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Morbid Tales aus Köln
Ein Abend mit Celtic Frost, Kreator u.a.
Kategorie: Spezial
Wörter: 1241
Erstellt:
11.03.2007
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Seit der Veröffentlichung des CELTIC FROST-Comebackalbums "Monotheist" ist mittlerweile einiges Leichenwasser den Styx heruntergeflossen. Wer nicht bereit war, sich auf überteuerten Festivals bei Tageslicht und schlechtem Sound mit einer Dreiviertelstunde Spielzeit der wiederauferstandenen Black Metal-Pioniere abspeisen zu lassen, hatte aber in Europa schlechte Karten: Lediglich die heimische Schweiz und die Benelux-Länder wurden mit einigen Aufwärmkonzerten beehrt, bevor das Trio Infernale für Monate nach Übersee zog, um mit Hilfe von Saitenhexer ANDERS ODDEN (CADAVER, ex-APOPTYGMA BERZERK) an der Seite von u.a. SUNN O))) die Staaten und Nippon zu beehren. Umso erfreulicher war es, als die Avantgardisten sich dennoch dazu herabließen, im sterbenden Winter 2007 auch Deutschland zu beehren, zumal an der Seite der deutschen Thrash Metal-Veteranen KREATOR, der niederländischen Death Metaller LEGION OF THE DAMNED und der schwedischen Antikosmiker WATAIN. Tourauftakt war Köln und nonpop.de dabei.
Als ich um 19 Uhr die Halle betrat, erwartete mich bereits eine erste, bittere Überraschung: WATAIN, auf die ich mehr als gespannt war, intonierten bereits ihr letztes Stück ("Devil's Blood" von "Casus Luciferi"). Ihr rasender Black Metal kann ihre schwedische Herkunft nicht verleugnen, ohne, wie so viele andere Gruppen ähnlicher Couleur mit vermeintlich größerem Namen, zu langweilen. Dazu trugen sowohl Sänger ERIK DANIELSSONs angenehm angethrashte Stimme als auch die melodiösen Gitarrenlinien bei, die das große Vorbild DISSECTION nie verleugneten. Aus der Konkursmasse derselben haben sich WATAIN für die aktuelle Tour auch Gitarrist SET TEITAN (ex-ABORYM, ex-SPIRITUAL CEREMONY, ex-SPIRITUAL FRONT) entliehen. Dann war auch schon nach einem kräftigen "Hail Sathanas!"-Ruf DANIELSSONs Schicht im Schacht.
Nach einer kurzen Umbaupause folgten LEGION OF THE DAMNED, früher besser bekannt als OCCULT. Mit ihrer eingängigen Mischung aus technisch versiertem Death Metal amerikanischer Prägung mit deutschen Thrash-Qualitäten stürmten sie jüngst in Form ihrer zweiten Veröffentlichung "Sons of the Jackal" sogar Platz 54 der regulären deutschen Albencharts. Auch live und in Farbe beeindruckten die drei Instrumentalisten, unglaublich, daß sich mit einer solchen Minimalbesetzung ein solch massives Endresultat erzielen läßt. Das Publikum sah es ähnlich und es sei vorweggenommen, daß der Vierer neben dem Headliner die besten Publikumsreaktionen erzielte. Lediglich Sänger MAURICE SWINKELS (ex-BESTIAL SUMMONING) wirkte mit seinen steifen Joe Cocker-Armrudergesten etwas deplatziert und hilflos. Für die abschließende, selbstbetitelte Bandhymne mobilisierten Gruppe und Publikum noch mal alles, die anschließenden Zugaberufe verhallten jedoch fruchtlos.
Trotz des überzeugenden Vorprogramms war ich mittlerweile um einiges nervöser geworden und meine innerhalb eines Jahres ins Unermessliche gewachsene Erwartungshaltung drohte die hauchdünne, tantrische Reispapierfassade, welche meinen Geist vom absoluten Wahnsinn trennte, zu zerreißen. Ein langes Ethnoambientintro, welches etwas an DEAD CAN DANCEs "Spiritchaser"-Album erinnerte, ertönte und die Bühne füllte sich mit Rauch. Schon hier machten einige Besucher im Auditorium, die augenscheinlich nur wegen KREATOR den Weg nach Köln gefunden hatten, ihrem Unmut lauthals Luft, ein Umstand, der über das gesamte Konzert anhalten sollte. Nachdem das Intro verstummt war, passierte - nichts, und ein zweites Intro, "Totengott" von "Monotheist" ertönte. CELTIC FROST - TOM G. WARRIOR in Anzug und Skimütze, MARTIN ERIC AIN als Rasputin in Priesterrobe, FRANCO SESA und der neue Live-Sessiongitarrist V. SANTURA (DARK FORTRESS, PROJEKT LAZARUS) - betrat die Bühne. Obwohl ich wußte, was kommen würde, war ich mehr als überrascht, als "Procreation (of the Wicked)" und "Visions of Mortality" in neuen, dem aktuellen Doom-Sound der Truppe angeglichenen Versionen präsentiert wurden. Ungewöhnlich und nicht unspannend - ich war dennoch froh, daß die folgenden "Circle of Tyrants" und "The Usurper" im alten Gewand mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks schnell und dreckig daherkamen. Vor der Bühne hatte sich eine übersichtliche Fanschar versammelt, welche die Helden gebührend abfeierte. "Ob die neuen Lieder dem Vergleich standhalten können?", fragte ich mich, während AIN ans Mikrophon trat. "Ich war im Dezember in der Kirche, einer katholischen Kirche", verkündete er im theatralischen Sprechgesang in der Art eines Geistlichen. Laute