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Tony F.
21. Wave-Gotik-Treffen 2012 (WGT)
Kategorie: Spezial
Wörter: 4055
Erstellt:
10.06.2012
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Vorwort
Die Frage stellte sich eigentlich schon nach dem Ende des Jubiläums-WGTs im letzten Jahr: Was soll im nächsten Jahr eigentlich noch kommen? Nachdem man schon den Eindruck gewinnen konnte, dass man sich für das 20-jährige Jubiläum noch einmal einiges hat einfallen lassen, war eine gewisse Normalisierung schon erwartbar. Dies wurde vor allem am Line-up deutlich, das nach doch weitgeteilter Meinung etwas schwach wirkte. Weder sensationelle Reunions, die mittlerweile – außer den faktisch unmöglichen – wohl auch weitestgehend abgearbeitet sind, noch sonstige außergewöhnliche Live-Auftritte standen auf dem Plan. Exemplarisch sei hier nur das Mitternachtsspezial erwähnt, welches nach solchen Namen wie CURRENT 93, BRENDAN PERRY oder RECOIL, für die jedes Mal eigens Leute angereist waren, in diesem Jahr einzig aus dem Elektro-Schlager-Barden PETER HEPPNER bestand. Auch im von mir beurteilbaren Elektrobereich war keine große Innovationsfreude zu spüren. Somit war es kaum verwunderlich, dass sich der Eindruck erhärtete, dass die Besucherzahl wohl unter der vom Vorjahr oder der vergangener Jahre lag – die Organisatoren sprechen allerdings von „ähnlichen Zahlen“ wie im Vorjahr, was immer das auch heißt.
Dennoch muss man sich als Organisation für schwarze Szene Festivals auch fragen, wo der Weg hingehen kann. Die Zahl der kleinen und großen Festivals ist in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen, so dass die Frage zu stellen ist, ob das typische „immer mehr vom immer gleichen“ so noch zum Ziel führen kann. Dies auch vor dem Hintergrund, dass just vor kurzem zwei Festivals in Belgien (u.a. das SHADOWPLAY FESTIVAL) wegen mangelnder Nachfrage abgesagt werden mussten bzw. auch in Deutschland kleinere Festivals und Konzerte mittlerweile vermehrt abgesagt werden. In dieser Hinsicht ist das WGT seit Jahren eigentlich auf einem guten Weg, hat man sich doch von dem Festival-Mainstream teilweise abgekoppelt und setzt verstärkt auf Genres wie Neofolk/Industrial/Dark-Ambient oder Goth-Rock und Horror-Punk. Genres, die sonst überall nicht ernsthaft beachtet werden und für die Besucher auch weitere Anreisen in Kauf nehmen – es fehlt eigentlich nur der Minimal-Elektronik-Sektor. Für die üblichen schwarzen Party-Kapellen wird man dagegen niemanden mehr z.B. aus dem fernen Westen der Republik nach Leipzig bekommen. Glücklicherweise scheint man Musikbereiche aber auch wieder auszugliedern wie zum Beispiel den Mittelalter-Rock – das Genre, ehemals von Szene-Zeitschriften zwanghaft in die Szene gedrückt, obwohl der Bereich der Szene so fern ist, wie nur sonst irgendwas, findet auf dem WGT jedenfalls kaum noch statt.
Gerade die Entwicklung im Neofolk/Industrial/Dark-Ambient Bereich ist dabei, was die Besucherzahlen angeht, über die Jahre positiv. Fanden die Konzerte noch vor einigen Jahren fast ausschließlich im kleinen UT Connewitz oder dem überschaubaren Anker statt, werden mittlerweile Lokalitäten wie der Volkspalast oder der Felsenkeller bis an die Grenzen ausgelastet. Letztlich sei natürlich auch immer wieder erwähnt, dass sich das WGT als Treffen versteht, das enorm viele Möglichkeiten und Aktivitäten wie den Besuch von Lesungen und Diskussionen oder den Besuch von Museen ermöglicht. Ob man das als Besucher annimmt und nutzt, bleibt natürlich jedem selbst überlassen. Seine eigene Sichtweise muss man letztlich natürlich auch insofern immer wieder hinterfragen, als sich nach vielen Jahren der WGT-Teilnahme natürlich auch eine gewisse Nüchternheit und Routine einschleichen.
