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Tony F.

DAVID E. WILLIAMS: Hospice Chorale


DAVID E. WILLIAMS: Hospice Chorale
Genre: Neofolk
Verlag: Old Europa Cafe


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Liest man etwas zur musikalischen Einordnung von DAVID E. WILLIAMS, dann fallen zumeist die Begriffe Neofolk und Cabaret. An dieser Zuordnung kann wiederum sehr schön beobachtet werden, dass die Klassifizierung als Neofolk nicht zwingend etwas mit dem musikalischen Ausdruck zu tun hat. Neofolk ist oftmals vielmehr ein Metabegriff für eine Szene, die thematisch, in der Wahl der Stilmittel und grob musikalisch – mit vielen Ausfransungen –zusammenpasst. Bedeutend ist allerdings auch, welcher Künstler mit wem kollaboriert – also ob man quasi zur Familie gehört. 

Die Musik von DAVID E. WILLIAMS ist auf jeden Fall meilenweit vom üblichen Akustik-Gitarren-Folk entfernt. Vielmehr präsentiert WILLIAMS alles in allem recht poppige und eingängige Musik, die wie seine eigentlich grundsätzlich skurrilen Texte manchmal auch etwas abgleiten kann. Gerade dieses skurrile Element deutet auf den oben bereits verwendeten Begriff Cabaret hin; beinhaltet allerdings auch eine Verbindung zum skurrilen, spleenigen Ansatz von Acts wie CURRENT 93. Instrumente der Wahl sind dabei das Piano, natürlich auch die Gitarre und Synthesizer, wobei gerade die Elektronik auf den letzten Alben eine größere Rolle spielt, so dass ab und zu der Begriff Synth-Pop in Beschreibungen von WILLIAMS‘ Musik Anwendung findet, was den Kern der Sache allerdings nicht trifft. 

All das mag letztlich ein Ansatz zur Beleuchtung von WILLIAMS‘ Musik sein – die Wahrheit liegt aber wie meistens irgendwo dazwischen. Schlappe 30 Jahre nach dem Erscheinen der ersten E.P. „Pseudo Erotica“ und vier Jahr nach dem letzten, tatsächlich beeindruckenden Album „Trust No Scaffold Built Of This Bone“ steht mit „Hospice Chorale“ jedenfalls ein neues Album auf der Agenda. Mit „The One Who Doesn't Die“ beginnt dieses Album zwar mit einem etwas überzeichneten Pianostück. Tatsächlich geht es auf „Hospice Chorale“ aber ziemlich elektronisch zu. Dazu gesellt sich der typische Gesang von WILLIAMS, den man schlicht mögen muss und der – ebenfalls oft typisch für Neofolk – nicht zwingend musikalischen Konventionen genügt. 

Was dieses Album aber ausmacht, ist wieder einmal dieser einmalige Sinn von WILLIAMS für hymnische, kleine Songs. Egal, ob die Musik etwas erdiger mit E-Gitarre unterlegt ist wie bei dem dramatisch-hektischen „BDA 30", das unter Mithilfe von DAVID TALENTO entstanden ist, oder ob die elektronische Ausrichtung hier und da schon fast spacig anmutet wie bei dem melancholisch-berührenden "War On Despair" oder dem herrlichen Fragment "Brazen Ablaze". Melodien und Akkorde verfangen einfach, auch wenn auf „Hospice Chorale“ der Rhythmusanteil fast auf null heruntergefahren wurde. 

Waren beim letzten Album u.a. LLOYD JAMES von NAEVUS, auf dessen Alben WILLIAMS hin und wieder auch auftaucht, und ANDREW KING involviert, so fällt bei diesem Album neben einem diesmal eher geringen Beitrag von Langzeit-Kompagnon JEROME DEPPE vor allem die Zusammenarbeit mit BAIN WOLFKIND und ANTHONY CESA (DESTROYING ANGEL) bei „Thailand? (Why Can't All the World Be)“ ins Gewicht, das mit seinem typischen WOLFKIND-Flair ohne Frage zu den Höhepunkten des Albums gezählt werden muss. Daneben arbeitet noch ALBO SUDEKUM mit seiner Violine bei "The Coughalong Song" WILLIAMS zu, wobei der Einsatz des am Ende laufenden Gesangsloops etwas an SOL INVICTUS erinnert. 

Mittendrin tauchen natürlich ab und zu skurrile Popsongs der Marke WILLIAMS wie „Someday I Will Live My Life as a Horse“ auf, wobei die Texte von WILLIAMS von jeher sämtliche Rahmen sprengen. Experimenteller wird es dann noch am Ende des Albums, wenn sich „Catholic Nihilist“ als ein instrumentaler, brummender Industrialtrack entpuppt. Hintergründig wird es vor allem bei „Suicide Skyline (Method II)“ wenn im Song ein gesampleter Monolog des amerikanischen Crooners BING CROSBY auftaucht, der entgegen seinem Image ein gar nicht so umgänglicher Mann und Vater gewesen sein soll. Zudem haben zwei seiner vier Söhne später Selbstmord begangen. Insofern wird diese familiäre Abgründigkeit sehr treffend im quasi zweiten Teil des Songs durch die Intonation von CROSBY’S Hit „White Christmas“ durch WILLIAMS maximal konterkariert. Wobei wir abermals beim Thema Neofolk wären, der das Abgründige ja gerne mit eingängigen Melodien übermalt.  

„Hospice Chorale“ ist also wieder einmal eine Wundertüte, die einem DAVID E. WILLIAMS in die Hand drückt - und die es in sich hat. Diese ist gefüllt mit durchschlagenden Songs, skurrilen Einfällen sowie etwas Experiment und ist damit abwechslungsreich ausgestattet. WILLIAMS macht damit natürlich weiterhin irgendwo Außenseitermusik, obwohl die Eingängigkeit so mancher Songs natürlich nicht zu unterschätzen ist, aber das ist ja nun nichts Neues.  

 
Tony F. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» DAVID E. WILLIAMS Homepage
» DAVID E. WILLIAMS @ Bandcamp


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