Buhrufe. "Ich war da zu Ehren meiner kurz zuvor verstorbenen, gottesfürchtigen Mutter. Für einen kurzen Augenblick sinnierte ich, wie schön es wäre, auch an einen Gott und an eine Erlösung zu glauben. Aber ich dachte auch an Psalm 14: 'Die Toren sprechen in ihrem Herzen: 'Es ist kein Gott.'' Ich bin heute abend dieser Tor: "Ain Elohim!" Meine Bedenken verflogen schnell - neues und altes Liedgut der Züricher verschmolzen live zu einer kompakten, tiefschwarzen Einheit. Das bewiesen auch die folgenden Lieder "Necromantical Screams", "Babylon Fell (Jade Serpent)" und "Ground", zu dem das Publikum im Refrain lauthals mitsang. Auch zu diesen Stücken gab es "spezielle" Ansagen TOMs und MARTINs, die eng auf Messers Schneide zwischen persönlichem Seelen-Striptease und plakativem Schultheater balancierten - in meinen Augen aber immer ehrlich und nie ohne Stolz. Im Anschluß des Konzerts zerrissen sich jedenfalls viele Besucher, besonders der zahlreich anwesende Fun-Thrashfraktion, darüber das Maul. Eine innere Stimme sagte mir, daß es langsam auf das Ende zuging, aber die Black Metal-Götter zeigten sich an diesem Abend gnädig und kredenzten dem Pilger auf der letzten Wegstrecke noch den "Dethroned Emperor" und die "Morbid Tales". Die absolute Steigerung war jedoch die Bandhymne "Into the Crypt of Rays", in deren Anschluß sich die Gruppe auf der Bühne zu einer Art Zirkel zusammenschloß. In sich zusammengesunken intonierte man das letzte Stück des Abend, "Synagoga Satanae", welches in seiner ganzen Länge zelebriert wurde, leider von vielen, lauter werdenden "Kreator!"-Rufen gestört. Eine Zugabe war nicht drin und als Outro ertönte "Winter: Requiem/Chapter Three: Finale".
Der anschließende massive Publikumsaustauch zeigte noch mal, daß hier zwei unterschiedliche musikalische Welten aufeinandergestoßen waren. Nach ein paar Minuten präsentierte sich eine optisch rundumerneurte Bühne mit futuristischem Aufbau und einer Videoleinwand. JOHNNY CASHs Interpretation des DEPECHE MODE-Klassikers "Personal Jesus" ertönte und die Halle verdunkelte sich. Auch hier folgte mit "The Patriarch" ein zweites Intro (was soll das?). Zum Glück ertönten schnell die ersten Klänge von "Violent Revolution" und die Band um den BOB GELDOF des Thrash Metals, MILLE PETROZZA, unter anderem Gründungsmitglied VENTOR am Schlagzeug und SAMI YLI-SIRNIÖ (WALTARI) an der zweiten Gitarre, stürmte die Bühne. Im Anschluß versprach MILLE "80 Minuten Thrash-Gewitter" und hielt Wort. "Pleasure to Kill", "Some Pain will last" und "Enemy of God" ertönten. Es folgte "aus aktuellem Anlaß" die übliche Absage MILLEs an nationalsozialistisches Gedankengut in der jugendlichen Heavy Metal-Subkultur und das, das Thema aufgreifende, "People of the lie" vom 1990er Album "Coma of Souls". Wie auch CELTIC FROST gelang im Folgenden KREATOR der Spagat zwischen allen Phasen ihres Schaffens. Alte Gassenhauer wie "Awakening of the Gods" und "Betrayer" standen neuen Elaboraten wie "Phobia" und "Suicide Terrorist" gegenüber. Den Abschluß bildete "Reconquering the Throne" vom überzeugenden 2001er Thrash-Comebackalbum "Violent Revolution". Doch das Kölner Publikum ließ die Ruhrpotter natürlich nicht so schnell ziehen und sah einen kleinen, dreiteiligen Zusatzblock mit "Impossible Brutality", der seinem Namen alle Ehre machte, und den beiden Klassikern "Flag of hate" und "Tormentor". Ein gelungener Abend im Zeichen des Gehörnten!
Setlist Celtic Frost:
Procreation (Of The Wicked) Visions Of Mortality Circle Of The Tyrants The Usurper Ain Elohim Necromantical Screams Babylon Fell (Jade Serpent) Ground Dethroned Emperor Morbid Tales Into The Crypts Of Rays Synagoga Satanae
Setlist Kreator:
Violent Revolution Pleasure To Kill Some Pain Will Last Enemy Of God People Of The Lie Europe After The Rain Suicide Terrorist Awakening Of The Gods/Behind the Mirror Renewal Extreme Aggression Phobia Betrayer Voices Of The Dead Reconquering The Throne Impossible Brutality (Zugabe) Flag Of Hate (Zugabe) Tormentor (Zugabe)
Weitere Konzerttermine:
28.03. Stuttgart/Longhorn 29.03. Berlin/Columbia Club 05.04. Hamburg/Markthalle
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Verweise zum Artikel:
» Kreator
» Celtic Frost
» Watain
» Legion of the Damned
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» CELTIC FROST: Monotheist
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schöner konzert-rückblick - fein beobachtete und beschriebene randerscheinungen - werde mir das ganze mal im norden ansehen - das einzige, was ich noch gern wüsste: wie war der altersdurchschnitt? ich hatte mal zu pandemonium-zeiten mit martin zu tun und der sprach schon damals vom phänomen der ständigen erneuerung ihres publikums ("die werden einfach nicht älter"...