Claudia K.
SKADI: EliwagarNiflheims Höllenflüsse
Genre: Ambient
Verlag: Art Konkret Vertrieb: Art Konkret Erscheinungsdatum: 1.12.2006 Medium: CD Preis: ~14,00 € Kaufen bei: Amazon Hoher Norden und ewiges Eis: Eigentlich passt diese CD so gar nicht zur Jahreszeit. Doch obwohl es draußen derzeit nachhaltig Frühling, was die Temperaturen betrifft sogar teilweise fast schon Sommer, geworden ist, bietet das bereits im Dezember letzten Jahres auf ART KONKRET erschienene CD-Debütalbum von SKADI Anlass genug, noch einmal in winterliche Gefilde einzutauchen. Während draußen die Bäume grünen und man sich fragen kann, ob dieser plötzlich so warme April nur der Auftakt zu einem weiteren mörderischen Sommer ist, schlagen einem von Seiten SKADIs noch einmal Eis und weiße Kälte entgegen. So geht es mit „Eliwagar“ auf an die Ufer der eisigen Höllenflüsse der nordischen Mythologie. SKADI, der Name des Projekts von ALEXANDER LEßWIG aus Jena, ist also ganz Programm; und wo die nordische Göttin der Jagd und des Winters Patin steht, kann es eigentlich nur unterkühlt zugehen. Auf geht es also zu des Weltenbaumes Wurzeltiefen. In einer Musiklandschaft, in der die Beschäftigung mit Themen der Edda und deren musikalischen Umsetzungen nicht unbedingt Seltenheitswert besitzen, wird jenes Werk in einer seiner leicht erhältlichen Ausgaben (Weltbild u.ä.) so manches Bücherbrett zieren, und vielleicht ist der Begriff der Eliwagar in diesen gut unterrichteten Kreisen sogar recht geläufig. Dennoch. Für alle, die bei dem Namen des Albums über ein ihnen eher unvertrautes Wort gestolpert sind, sei eine kurze Erläuterung gegeben. Eliwagar (auch Eliwager oder Eliwagr) ist in der nordischen Mythologie die Bezeichnung für die elf Höllenflüsse, welche sich aus dem Quell Hwergelmer im eisigen Niflheim in den urzeitlichen Abgrund Ginnungagap ergießen. Die Flüsse erstarren auf ihrer Reise zu Eismassen, die im Süden auf die Feuer Muspelheims stoßen. Aus dem Eis und den Funken Muspelheims entstehen der Riese Ymir und die Ur-Kuh Audumbla, die aus den Steinen die ersten Menschen herausleckt. Wenn man bei „Eliwagar“ von einem Debutalbum spricht, muss man hinzufügen, dass es sich dabei um SKADIs Debüt auf CD handelt. Produktiv war LEßWIG schon früher, denn vor dieser Veröffentlichung, die nun tatsächlich in Form einer Silberscheiber greifbar ist, gab es mit dem bei LICHTTAUFE erschienenen Downloadalbum „Vergangenheit und Gegenwart“ bereits ein Online-Debüt. Auf der Internetseite von SKADI können zudem Fragmente von zuvor erschienenen "internen Alben" heruntergeladen werden. Musikalisch hat man es bei „Eliwagar“ mit jener Sorte von kühlem Ambient zu tun, der sofort den Eindruck von lichter Kälte hervorruft, einer Synthese aus elektronischen sowie organisch anmutenden Flächen, sakralen Chorälen, droneartigen Elementen und treibenden Percussion-Parts, die sich, durch die Mischung und nicht zuletzt durch ihren schamanisch angehauchten Ethno-Charakter, wohltuend vom Großteil der doch recht gesichtslosen Ambient- oder Darkambient-Masse abhebt. Sicherlich, das Genre wird auch hier nicht neu erfunden - aber in welchem Fall wird es das schon, von daher ist dieser Zusatz eigentlich müßig. Einen kleinen Seitenhieb kann ich mir allerdings nicht verkneifen: Anders als die Werbung zur Scheibe es ankündigt, kann man SKADI nur sehr bedingt eine Ähnlichkeit zu TRIARII bescheinigen, und auch im Vergleich mit VINTERRIKETs ambienteren Werken sind Ähnlichkeiten eher im Genrebegriff selbst zu suchen, als in der Musik. Der Vergleich passt also, gerade vom Feeling, nur eingeschränkt (bei VINTERRIKET bleiben allerdings die Liedtitel im Gedächtnis, die es irgendwie fast – fast, auf eine gewisse Art und Weise - wieder herausreißen, auch, wenn die synthethische