milenasong :: Can't Tape Forever

Lily rocked my heart...

Genre: Lo-Fi
Verlag: Monika...
Erscheinungsdatum:
September 2006
Medium: Vinyl 10''
Preis: ~7,70 €
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Kategorie: Rezension
Erstellt: 05.10.2006
Wörter: 557
Artikelbewertung:

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Als erstes: irgendwann ist einfach Schluss. Von Demotapes auf Vinyl umzuschwenken, bedeutet schon so eine Art musikalisches Erwachsenwerden. Das meint auch Sabrina Milena und nennt ihr lang vorbereitetes 10-Zoll Debüt "Can't Tape Forever". Für diesen voll ins Schwarze treffenden Titel gibt's schon mal einen Bonuspunkt, und analog dazu einen für das Plattencover.
MILENASONG, so heißt ihr, im Berliner 2-Raumwohnungsparadies ansässiges, multinationales Soloprojekt, das zugleich ein bisschen Folk und ein bisschen Weird ist. Der Cocktail, der sich daraus ergibt, dürfte uns bekannt sein, wird aber noch verfeinert durch eine alchemistische Geheimzutat aus dem hauseigenen Kosmos der kleinen slowenischen Norwegerin, was ihr bereits eine Zusammenarbeit mit dem berlinobritischen Songwriter DAVID HULL auf dessen aktuellem Album "Through The Door" einbrachte.
Die fünf Stücke auf dieser Platte schmuggeln sich mit umwerfender Ehrlichkeit ins Herz, wo sie es sich ohne Schwierigkeiten für eine Weile gemütlich machen. Gemütlich auch die Musik selbst: pure folkig lo-fi-istische 4-Track-Aufnahmen mit maritimer Geräuschkulisse, alles stilecht im eigenen Wohnzimmer entstanden. Manchmal ist es eine sacht dahinschmelzende Tristesse, dann wieder flackert schüchtern verliebt ein halbes Lächeln hindurch, ein Schluck Kaffee, in den Gardinen ein Sonnenuntergang, die große Wahrheit huscht durchs Fenster, am Ende ist es nur die letzte Zigarette des Abends. Besonders der Auftakttitel "Thirty" ist eines dieser allzu verführerischen Spätsommerlieder, die einem auf Wochen nicht aus dem Sinn gehen. Der Himmel über dem Beton schaut plötzlich so orange aus, man glaubt, es sei Sonntag, weil alles ganz ruhig und friedlich wirkt, und in Gedanken hat man schon den Alltäglichkeiten den Rücken gekehrt, lässt sich treiben, wohin die Gitarre, Mundharmonika und Milenas klarer vordergründiger Gesang einen führen. Dieser schippert in süßlich-herber Stimmlage zerklüftete Küsten entlang, verrät ein paar kleine, luftige Geheimnisse und summt mit rauchig-lakonischem Unterton den verschlüsselten Lebenslauf einer Seemöwe. Musik zum Unterwegssein, unterwegs auf dem Balkon sitzend, unterwegs auf dem Sofa, im Gras, in der Dämmerung, in tausend kleinen "an was denkst du gerade" - Verästelungen. Verschlungener und verträumter weben sich die Pfade bei "White Fish" ineinander, das seltsamerweise auch diesen atmosphärisch surrealen und anachronistischen Hauch des "Bavarian Fruit Bread"-Albums von HOPE SANDOVAL & THE WARM INVENTIONS transportiert. Ansonsten ist allgegenwärtig der große Einfluss der New Yorker Ausnahmekünstlerin DIANE CLUCK zu verspüren, vor allem was die minimalistischen Schwerpunkte der Instrumentierung und diese gefangennehmende Art des Singens anbelangt, die einen frösteln macht, wie in "Lily Wyatt" - einem nächtlich dahingeflüsterten Chanson, einem poetischen Dunkel. Subtil blubbernde Elektronika vergräbt sich wie ein Teppich unter dem Fernweh der akustischen Instrumente, schaut je und je hervor und entfaltet dann ein ätherisches Netzwerk von flüchtigen Traumbildern, eine Landschaft im Irgendwo zwischen Fjorden und U-Bahnstationen. "Love will appear" zaubert darauf noch einen schönen, sonnigen Abschluss, vermutlich der gitarrenzirpendste, folkigste Part dieser kleinen Auswahl.
Auf "Can't Tape Forever" verabschiedet sich Milena vom Kassettenkosmos und debütiert gleichzeitig mit einer gefühlvollen Hommage an moderne Kammermusiken. "Seven Sisters" - ein richtiges Vollzeitalbum - erscheint im Januar nächsten Jahres, ebenfalls auf dem GUDRUN GUT Label Monika Enterprises. Ende November kann man MILENASONG derweil auf einigen Konzerten* kennen lernen. Hier wie dort und allüberall: ergreifende urbane Folksongs mit Tiefgang und Herz. Ozeanisch. Afternoon musique!





*Konzerte:
08.10. "Berlin Song" Festival | West Germany
25.11. Hamburg | Übel und Gefährlich
26.11. Berlin | Neue Berliner Initiative
27.11. Frankfurt | Brotfabrik
01.12. Köln | Tsunami