Ein leidiges Thema bleibt wohl auch die Außendarstellung der Besucher: Wer ein solches Festival als schwarzen Karneval bezeichnen will, liegt natürlich nicht ganz falsch – die Außenwirkung hat hier leider in vielen Fällen über jeglichen Inhalt gesiegt. Wo früher jedenfalls die allgegenwärtigen Schellen akustisch nervten, gab es später Menschen mit Plastikschläuchen auf dem Kopf, in Uniformen und mittlerweile in voll ausstaffierter Steam-Punk-Gewandung. Ob man das alles aber immer für so wichtig und aufregenswert halten muss, um gleich das ganze Festival zu verteufeln, ist auch wieder eine andere Sache. Ich für meinen Teil werde jedenfalls wohl auch im nächsten Jahr dabei sein.
Freitag
Bei bestem Wetter ging das Festival für mich am frühen Freitagabend im heidnischen Dorf los, wo SOLBLOT etwas verspätet auf die Bühne kamen. „Autobahn is like hell!“ wurde dem geneigten Zuhörer dann auch als Begründung mit auf den Weg gegeben, bevor die vier Musiker mit ihrem ursprünglichen Neofolk loslegten. Unterstützt wurden die beiden in einer Art weiß-blauen Tracht mit Gitarren und Akkordeon hantierenden Musiker dabei von zwei Männern in schwarz: KIM LARSEN von OF THE WAND AND THE MOON und JOHN VAN DER LIETH von SONNE HAGAL übernahmen die Trommeln und die sonstige Perkussion im Hintergrund souverän und gekonnt und überließen die beiden Protagonisten natürlich dem Hauptaugenmerk. Der kompakte Auftritt wurde dann recht druckvoll aber auch sympathisch dargebracht. Das Publikum war jedenfalls schon zu so früher Stunde durchaus angetan.
Es folgte der Auftritt von ORDO EQUITUM SOLIS, die ebenso wie SOLBLOT neben dem regulären WGT-Auftritt ein Konzert im heidnischen Dorf gaben. Zu ORDO EQUITUM SOLIS sollte man vielleicht voranschicken, dass es sich um ein italienisches Neoklassik/Heavenly Voices-Duo handelt, das in den 90er Jahren Teil der WORLD SERPENT-Familie war. Bei ihren ersten Alben wirkte dann auch TONY WAKEFORD noch mit. Im Gegenzug war die Sängerin LEITHANA an der Produktion des SOL INVICTUS-Albums „Lex Talionis“ beteiligt. Der Weg von ORDO EQUITUM SOLIS endete schließlich so um das Jahr 2000 herum. Der Auftritt nach so langer Stille war insofern eine nette Überraschung. Leider muss man aber konstatieren, dass diese Unternehmung nicht wirklich gut gelang. Die drei Musiker – LEITHANA (Gesang und Keyboard) und DERACLAMO (Gitarren) wurden von einem (untauglichen) Bassisten begleitet – hatten nämlich während des gesamten Auftritts mit der offensichtlichen Unabgestimmtheit untereinander zu kämpfen. So schien es mitunter, als ob alle drei Musiker in ihrer eigenen Welt vor sich hin spielten – ohne für einen Gleichlauf der Band zu sorgen. Der wahre Genuss konnte sich deshalb nie einstellen. Auch wirkte alles etwas unkoordiniert mit zu vielen Pausen und zu viel Kommunikation – seit jeher ein probates Mittel gegen aufkommende Stimmung bei Konzerten. Neben der Berücksichtigung von neuem Material – ein neues Album wurde für den Herbst angekündigt – spielte man natürlich Stücke aus den unterschiedlichen Schaffensphasen der Band wie „Oblivion“ vom letzten Album oder den Hits „Lady Of The Wild Flowers“ und natürlich „Playing With The Fire“, das seltsamerweise schon in der Mitte des Sets gesetzt war.