Orgel teilweise ganz schrecklich asthmatisch und alles andere vor allem sehr künstlich klingt). Auch die Musik von SKADI ist elektronisch erzeugt, klingt aber wesentlich organischer. SKADI hat Trommeln, aber nichts von TRIARII. Es sind eher SEPHIROTHs „Wolftribes“, die – gerade bei „Terra Innocentia“ und "The Awakening" - grüßen lassen (in diesem Punkt hat die Werbebeilage recht). Ansonsten liegt nicht ganz falsch, wer sich an HERBST 9 erinnert fühlt. Was die eisig-kristallinen Klänge und das Wasserrauschen zu Anfang betrifft, hat es irgendwie sogar etwas vom „White Winds“-Album des Esoterik-Weltmusikers ANDREAS VOLLENWEIDER, das mit Wasser, Wind und Eis teilweise eine ähnliche Atmosphäre erzeugt. Das leise Plätschern passt im übrigen hervorragend zum Konzept der Höllenflüsse (auch, wenn dieser Fluss, wenn man nach dem Geräuscheindruck geht, eher friedlich an seiner Eiskante nagt) und erweckt im Zusammenspiel mit den Hall-Effekten und den Chorälen im Hintergrund eine gewisse Impression von unterirdischen Höhlenwelten, einer eisigen Unterwelt, in der die Fluten schwer an kalten Ufer lecken. Stilisierte Kühle, hell-hohle Eis-Effekte, die an die kalte Welt Niflheims gemahnen, unterschwelliges Dröhnen bis hin zu Droneelementen: Eine Mischung, die beim Hören einen beinahe meditativen Charakter entwickelt, was sicherlich nicht zuletzt dem Wasserrauschen, sowie den teilweise fast schamanisch anmutenden Rhythmusstrecken mit Trommeln und hellen Glocken (besonders klasse: „Novissima Nox“) zu verdanken ist. Ein durchweg angenehmer Klangkosmos, atmosphärisch dicht, vielschichtig und in sich ausgereift, der dazu einlädt, sich zurückzulehnen und die Reise der imaginären Fluten nachzuvollziehen. In seinen Stücken verarbeitet ALEXANDER LEßWIG wie in einer Art Klangphotographie die Emotionen des Augenblicks, die ihn zum Entstehungszeitpunkt eines Stückes bewegten. Die Verwendung von klassisch und natürlich anmutenden Klängen einerseits und modern-künstlicher Geräuschkulisse andererseits steht für ihn für den Kontrast von Altem und Neuem – ein Gegensatzpaar, das sich auch in den Bezügen auf die nordische Mythologie widerspiegelt, deren Naturverbundenheit zum Gegenpol zur schnelllebigen modernen Zeit mit ihrer oft als unübersichtlich und chaotisch empfundenen Gesellschaft wird. Ein als naturverbunden und verwurzelt erlebter alter Mythos contra moderne Entwurzelung; die Thematisierung einer zerrissenen Welt, in der alte und neue Werte, Tradition und Modernität, innere sowie äußere Zerrissenheiten und Widersprüchlichkeiten miteinander ringen. Soviel zum Background. Abschließend lässt sich feststellen, dass SKADI mit diesem Album ausgereifter denn je auftritt; die Entwicklung, die sich durch die bisherigen Arbeiten und das Online-Debüt zieht, hat sich konsequent verdichtet. Der SKADI-Charakter ist dabei erhalten geblieben: Klangvoll tragende Bögen, sakrale Chöre und Ethno-Elemente. Ein schönes Winteralbum – auch im sommerhaften Frühling.
Claudia K. für nonpop.de
Verweise zum Artikel: » Skadi » Skadi Myspace » Art Konkret Themenbezogene Artikel: » SKADI und ARBRE NOIR Themenbezogene Newsmeldungen: » SKADI veröffentlichen erstes Album » Neues Downloadalbum auf Lichttaufe
Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln ausschließlich die Meinung des jeweiligen Verfassers bzw. Interviewpartners wieder. Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit schriftlicher Genehmigung durch den Betreiber dieser Seite.
|
Zusammenfassung
Nach dem Online-Debüt auf Lichttaufe gibt es inzwischen die erste - und durchaus gelungene - "handfeste" CD-Veröffentlichung des Jenaer Projekts SKADI.
Inhalt
1. Significance
2. Eliwagar 3. Autarkis 4. Novissima Nox 5. Libertas 6. Terra Innocentia 7. Memento Mori 8. The Awakening |