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Dominik T.

BLACK SUN PRODUCTIONS

The Impossibility Of Silence


BLACK SUN PRODUCTIONS
Genre: Post Industrial
Verlag: Old Europa Cafe
Medium: 2xCD
Preis: ~27,00 €
Kaufen bei: Indietective


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Niemand wird es wohl als sonderlich unfair empfinden, wenn man das schwule Schweizer (Sex)-Performance Duo von BLACK SUN PROD. etwas wenig respektvoll als „bloß“ die beiden „Groupie-Jungs“ von COIL abtut, denn ihre Verbindung zu COIL war einfach zu nah, ihre Präsentation zu sehr als Fan-Verbeugung vor ihren Vorbildern angelegt, um nun, nachdem COIL nicht mehr ist, eine große Differenziertheit erwarten zu können.
Seit dem plötzlichen Tod von JHONN BALANCE und dem damit verbundenen Ende des COIL-Ausnahmeprojekts, sind BLACK SUN PROD. notgedrungen in „Freiheit entlassen“ worden und versuchen seitdem das Beste daraus zu machen. Bisher gelang, nach holprigem Beginn, der eigene künstlerische Weg recht gut. Als unbeteiligter Konsument und COIL-Fanatiker weiß man auch nicht so recht, wie man mit BLACK SUN PROD. umgehen soll. Soll man schauen, ob hier ein Erbe heranreift? - man ertappt sich automatisch dabei – oder gesteht man ihnen zu, nicht immer den COIL-Vergleich anzustellen? Nicht so einfach alles, wenn selbst das Bandsymbol, die zehngliedrige Schwarze Sonne (schlicht auch „COIL-Sonne“ genannt), übernommen wurde. Das im Spätsommer 2006 erschienene, sehr ambitioniert wirkende Doppelalbum „The Impossibility Of Silence“, ist zweifellos der bisherige Höhepunkt ihres Schaffens.

Zunächst jedoch kurz für Neueinsteiger: BLACK SUN PROD. sind eigentlich ein Trio: MASSIMO und PIERCE, sowie ein DraZEN, aus Zürich. Letzter ist wohl nicht immer dabei und unterhält auch eine eigene Netzpräsenz.
Der Name „Black Sun“ hat ebenso wie die COILsche Sonne nichts mit dem Bodenrelief der Wewelsburg-„Kult-und Terrorstätte der SS“ zu tun, um die sich ja unter „Ariosophen“ ein eigener Mythos rankt, vielmehr ist die „Schwarze Sonne“, um die es hier geht, angeblich u.a. eine Anspielung auf „Analverkehr“ und taucht auch im „Buch der Lügen“ ALEISTER CROWLEYs auf. Wenn man sich durch die einschlägige Literatur gekämpft hat, vereinen sich vermutlich beide „Schwarze Sonnen“ wieder im „Mythos der Zentralsonne“, aber speziell Interessierte sollten vielleicht jetzt doch lieber den Okkultisten des Vertrauens hinzuziehen.  
SLEAZY und JHONN BALANCE (COIL) waren ganz vernarrt in diese jungen Sex-Performer (pornographisch), hielten sie für die "Wild Boys" der Wirklichkeit,  und so durften BLACK SUN PROD. COIL ab 2002 desöfteren live begleiten, sowie COIL-Material remixen, was sie dann auch auf eine stinklangweilige Weise taten, aber allein durch die Verbindung zu COIL öffneten sich die Türen.
Im November 2004 starb JHONN BALANCE, leider erlebte er die erste, wirklich ambitionierte Veröffentlichung „seiner Jungs“ nicht mehr: "OperettAmorale", ein Tribut an BERTOLT BRECHT (und KURT WEILL). Hier wurden also u.a. Klassiker der Dreigroschenoper fulminant interpretiert. Für die Musik waren jedoch weniger die drei, sondern hauptsächlich PALUMBO von LARSEN zuständig, als Gäste tauchten neben JHONN BALANCE selbst, auch LYDIA LUNCH und niemand Geringeres als ihr befreundeter Landsmann H.R. GIGER auf, der hier zum ersten Mal überhaupt öffentlich sang. Das Album war eines der Highlights des Jahres 2005. Schande über NONPOP, dass wir das damals verschwitzten zu besprechen.