Anschließend trieb mich mein Interesse an elektronischer Musik in das Werk II, um dem Auftritt von HAUJOBB beizuwohnen. Nach der offiziellen Live-Rückkehr, der ich im letzten Jahr in Berlin ebenfalls beiwohnte, setzte man auf ein ähnliches Set aus relativ vielen neuen Stücken des Albums „New World March“, die nun natürlich deutlich bekannter waren, sowie auf einige Klassiker, wobei man sich in die Gewässer der Anfangstage nicht mehr so gerne locken lässt, wie DANIEL MYER von der Bühne aus mitteilte, da man zu der Zeit noch zu sehr anderen Bands nachgeeifert hätte. Zu dritt – in der neuen Formation ohne Schlagzeug – legte man in jedem Fall ein Set hin, das in Elektrokreisen eher die Ausnahme ist. Viele live gespielte Elemente machten das Ganze zu einem echten Live-Erlebnis. Zudem spielt man seit dem letzten Jahr komplett überarbeitete Versionen der alten Klassiker wie „Eye Over You“ oder „Dream Aid“ – was auch diesmal wieder für Stimmung sorgte. Die agile und druckvolle Bühnenpräsenz von DANIEL MYER tat wie üblich ein Übriges, wobei ich es persönlich immer schade finde, dass dieser Live-Druck auf den Alben seit jeher nicht wirklich rüber kommt.
Samstag
Gerade am Samstag offenbarte sich wieder einmal das Problem der Überschneidungen, wobei die Festivalorganisation natürlich nicht alle möglichen Interessen des Publikums berücksichtigen kann. Den Industrial-Abend im Anker gegen den Neofolk-Abend im Felsenkeller zu blocken war allerdings mehr als ärgerlich – die ebenfalls gleichzeitigen Auftritte von WARDRUNA und UNTO ASHES im Central-Theater mal außen vor gelassen. Unnötig erschien das Ganze zudem, weil der Montag durch die Bank schwach besetzt war und es doch einige Besucher mit unterschiedlichen Geschmäckern wunderte, warum gerade am Montag so wenige Veranstaltungen liefen.
Pünktlich zum Start von ONIRIC kam ich jedenfalls am Felsenkeller an, der als Lokalität groß aber aufgrund der mangelnden Belüftung sowie des schlechten Klangs schwierig ist. Die drei Musiker von ONIRIC – weiblicher Gesang/Glockenspiel, männlicher Gesang/Gitarre, Keyboards, sämtliche Rhythmen wurden eingespielt – legten ein souveränes Set hin, das musikalisch mit mal beschwingterer, mal melancholischerer Ausprägung überzeugen konnte. Die nicht zu überhörende musikalische Nähe zu SPIRITUAL FRONT wurde zusätzlich dadurch unterlegt, dass im Hintergrund wie bei SPIRITUAL FRONT-Konzerten Filmeinspielungen liefen. Allerdings lief hier kein (italienischer) Film durch, sondern es wurden jeweils nur einzelne Sequenzen aus Filmen wie z. B. auch „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ von MURNAU gezeigt.
JÄNNERWEIN traten nach ihrem WGT-Debüt 2009 in zu damals leicht geänderter Aufstellung zum zweiten Mal auf dem Treffen auf. Musikalisch wirkte das Ganze dann auch souveräner und abgeklärter als beim ersten Mal, zumal man mit dem zweiten Album nun auch eine breitere Songauswahl hatte und in den letzten Jahren natürlich einige Male live gespielt hat. Die Musik polarisiert natürlich in der Form, da nicht jeder, der z. B. auf ursprünglichen Apocalyptic Folk steht, auch etwas mit dem zum Teil schon arg schlageresken Alpinfolk anfangen kann. Nichtsdestotrotz wurde ein recht unterhaltsamer Auftritt geboten, in den natürlich Stücke wie „Klage“ oder „Durch jede Stunde“ eingeflochten waren. Selbst THOMAS BOJDEN von DIE WEISSE ROSE wurde als Gastvokalist zu „My Prime Of Youth“ auf die Bühne gebeten. Nach einer kurzen Pause, in der das Publikum lautstark nach einer Zugabe verlangte, wurden dann noch ein neues Stück sowie „Den Berg empor“ gespielt, bevor der gut gelungene Auftritt endete.
