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INSTITUTION D.O.L.: Werkschau

Drei CDs + DVD-Rückblick


INSTITUTION D.O.L.: Werkschau
Genre: Power Electronics
Verlag: Steinklang
Vertrieb: Steinklang


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Der Kopf hinter INSTITUTION D.O.L., auch bekannt als BARBIE BLUTIG, bat NONPOP, rückwirkend eine Werkschau zu veröffentlichen, welche folgende Publikationen beinhaltet:

Diskotheka Decadenza
(CD Halbwelt 2004)

With her I had some tropical feelings
(CD Steinklang 2005)

Instructions for modern weakniks
(CD Steinklang 2007)

This is my life (DVD Steinklang 2006)

Zu den einzelnen Releases werde ich mich entsprechend kurz fassen, viel eher soll es hier ja um das bisherige Schaffen des Österreichers gehen. Wie bei vielen „jüngeren“ Projekten aus dem Power Electronics-Genre ist auch auf den Veröffentlichungen von INSTITUTION D.O.L. die Auseinandersetzung mit der Gegenwart Programm. Die Thematiken reichen da offenkundig vom Versuch kathartischer Selbstreinigung bis hin zur Reflektion gesellschaftlicher Mechanismen, von der Psyche des Subjekts bis hin zu komplexen Verhaltensmustern. Wer BARBIG BLUTIG aus einschlägigen Foren wie z.B. der Krachcom-Selbsthilfegruppe kennt, weiß oder kann gut nachvollziehen, dass textlich bzw. inhaltlich teilweise mit Selbstironie und mit nicht wenig Sarkasmus hantiert wird. Inwiefern dieser Humor oder dieses gelegentliche Augenzwinkern rezipiert wird oder werden kann, muss jeder Hörer und Musikfan natürlich selbst entscheiden. Anzurechnen ist dem Projekt allemal, dass niemals ein streng-strammes Pseudo-Terrorboy-Auftreten zelebriert wurde. (Siehe den Ami-Culture-Terrorism-Kram und wie der ganze Schiss heißt, gibt ja auch europäische Windeier mit dieser Rhetorik.) Vielleicht ist INSTITUTION D.O. L. sogar eines der wenigen Projekte, denen der Spaß offenkundig so wichtig ist wie der Inhalt, und das über die Musik zu transportieren, was mehr als eine knappe Stunde Lärm um des Lärmes Willen ist. Möchte man musikalische Vergleiche oder wenigstens Einflüsse heranziehen, gehören definitiv WHITEHOUSE und diverse Old School-Bands zum Repertoire. Allerdings dominieren durchaus rhythmische Strukturen und teilweise finden sich auch EBM-angehauchte Elemente und Rhythmus Industrial-Fragmente, die ich zugegebenermaßen entsetzlich finde, weil der Schreiber dieser Zeilen, also ich, damit schlichtweg nichts anfangen kann. Somit kann man Herrn BARBIE BLUTIG ein weit reichendes musikalisches Spektrum zusprechen und dies auch als eine der Stärken des Projektes bezeichnen. Ansonsten bedient man sich schon üblicher Zutaten, was Samples, Stimmeinsatz und visuelle Aufmachung betrifft. Selbst für Trash wie „Ilsa – Shewolf of the SS“ war man sich nicht zu schade, so wurden Optik und Konzeption in durchaus witziger Ambivalenz verwurschelt. Nun einige Worte zu den drei Tonträgern:

Diskotheka Decadenza

Unüberhörbar und im direkten Vergleich zu den Vorgängern klingt die CD sehr gerade und kann kaum mit großen Momenten überraschen. Dominant sind Sprachsamples und Soundschnipsel, wie sie auch in der jüngeren WHITEHOUSE-Diskographie vernehmbar sind. Allerdings geht es eben ziemlich geradlinig zu und der Aggressionsgehalt hält sich zu Gunsten einer fast schon leicht beängstigenden Atmosphäre zurück. Wirkliche Schwachpunkte hat das Album nicht, allerdings vermisst man schlichtweg den wirklichen Kick und so einen Höhepunkt (oder mehrere), den ein Power Electronics-Album braucht. Weiterer Minuspunkt sind die meist zu langen Tracks, denen es schlichtweg am nötigen Drive und der Abwechslung mangelt. So bleibt die Scheibe irgendwie etwas gesichtslos und mit einem leichten Schulterzucken gehe ich zum nächsten Output über. Für einen offiziellen Erstling war/ist es aber durchaus ok.