„The Impossibility Of Silence“ ist nun wieder ein Album mit einigen Gästen. Man scheint sich auch immer etwas für die eigene Künstlerkarriere zu erhoffen, wenn man so wunderbar für alle sichtbar mit so tollen Künstlern befreundet ist, aber solange das nicht eigenes Unvermögen kaschiert, sind Gastauftritte natürlich eine positive Bereicherung. Dabei sind diesmal SONNE HAGAL (!), VAL DERNHAM, abermals LYDIA LUNCH, TESTING VAULT und der Landsmann von SUDDEN INFANT. Letzteres Projekt ist auch Teil der radikal-kuriosen und teilweise auch pornographisch arbeitenden SCHIMPFLUCH GRUPPE (u.a. RUNZELSTIRN & GURGELSTOCK), mit denen es durchaus Gemeinsamkeiten in der Art und Weise des Konservative verstörenden Auftretens gibt. Bei beiden gab es auch schon unangenehme Polizeirazzien aufgrund „illegaler Pornographie“. (Was mit einer anderen Gesetzeslage in der Schweiz zu tun hat.)
Die hier versammelten 23 (natürlich!) Stücke basieren teilweise auf dem Ausgangsmaterial der nicht mehr erhältlichen BLACK SUN PROD. EPs „Toilet Chants“ und „Once In A Fullmoon“. Die erste CD, mit „As Above“ betitelt, ist verhältnismäßig instrumental gehalten und im Bereich der rituellen Postindustrial-Klangforschung anzusiedeln. Nun, das sagt weniger als nichts, deshalb muss abermals COIL als Bezugspunkt herhalten: Das Hörgefühl ist wirklich erstaunlich nah an ihren Vorbildern in einer ihren interessantesten Phasen, nämlich der Zeit von „Scatology“ (1984) und „Horse Rotorvator“ (1987), eben speziell bezogen auf die weniger songorientierten Stücke dort. Das Ganze wirkt schon fast wie unveröffentlichtes Bonusmaterial beider Kultscheiben. Klangquellen sind kaum zu bestimmen, aber immer klirrt und dröhnt es majestätisch, geheimnisvoll und ungeheuer warm in der Klangfarbe, recht häufig werden, ein Klavier, etwas das klingt wie eine Zither und Samples eines seinerzeit bekannten Tenors und KURT WEILL-Interpreten namens HEINZ SAUERBAUM eingesetzt, der "Weisheiten" von sich gibt, wie „Du musst einen Liebhaber finden, der dein Spiegel ist!“ Eine gewisse Nähe zu ENNIO MORRICCONE ist immer gegeben. Zitiert wird u.a. auf Italienisch der Originalautopsiebericht des toten PASOLINI („Autopsia Di Un Poeta“), sozusagen eine ungeheuer dichte und mystische Fortsetzung von COILs „Ostia (The Death Of Pasolini)". Beeindruckend auch das mit einem tanzbaren Rhythmus unterlegte“ „A Tree Now“, mit JHONN BALANCEs dionysischem Wolfsgeheul, welches sich hier mehr wie ein zusätzliches Instrument anhört, sowie „Ode To Ötzi“. Offenbar glaubte BALANCE, Pierce sei der „reinkarnierte Ötzi“. „El Grito“, eine Vertonung von GARCIA LORCA, ist dann auf einmal erstaunlich nah an AIN SOPH, der Beiträg hätte gut auf das wunderbare Album mit dem Baby auf dem Cover gepasst. 
Auf CD 1 befinden sich die guten Gastbeiträge von SUDDEN INFANT, typisch für ihn, aber weniger brachial gehalten als üblich, und VAL DENHAM, der eine etwas gewöhnungsbedürftige Quieckstimme hat, ohne direkt an DAVID TIBET zu erinnern.
Auf ähnlich hohem Niveau auch die zweite CD, welche hermetisch folgerichtig „so below“ heißt. Bereits das erste Stück „Plenilunium“ ist ein Hammer, mystisches Tiefsequenz-Grollen, wie man es sonst nur bei LUSTMORD hört, dennoch passiert mit einer Vielzahl von Klangquellen so viel, dass „Dark-Ambient“ nicht der richtige Begriff für das Gebotene ist. „Murdered Sons“ ist nun der Beitrag von LYDIA LUNCH, vermutlich handelt es sich hier um ein Stück, welches bereits auf einer „Spoken-Word“-Aufnahme erschienen ist, hier aber nochmals von BLACK SUN PROD. bearbeitet wurde. „A Well Hung Monk“ wiederum lässt sich durchaus als klavierbetonter Dark-Ambient, inspiriert vom Film „Pianese Nunzio“, beschreiben.
Insgesamt ist die „so below“-CD stilistisch vielseitiger. „Ov Silence“ versucht sich am KURT WEILL-Songstil, der ja bereits mit „OperettAmorale“ ausgelotet wurde, „God?“ hingegen imitiert gelungen den elektronischen Acid-Stil von COILs „Love’s Secret Domain“-Album. „Flight Of The Pelican“ beschert dann letztendlich SONNE HAGAL ihren Auftritt, und tatsächlich, die Neofolkklampfe wird ausgepackt, ein getragener, recht typischer Neofolksong mit Massimo als Sänger. Er besitzt eine etwas hohe und auch nicht ganz treffsichere Gesangstimme, aber da dies der einzige Folkausflug des Albums ist, fügt es sich kurzweilig ein.
Ein absoluter Hammer dann noch zwei Mal kurz vor Toresschluss „Phobos And Deimos“ sampelt die Stimme einer BBC- Dokumentation über „Homosexualität im Tierreich“ (unter Delphinen!). Der Song erinnert unaufdringlich und angenehm an die legendäre COIL-Sternstunde „The First Five Minutes After Death“ ("Horse Rotorvator") und zwar nicht nur, weil dort auch eine BBC-Sendung gesampelt wird. Die CD endet mit „Once In A Full Moon“, einer Art Parallelsong zu „The Dreamer Is Still Asleep“ ("Musick To Play In The Dark I"), der mit den obligatorischen (Crowley)-Worten: „The Key To Joy Is Disobedience!“ endet.