Nach dem Erlebnis im heidnischen Dorf konnte man sich sicher der Hoffnung hingeben, ORDO EQUITUM SOLIS hätten sich etwas gefangen und der Auftritt im Felsenkeller würde besser ausfallen. Tatsächlich lief es insgesamt etwas runder; allerdings blieb der Eindruck einer schlicht nicht eingespielten Band. Die Setlist war im Grunde dieselbe; lediglich hier und da wurde eine Alternative wie z. B. „The Cursed Sings Its Song“, das am Tag zuvor nicht dabei war, eingeflochten.
ORDO ROSARIUS EQUILIBRIO waren zuletzt vor unglaublichen sechs Jahren auf dem WGT vertreten. Damals spielte man im Anker und hatte eine Dame dabei, die sich während des Auftritts entkleidete. In der 2012er Auflage, hatte man nun zwei Damen in Uniform dabei, die sich vor eindeutigen Hintergrundvideos gegenseitig entkleideten. Wer aus diesem Umstand schließen möchte, dass sich die Schweden in den letzten Jahren noch mehr als zuvor schon den Themen Sex und Erotik zugewandt hätten, liegt damit wohl nicht ganz so falsch. Die inhaltliche Tiefe des Projekts hat jedenfalls deutlich nachgelassen. Auch das Bandgefüge hat sich seit damals drastisch geändert. FREDRIK BERGSTRÖM am Schlagzeug ist bereits seit dem letzten Jahr nicht mehr dabei und ROSE MARIE steht mittlerweile wieder mit auf der Bühne. Zudem sind natürlich die Neuzugänge an Gitarre und Bass zu nennen.
TOMAS PETTERSSON wirkte zu Beginn des Auftritts im nun rappelvollen Felsenkeller fast übermotiviert, so dass auch während der recht kurzen Pausen kaum Zeit zur Kontemplation blieb. Die Setliste enthielt im Kern das, was man von den letzten Auftritten her kannte – also einen Streifzug durch die gesamte Bandgeschichte. Selbst alte ORDO EQUILIBRIO-Stücke wie die leider aus meiner Sicht verhunzte, lounge-poppige neue Version von „Reaping The Fallen“; aber auch „The Perplexity Of Hybris. I Glorify Myself“ und endlich auch mal wieder „Nature Seeking Equilibrium / War For The Principal Of Balance.“ wurden gespielt. Für die letzten beiden Stücke des Abends wurden dann noch SIMONE SALVATORI und der Schlagzeuger von SPIRITUAL FRONT auf die Bühne gebeten, die zum Abschluss „Three Is An Orgy, Four Is Forever“ sowie „A Song 4 Hate & Devotion“ zusammen intonierten.
Schon einige Wochen vor dem WGT hatte mir AXEL MENZ am Rande eines Konzerts in den Niederlanden erzählt, dass man zum 20jährigen Jubiläum von HEKATE gerne etwas Größeres machen wollte. Eine Überlegung war die Organisation eines kleinen Festivals. Dann habe man sich aber noch überlegt, dieses Jubiläum dem WGT anzubieten, natürlich unter der Bedingung, einige Gäste, die HEKATE schon länger verbunden waren dazuholen zu dürfen – sprich alte Bandkollegen und befreundete Musiker. Dem habe die Treffenleitung dann zugestimmt. Von diesem Abend konnte man sich also einiges erwarten, was aus meiner Sicht auch voll erfüllt wurde.
