUL ROLANDs Diskografie besonders auffällt.
Inhalt
01. Nevermore
02. If The Sun Refused To Shine 03. A Long Time Ago 04. Rapunzel 05. What Will Become Of Me? 06. Lowly Weeps The King 07. Maleen 08. The Devil's Bride 09. The Way Of The World 10. Once Upon A Time 11. Nevermore (Reprise) 12. The Elderly Mother (Spoken Word) 13. The Master Thief (Spoken Word) |