„The Impossibility Of Silence“ ist ein wirklich überaus überraschend gutes Album. Vielleicht wären vier, fünf Beiträge weniger besser gewesen, aber BLACK SUN PROD. zeigen hier das erste Mal wirklich, was sie bei COIL alles musikalisch gelernt haben (und dass sie also mehr als Groupies waren.)
BLACK SUN PROD. werden sicher niemals aus dem Schatten COILs treten können, und man bekommt beim Hören ganz den Eindruck, dass sie das auch gar nicht wollen.
Vielmehr verneigen sie sich unaufhörlich vor COIL und zitieren ihre Freunde ohne Unterlass. Sie schaffen regelrecht Parallelsongs, "kleine Brüder",  zu den Sternstunden von SLEAZY und JHONN BALANCE, und erstaunlicherweise funktioniert das! Dazu geht man mit einem gewissen Humor an die COIL-Zitate: "A Black Sun Rise From The Leather Couch" heißt es etwa "Solar Lodge" ("Scatology") persiflierend. Das Album ist ein Muss für jeden COIL-Fan, und ich möchte es ganz besonders jenen ans Herz legen, die von BLACK SUN PROD. bisher eher enttäuscht waren. Vor „The Impossibility Of Silence“ war ich einer von ihnen!

 
Dominik T. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» BLACK SUN PRODUCTIONS
» BLACK SUN PROD. Myspace
» BLACK SUN PROD. Myspace II

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» BLACK SUN PRODUCTIONS AND VAL DENHAM


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Zusammenfassung
Ein sehr gutes, abwechslungsreiches Album für Fans von COIL und Liebhaber von "Horse Rotorvator"(u.a.). Als Gäste u.a. SONNE HAGAL und LYDIA LUNCH.
Nicht alles auf diesem hohen Niveau, aber dennoch ein Muss.


Inhalt
Tracklisting:

As Above

1-1 Sewage Symphony
1-2 Autopsia Di Un Poeta
1-3 A Tree Now
Vocals [Howling] - Jhonn Balance*
1-4 Down The Lane (Sudden Infant)
1-5 Yesterday's Dream
1-6 Ode To
1-7 Yorkshire Hills (Val Denham)
1-8 The Skunk
1-9 El Grito
1-10 Vultures And Vagaries
1-11 Spermatic Cord

So Below

2-1 Plenilunium
2-2 Backbone (Testing Vault)
2-3 Murdered Sons (Lydia Lunch)
2-4 A Well Hung Monk
2-5 Ov Silence
2-6 God?
2-7 A Furry Waiter
2-8 Solar Lounge
2-9 Flight Of The Pelican
(Sonne Hagal)
2-10 Time For Pepper
2-11 Phoebus And Deimos
2-12 Once In A Full Moon

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