HEKATE begannen, nach einem orchestralen Intro und einer Ansage von TOMAS PETTERSSON, zunächst in der aktuellen Besetzung, mit der bei den letzten Konzerten üblichen Eröffnung „Dos Kelbl“ vom „Sonnentanz“-Album, das an diesem Abend ohnehin fast zur Gänze gespielt wurde. Schnell wurde dagegen auch klar, dass das aktuelle Album „Die Welt der dunklen Gärten“ an diesem Abend weniger Berücksichtigung finden würde, als bei den jüngsten Konzerten und damit sehr viele ältere, teilweise lange nicht mehr live gespielte Stücke den Vorzug erhalten würden. Bei „Fatherland“ stieß dann zunächst MARIO BRAUN (CHOREA MINOR) – wie früher an der Landsknechtstrommel – für ein Stück dazu. Der seit einiger Zeit ausgestiegene INGO MÜLLER stand später dagegen bei „To Break A Heart“ erstmals an der großen Trommel. Mit „Danse De L' Obscurité“ wurde mit MATT HOWDEN schließlich erstmals ein Gast begrüßt, der auch das alte, aber bei langjährigen Fans noch immer heißgeliebte „Tempeltanz“ veredelte.
Mit „Moritori Te Salutant“ wurde der Druck noch einmal erhöht, bevor JOUNI HAVOKAINEN und KATHLEEN BINDER von IN SLAUGHTER NATIVES überraschend die Bühne übernahmen, um mit der Trommel- und Perkussionunterstützung von HEKATE eine höchst wuchtige Version von „Death Just Only Death“ auf die Bühne zu bringen. War dieser Gastauftritt aufgrund des Auftritts von IN SLAUGHTER NATIVES am Freitag einigermaßen erwartbar, so musste man den nächsten Gast schon als überraschend bezeichnen, denn ANDREA NEBEL kam verschleiert auf die Bühne, um zunächst das kraftvolle „DecaDemons“ von ihrem neuen AGHAST MANOR-Album „Gaslights“ vorzustellen. Zudem spielte sie wieder mit der Unterstützung der HEKATE-Musiker das NEBELHEXE-Stück „Against The Wall“. Warum ANDREA NEBEL nicht auch als regulärer Programmpunkt auf dem WGT gebucht war, blieb allerdings ein Geheimnis. Spätestens in diesem Teil des Programms wurde einem wieder einmal bewusst, wie gut HEKATE auch als Begleitband funktionieren. Zudem führten sie einem deutlich vor Augen, was bei so manchem eher öden Auftritt von Genrebands tatsächlich musikalisch möglich wäre, wenn man entsprechenden Aufwand betreiben würde.
Woher HEKATE musikalisch kommen und warum sie musikalisch manchmal etwas zwischen den Stühlen sitzen, verdeutlichte exemplarisch die Ansage von AXEL MENZ vor „Endless Life“, einem elektronischen Stück vom HEKATE/CHOREA MINOR-Tape „Sanctuary“ aus den Anfangstagen der Band. Dieses Stück sei zum einen durch das DEATH IN JUNE-Album „The World That Summer“ inspiriert, welches sich AXEL MENZ damals gekauft habe, während MARIO BRAUN sich an ein DELIRIUM-Album gehalten habe.
In Bezug auf die Gäste fehlte letztlich natürlich noch TOMAS PETTERSSON – war AXEL MENZ ja auch jahrelang mit ORDO ROSARIUS EQUILIBRIO live unterwegs. Wie schon in früheren Zeiten – als Live-Track von 2001 dokumentiert auf der HEKATE-Single „Memory Remains“ – unterstütze TOMAS gesanglich schließlich „Die Sonne im Geiste“. Leider war die Technik, ebenso wie bei JOUNI HAVUKAINEN vorher, nicht in der Lage, das Mikrofon entsprechend hochzuregeln, sodass die Performance nur nahe der Bühne zu hören war. Für recht selbstverliebte und chaotisch wirkende Umbauaktivitäten vor dem Auftritt war die Technik an diesem Tag dagegen natürlich zu haben. Als, ja quasi unvermeidbare Zugabe, wurde als letztes Stück schließlich und natürlich noch „Die Gedanken sind frei“ mit allen Beteiligten gespielt. Letztlich hätte man von dem Abend wirklich nicht mehr erwarten können, der eine der dienstältesten Bands in diesem Bereich sehr gut zu Gesicht stand. Anschließend wurde man in die – für das WGT 2012 ungewöhnlich – regnerische Nacht entlassen. Sonntag
