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Konzertbericht Nebelung in Bonn

Heimliches Rheinland


Konzertbericht Nebelung in Bonn
Kategorie: Spezial
Wörter: 813
Erstellt: 08.09.2006
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Ein schwätzendes Auditorium, eine bis zur Grenze der Peinlichkeit ausgelebte Selbstdarstellung der Besucher und im allgemeinen Trubel hoffnungslos untergehende Künstler auf der Bühne: All das ist mitnichten nur ein Abbild unserer heutigen Szene, sondern war dem schwedischen Dramatiker August Strindberg schon zur vorletzten Jahrhundertwende bekannt. Aus Verzweiflung (und weil seine scharfen, ätzenden Angriffe auf das schwedische Establishment ihm den Zugang zu den großen Bühnen verwehrten) gründete er sein Intimes Theater: Eine begrenzte Sitzzahl (in seinem Falle 150) sollte das Publikum zur Raison bringen und dadurch alle Aufmerksamkeit nur noch der Kunst zukommen. Ob diese Hintergründe dem Gründungsvater des Bonner Euro Theater Central, Claus Martheau, bekannt waren, entzieht sich meiner Kenntnis, aber sein Konzept des "intimen Einraumtheaters" knüpft zumindest unterbewußt an Strindbergs Idee an und will "einen Ort der persönlichen Begegnung" schaffen, was mit einer begrenzten Zahl von 45 Plätzen sicherlich gelungen ist.



Am 27. August gab die Neofolk-Hoffnung Nebelung nach mehr als einjähriger Bühnenabstinenz im besagten Euro Theater Central ein Gastspiel. Zuvor gaben sie dem jungen sächsisch-westfälischen Doppelensemble Quellenthal die Möglichkeit, sich bereits zum zweiten Mal dem Bonner Publikum zu präsentieren. Den meisten Lesern dürften sie bis dato vermutlich nur von ihrem Konzert mit Fire + Ice in Halle an der Saale bekannt sein. In meinen Augen eine gute Wahl der Nebel-Jungs, ergänzt sich die Musik der beiden Projekte doch vorzüglich. Da man sich in der Namenswahl von Ludwig Uhland inspirieren ließ, stammten dann auch viele Texte aus seiner Feder, aber auch Hesse, von Hoffmann-Fallersleben und von Droste-Hülshoff wurden vertont. Eine der Stärken Quellenthals ist neben dem Klarinettenspiel Mareks sicherlich die Tatsache, daß es sich hier um ein "gemischtes Doppel" handelt, das seine beiden Stimmen akzentuiert einzusetzen weiß. Dabei erinnert die Stimme von Marek zuweilen etwas an Rainhard Mey, was als Kompliment zu verstehen ist. Und obwohl man mit Es war einmal ein Fischer auch ein Lied der viel zu früh verstorbenen Öko-Schlagersängerin
Alexandra im Gepäck hat, ließ Quellenthal nie ein Gefühl von Hitparaden-Peinlichkeit aufkommen. Teilweise, wie bei Y nada más, kam auch eine Gastsängerin zum Einsatz. Ich bin mal gespannt, was da noch kommen mag, auch wenn man im Anschluß des Konzerts die Erwartungen auf ein noch für dieses Jahr angekündigtes Debüt auf Noltex etwas zurückschraubte. Insgesamt gesehen muß man aber konstatieren, daß die englischsprachigen Titel im Vergleich zum Rest etwas abfallen, obwohl ich mit Sicherheit kein Sprachpolizist bin.



Nebelung nutzte im Anschluß direkt den schon angesprochenen intimen Charakter des Theaters. Anfangs noch sichtlich von Nervösität geprägt, agierte das Duo zunehmend souveräner. Zu Beginn konzentrierte man sich auf die Lieder der Mini-CD Mistelteinn, angesichts dessen, daß es sich immer noch um die bekannteste Veröffentlichung der beiden handelt sicherlich ein kluges Unterfangen. Spätestens als zu Anfang von, ich meine, Reigen die Gruppe das Lied zunächst unterbrechen mußte, und man verdutzt das Publikum mangels Monitorboxen befragte, ob denn die Gitarren verstimmt seien, war das Eis gebrochen. 



Sogar der ruhige Gegenpol der Gruppe, Thomas List, kommunizierte nun mit dem Publikum, welches neben Regen in der Dämmerung "nur" noch unveröffentlichtes Material zu hören bekam, welches es aber dankbar annahm. Leider war der Spuk schon viel zu schnell vorbei, Stefan Otto und Thomas List ließen sich aber noch einmal zu einer (wenn auch schon vorher angekündigten) Zugabe auf die Bühne zurückrufen. Es folgte das zweite Lied der 7", Herbstwind, und Sturm von der Eisiges Licht II-Kompilation. Danach war dann auch wirklich Schluß und nicht nur die Band selbst war der Meinung, ihr bisher bestes Konzert absolviert zu haben. Auch sie maßen dabei der Örtlichkeit eine bedeutende Rolle am Erfolg zu. Man darf daher gespannt sein, wie sich Nebelung am 15. September zusammen mit Spiritual Front und Tonal Y Nagual in Erlangen und am 28. Oktober zusammen mit Ô Paradis, Hekate und
Gaë Bolg auf großen Bühnen präsentieren werden.



Songliste Quellenthal:

I. Morgenlied (Uhland)
II. Maiklage (Uhland)
III. O so in später Nacht... (Hesse)
IV. Das Thal (Uhland)
V. Sehnsucht nach dem Frühling (Hoffmann von Fallersleben)
VI. Again
VII. Winterreise (Uhland)
VIII. Ich denke Dein... (von Droste-Hülshoff)
IX. Glowworms
X. Die sanften Tage (Uhland)
XI. Y nada más 
XII. Es war einmal ein Fischer (Alexandra)
XIII. Jorinde & Joringel (nach den Brüdern Grimm)
XIV. Nowhere
XV. My only home (Goldbart/Goldoolins) [Zugabe]

Songliste Nebelung:

I. Mistelteinn
II. Abel und Kain (Baudelaire)
III. -
IV. Heimsuchung
V. Reigen (Hesse)
VI. Heimkehr
VII. Regen in der Dämmerung (von Hoffmannsthal)
VIII. Ausklang (Trakl)
IX. Lied nach Stefan George
X. Instrumental
XI. Einsamkeit
XII. Herbstwind [Zugabe]
XIII. Sturm [Zugabe]


 
für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Nebelung
» Quellenthal

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