With her I had some tropical feelings

Dieses Album wurde von mir einst schon einmal positiv besprochen für das damalige ETERNAL SOUL-Inet-Magazin. Spannend also, nach drei Jahren mal wieder reinzuhören und abzuchecken, ob man dabei bleiben kann, was damals im Resultat eine Empfehlung war. Und durchaus, diesen Silberling kann man sich immer noch mit Freude anhören. Wie bereits angesprochen, steht hier Trash- und Tittenqueen Ilsa aus den Sexploitation-Filmen im Mittelpunkt. Im Gegensatz zu diesen Filmen ist das Ganze durchaus komisch (sicherlich beabsichtigt) und es macht irgendwie wirklich Spaß, es anzuhören. Ich hoffe ja nicht, dass BARBIE BLUTIG bei solchen Weibsstücken zu maskulinen Hengstgelüsten neigt und wild onanierend durch Österreich lärmt, aber falls doch, ist das sein Ding. Auf jeden Fall ist sein (musikalischer) Erguss durchweg gelungen. Die Songs sind im Vergleich zum Vorgänger abwechslungreicher, das Album hat durchaus Tiefe und beweist musikalisches Feingefühl. Irgendwie sind das zwar keine Power Electronics, aber die zu definieren ist auch ein müßiges und albernes Unterfangen, zumal der Akteur darauf ordentlich scheißen dürfte, was ich durchaus gut finde. Viel Elektronik, einiges an dumpfen monotonen Geräuschen, Samples, Spannungsbögen und das letzte Stück „Karaoke! (We Were Amused At The Local Bar)“ fetzt einfach nur. Diese Scheibe darf sich auch ein knallharter GENOCIDE ORGAN-Fan zulegen.

Instructions for modern weakniks

"Instructions For Modern Weakniks" is the opus magnum of the Austrian Obscure-Electronic act no.1. This album is the most violent, harshest and simultaneosly the most musical release in the history of INSTITUTION D.O.L. The album was recorded in co-operation with artists from projects like CONTROL, OPERATION CLEANSWEEP, A CHALLENGE OF HONOUR, R. D., WERTHAM and FUCKHEAD.“

Wow, das hat mich absolut nicht vom Hocker gerissen. Fand ich sogar zum Kotzen, aber im open minded-Modus übergehe ich diese Selbstwerbung einfach mal und konzentriere mich auf das Wesentliche. INSTITUTION D.O.L., inzwischen zum Zwei-Kopf-Projekt gewachsen, holte also vor gut einem Jahr zum operativen Großschlag aus, um die Welt das Fürchten zu lehren. Musikalisch hat man sich etwas verändert, zwar gibt es noch immer die unverkennbare elektronische Note, allerdings dominieren nun heftigerer Stimmeinsatz (auch im Duett) und einiges mehr an Noise-Elementen. Ist das nun „most violent“? Nein, eben nicht. Das liegt vielleicht auch am Musikverständnis oder der Art und Weise der Rezeption. Aber wie im Metal nicht jede Band brutal ist, weil sie schnell spielt, so ist auch im Post Industrial nicht alles brutal, weil es lärmig ist. Was fehlt? Offenkundig der Raum, in dem Sound, Visuelles, Themen u.s.w. aufeinanderprallen und alles in einem einzigen Chaos versinkt – eine Art Information Overload. Man hört den Einfluss der verschiedenen Mittäter durchaus heraus, manchmal sogar in dem Ausmaß, dass INSTITUION D.O.L. nicht mehr erkennbar ist. Und das kann nicht im Interesse des Machers wie auch der Zuhörerschaft sein. Klar, es rumpelt, und live reicht das vielleicht auch zum Eierquetschen aus, aber die Veröffentlichung ist in der Summe eine Art Schattenwerk, irgendwo in der Unzahl eben solcher Veröffentlichungen liegend, ohne Wiedererkennungswert. Stücke wie „This Is My Life“, „In Tempore Belli“ oder „Luftschloss In Flammen“ wissen durchaus noch zu gefallen, allerdings sind diese dann auch wieder weiter weg vom Einheitsbrei, was da ja vor allem in Italien, Schweden oder bei den Amis zelebriert wird. Schade irgendwie, denn Potential ist nachwievor erkennbar, aber leider scheitert man letztendlich doch am Versuch, sowohl was die „most violent“-Komponente anbelangt als auch den langen Weg zur musikalischen Selbstfindung und den Ausbau dieser. Somit ist das Album nur bedingt empfehlenswert, wenngleich die Fans der oben genannten Projekte hier durchaus auf ihre Kosten kommen werden.