Am Sonntag betrat ich den Volkspalast zu dem Zeitpunkt, als gerade AIN SOPH begannen. Ich muss zugeben, dass mich der Kultstatus, den diese Band angeblich hat, noch nie dazu bewogen hat, diese auch gut zu finden. Beim letzten Auftritt im Anker vor einigen Jahren trug man noch Trainingsanzüge – diesmal hatte es immerhin zu stilvollerer Kleidung gereicht. Natürlich hat man mit AIN SOPH in gewisser Weise auch den Ursprung solcher Bands wie SPIRITUAL FRONT vor sich, auch wenn man sich eher in langsameren und bedeutungsschwangeren Regionen tummelt – aber letztlich blieb auch diesmal wieder nur der Eindruck von langsamer, italienischer Rockmusik oder auch von experimentellen Stücken, die von minutenlang gehaltenen Keyboardakkorden leben, was letztlich nicht so richtig bei einem ankommt. Gespannter war ich da schon auf GNOMONCLAST, die anschließend mit der Unterstützung von ART ABSCONs – letztere in üblicher Gewandung – ihre Musik im kleinen Saal des Volkspalasts auf die Bühne brachten. Im Gegensatz zum eher ruhigeren letzten Album „Gather Together“ geriet der Auftritt recht ruppig und atemlos und erinnerte damit mehr an Bands, wie z.B. CULT OF YOUTH, die ebenfalls an GNOMONCLASTs letztem Album beteiligt waren. Sänger und Gitarrist N2 ITINITI weckte dann auch alleine vom Outfit her eher Assoziationen zu Punk oder Indie-Folk als zur zumeist penibel aussehenden Neofolk-Fraktion. Sein Gitarrenspiel wirkte dementsprechend leicht überhastet und der Gesang atemlos, was letztlich aber einfach als Ausdrucksform für diese Art von Musik gewertet werden muss. Ab und an wurde der Gesang auch von der weiblichen Begleitung SASHA FELINE, die zudem noch Flöte spielte, oder von J1 STATIK, der neben GNOMONCLAST auch bei LUFTWAFFE aktiv ist, übernommen. Selbst ART ABSCONs – ebenfalls am letzten Album beteiligt – brachten sich auch stimmlich ein. Insgesamt lieferte die Band somit einen ordentlichen und druckvollen Auftritt ab, sodass sicherlich der ein oder andere auf diese Band aufmerksam geworden sein dürfte. Zum anschließenden Auftritt von DERNIÈRE VOLONTÉ in der Kuppelhalle kam man dann allerdings kaum noch in die Räumlichkeiten. Nach dem, durch technische Probleme verursachten, recht durchwachsenen Auftritt von DERNIÈRE VOLONTÉ auf der Neofolk-Raunacht in Leipzig zu Silvester hoffte man zumindest, dass diesmal alles glatt gehen würde. In gewohnt minimaler Besetzung mit einem engagierten und souveränen Trommler sowie GEOFFROY D. (Gesang, Keyboard) tauchte man jedenfalls in ein ähnliches Set wie Silvester ein, d.h. das neue Album machte sich eigentlich noch nicht wirklich bemerkbar. Der Klang war zunächst noch etwas unausgewogen, sodass man zunächst fast nur die Trommeln hörte. Das gab sich allerdings im Verlauf des Konzerts etwas, bzw. war letztlich dem Raumklang der Kuppelhalle geschuldet. „Mon Mercenaire!“ wurde erstmals in einer überarbeiteten Version gespielt, was allerdings dazu führte, dass das Stück nun ähnlich steril klingt wie so manches neue Stück. Zudem stand „La Nuit Revient“, das in den letzten Jahren eigentlich immer dabei war, nicht auf dem Programm. Ansonsten fehlte eigentlich kaum ein Stück, wenn man von den ganz alten Stücken einmal absieht, die aber ohnehin schon länger nicht mehr im Programm sind. Was im Gegensatz zum letzten WGT-Auftritt vor einigen Jahren aber auffiel war, dass GEOFFROY D. mittlerweile wieder relativ starr hinter dem Mikrophon steht. Beim letzten WGT-Auftritt war seine Bühnenshow zwar fast schon übertriebene Koketterie; allerdings dürfte es aktuell gerne etwas mehr sein, da die ohnehin schon minimale Live-Umsetzung sonst etwas blutleer bleibt.
Direkt nach der Zugabe von DERNIÈRE VOLONTÉ machte ich mich dann auf in den kleinen Saal, in dem LUFTWAFFE schon angefangen hatten – eine Unsitte, wenn die Band im anderen Raum noch spielt und ärgerlich für die spielende Band, weil eine große Unruhe durch das hereinströmende Publikum entsteht. LUFTWAFFE, bei denen natürlich ein Großteil der Musiker vom vorherigen GNOMONCLAST-Auftritt wieder auf der Bühne stand, ist eine Band, deren Anfänge eigentlich ganz vielversprechend klangen. Die Mischung aus industriell/rituellen Songs gemischt mit Neofolk-Songs wie auf „Trephanus Uhr“ hatte eigentlich schon was, auch wenn eine deutliche Ankumpelei an das DEATH IN JUNE-Umfeld schon auffiel. Danach verlor die Band aber irgendwie den Faden, will heißen: Die Folgealben zündeten kaum noch. Live präsentierte man dann auch das, was mich von der Band weggebracht hat. Irgendwie nichtssagende, raue Neofolk-Stücke mit nach einiger Zeit nervendem, proklamierendem Sprechgesang in Endlosschleife – Geschmackssache. Da ich bei OF THE WAND AND THE MOON ohnehin einen guten Platz ergattern wollte, machte ich mich daher schon recht früh wieder auf in den Kuppelsaal.
Der Auftritt von OTWATM begann wie bei der letzten Tour mit DEATH IN JUNE mit verstörenden Videosequenzen. Allerdings zeigte sich recht schnell, dass man eben nicht wie auf der Tour fast nur neue Stücke spielen würde, sondern auch auf das ältere Repertoire zurückgreifen wollte. Das ergab natürlich Sinn; hatte man ja etwas mehr Zeit und spielte zudem auf einem Festival. Mit „Sunspot“ vom neuen Album stieg die Band – zur Tour noch ergänzt um eine zusätzliche Sängerin – dann allerdings gleich in neues Material ein. Auch „Absence“, „We Are Dust“ oder „Hold My Hand“ fanden unter anderem Berücksichtigung. An älteren Stücken hatte man natürlich echte Klassiker ins Programm genommen. Auf allzu „fröhliche“ Stücke verzichtete man allerdings, so dass sich das Publikum über „I Crave For You“, „Lost In Emptiness“, „Lucifer“ – natürlich angekündigt von KIM LARSEN als Song über seinen besten Freund – oder „My Black Faith“ freuen konnte, die alle – etwas angepasst an das neue Klangbild – gespielt wurden, was live in Anbetracht zu den teils sehr in sich gekehrten Originalversionen recht gut funktionierte. Mit „The Lone Descent“ endete schließlich das musikalisch absolut souveräne offizielle Set, bevor die Band noch einmal mit „Watch The Skyline Catch Fire“ und „My Devotion Will Never Fade“ – bezeichnend in Anbetracht der unterschwelligen Thematik des letzten Albums durch Videosequenzen mit einem abgerissen aussehenden Clown unterlegt – auf die Bühne zurück. Vergleicht man diesen absolut überragenden Auftritt mit dem zurückhaltenden Auftritt als Trio vom WGT 2009, dann kann man KIM LARSEN nur attestieren, dass er OTWATM auf eine völlig neue Basis gestellt hat, die ihn und die Band weiter nach vorne tragen dürfte. Stillstand wäre wohl auch der Tod.
Montag
Eigentlich alle, die man während des Treffens sprach, waren etwas ratlos, warum der Montag musikalisch so schwachbrüstig war, wogegen man an den Vortagen in der Regel so einiges verpasst hatte. Für mich standen daher eigentlich nur noch zwei Programmpunkte auf dem Plan: der Doppelauftritt von DOWNLOAD und DEAD VOICES ON AIR im Volkspalast und zum Abschluss IN GOWAN RING im heidnischen Dorf.