This is my life

Diese DVD erschien vor nun gut zwei Jahren und beinhaltet eine Art „Best of INSTITUTION D.O.L.“. Weniger im musikalischen Sinne, viel eher gibt man sich ungeniert der Selbstbeweihräucherung hin. Ich bin an dieser Stelle schlichtweg überfordert, weil mir der Sinn dieser DVD schlichtweg verborgen bleibt. Man bekommt u.a. Konzertausschnitte zu sehen, BAIN WOLFKIND erzählt über BARBIE BLUTIG, sowie einige mehr oder minder komische Mitschnitte von Konzerten wie dem STEINKLANG FESTIVAL 2004 in Wien, als BARBIE BLUTIG im betrunkenen Zustand das ACOH-Nebenprojekt CODE 243 unterstützte. Das mag für knallharte Fans vielleicht wichtig sein, aber ansonsten frage ich mich wirklich, ob mir ein höherer Sinn verborgen bleibt oder diese DVD eine Art größter Gag sein soll. So oder so, das geht an mir vorbei und mutmaßlich auch an vielen anderen Leuten, die vielleicht zu ernst oder aber zu wählerisch sind. Mit dieser DVD kann ich die Werkschau somit auch beenden, weil sie das irgendwie verkörpert, was das Problem mit INSTITUION D.O.L. sein könnte (Probleme gibt es natürlich nicht.): BARBIE BLUTIG hat Potential und nötiges Können und auch den nötigen Humor. Irgendwo aber sehe ich einen schmalen Grat zwischen seinen Fähigkeiten und dem, was letztendlich als Ergebnis ankommt. Vielleicht ist es manchmal zuviel Humor und zuviel Selbstdarstellung. Vielleicht ist das ein falscher Eindruck, aber irgendwo fehlt das i-Tüpfelchen, das INSTITUTION D.O.L. dahin bringt, wo BARBIE BLUTIG sich gern sehen würde. Abgesehen vom Sinn der DVD, ist nichts schlecht, manches gut, vieles aber etwas zu „lala“. Nun bin ich nicht derjenige, der Tipps für „How to get a star“ geben kann, aber irgendwie hoffe ich und gönne ich ihm ja, dass er doch noch den großen Schlag macht und uns knallhart den Schädel spaltet. So bleibt also, Reinhören sei jedem empfohlen, entscheiden muss man ohnehin selber. Ansonsten wünsch ich dem Puppentotmacher natürlich weiterhin viel Erfolg und Witz am Schaffen.


Einige Exemplare der CDs sind bei BARBIE BLUTIG noch erhältlich, Kontakt ist auf NONPOP via PM, über die offizielle Homepage wie sicherlich auch über STEINKLANG möglich.

 
für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Institution D.O.L. (offiziell)
» Hoerproben
» Steinklang Rec.


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