Im Vorfeld des WGT wurde glaubhaft kollpotiert, dass Auftritte von SKINNY PUPPY samt Band-Umfeld (OHGR, DOWNLOAD etc.) in Planung wären. Da aber angeblich NIVEK OGRE (SKINNY PUPPY, OHGR) aufgrund anderer Verpflichtungen abgesagt hatte, blieb letztlich wohl nur noch sein SKINNY PUPPY-Partner CEVIN KEY, der dann mit DOWNLOAD gebucht wurde. Da auch MARK SPYBEY teilweise bei DOWNLOAD involviert war, machte es dann natürlich Sinn, DEAD VOICES ON AIR gleich noch mit ins Boot zu holen.
Als erster auf der Bühne, die mit drei Laptops, Controllern, einem kleinen analogen KORG und einem Schlagzeug ausgestattet war, war allerdings zunächst PHIL WESTERN, um das Set mit einem sich aufschwingenden Ambient-Stück zu beginnen. Später mutierte das Ganze schließlich zu einem IDM/Electronic-Set mit ordentlich Rhythmus, in das sich nach einer Weile auch CEVIN KEY einklinkte. Ab und an setzten sich PHIL WESTERN und CEVIN KEY auch mal an das Schlagzeug, wobei der Einsatz desselben allerdings etwas druckvoller und weiter nach vorne geschoben hätte stattfinden können. Während im Hintergrund Graphiken über die Bühnenrückwand flirrten, bewegten sich im Innenraum auch nach und nach die Leute. Nach ca. einer Stunde kam schließlich noch MARK SPYBEY auf die Bühne, mit dem das Set dann auch weg vom technoiden Sound hin zu einem industrielleren und abwechslungsreicheren Klangbild wechselte. MARK SPYBEY brachte sich zudem auch mit seinem teils abgedrehten, teils melancholischen Gesang ein. Für mich war der zweite Teil dieses Auftritts damit auch der deutlich lohnendere, zumal MARK SPYBEY das Set mit meinem persönlichen Favoriten von DEAD VOICES ON AIR nämlich dem trüben „Sulphur“ vom 1999er Album „Piss Frond“ enden ließ. Wo das WGT 2012 für mich begann, da endete es auch – im heidnischen Dorf. Dort gelang es IN GOWAN RING, einen perfekten, entspannenden und versöhnlichen Auftritt hinzulegen, der von B’EIRTHs sympathischem Wesen und der Atmosphäre im nächtlichen heidnischen Dorf lebte. B’EIRTH hatte sich zur Unterstützung eine weibliche Begleitung an verschiedenen Flöten mitgebracht, die schon auf der letzten Tour mit FAUN dabei war und die fast sämtlichen Gesang von B‘EIRTH doppelte, sowie einen jungen Mann an der urtümlich zusammen gebastelten Perkussion. Alle drei wirkten dabei gerade dem „Summer Of Love“ entsprungen. Wallende Gewänder und Haare, farbige Sonnenbrille etc. Dazu noch die sympathisch, verwirrten Ansagen auf Deutsch und man fühlte sich endgültig großartig unterhalten. So unernst das Ganze vielleicht auch klingen mag, B’EIRTH und seine Mitstreiter legen in der Regel ein musikalisch hervorragendes Set hin, das zu begeistern weiß. Der unter dem Namen IN GOWAN RING oder auch unter dem des Schwesterprojekts BIRCH BOOK veröffentlichte ursprüngliche Folk, hat nichts Bedrohliches, scheint nicht von Katastrophen auf dieser Welt zu künden, sondern wirkt so, als wolle man an die schönen Dinge erinnern, Sehnsucht wecken, darauf hindeuten, dass die vermeintlich wichtigen Dinge vielleicht gar nicht immer so wichtig sind.
Somit schloss sich dann auch das Buch dieses 21. WGTs an diesem sommerlichen Abend. Gefallen hat es auch dieses Mal wieder – keine Frage.
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Verweise zum Artikel:
» Offizielle WGT-Seite
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» 20. Wave Gotik Treffen 2011 (WGT)
» PETER MURPHY auf dem 18. WGT
» WGT 2007 Bericht III
» WGT 2007 Bericht II
» WGT 2007 Bericht
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» 18. Wave Gotik Treffen in Leipzig
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