Ô Paradis :: El Juego Negro

Genre: Post-Pop
Verlag: Autre Que
Vertrieb: TESCO
Erscheinungsdatum:
21.09.2005
Medium: Vinyl 7''
Preis: ~16,00 €
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Kategorie: Rezension
Erstellt: 15.10.2005
Wörter: 526
Artikelbewertung:

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Eine neue EP des außergewöhnlichen, katalanischen Projektes Ô PARADIS kommt uns auf schwarzen Schwingen als kleiner Vorgeschmack für das inzwischen nun auch erschienene neue Album "La Boca Del Infierno" ins Haus geflattert. So, am besten noch schnell die Fakten, bevor ich mich mal wieder in einer sentimental umnebelnden Ekstase verliere:
Vier neue Stücke, zwei davon mit dem Exilwiener Jürgen Weber aufgenommen, veröffentlicht wurde das ganze auf einer schweren weißen 7" Platte von dem neuen französischen Label AUTRE QUE, hinter welchem niemand geringeres als die Kollegen Nathalie und Ian vom HEIMDALLR Magazin stecken. Und gleich vorweg - Band und Label haben exzellente Arbeit geleistet.
Jetzt können wir uns kopfüber ins schwarze Spiel des Lebens stürzen, das sich manchmal wie ein emotionsgeladenes Knäuel aus Schmerz und Lachen, Trauer und Glück anfühlt und uns drückend in den Hälsen steckt. "Black Wings" zieht den Hörer gleich ins Innere der verwirrten Stränge hinein, in ein riskantes Spiel ohne Regeln, das nur den Launen des Schicksals verpflichtet ist. Ein verrückter Trip mit stark berauschtem, ungestümen Gesang, deftigem Rhythmus und sonnigem Glockenspiel, ja irgendwie lässt das alles noch einmal eine sommerliche Stimmung durchglühen. Aber dieser Sommer hier ist anders, düster, völlig abgedreht und heiser. Und wer sich von diesen psychedelischen Ausbrüchen nicht unterkriegen lässt, der kann zu Demians loungigem Bassloop sogar entspannt mitwippen. Wirklich ein wahnsinniges Stück und vielleicht sogar das wahnsinnigste, das man bisher aus Katalonien vernommen hat.
"30 Monedas" erzählt uns die Geschichte des Verrats an Christus und dessen Vision im Garten Gethsemane, die Demian mit sehr viel Hingabe und trauernder Liebe auf dem Rücken der schwermütigen Perkussion vorträgt. Das ganze Lied lebt von einer sehr dichten Symbolkraft, der das schlichte, religiöse Antlitz Schönheit und Farbe verleiht. "Nur dreißig Silbermünzen" heißt es im Refrain, melodisch ein wenig an ein melancholischeres "Guantanamera" erinnernd. Hier ist Ô PARADIS sehr nah an einem verfeinerten Stil dran, der sich seit der letzten Single "Desterrado" herauskristallisiert zu haben scheint.
Seite B beginnt mit einer leisen, langsamen und todtraurigen Komposition, die vielleicht auch auf "Destello De Estrellas En La Frente" gepasst hätte. Kein wirklich spektakuläres Stück, aber trotzdem mein persönlicher Favorit auf dieser EP. Irgendwie will ich auch den Eindruck nicht losbekommen, dass immer wenn Jürgen in einen englischen Sprechgesang verfällt, weniger seiner Stimme aber umso mehr der ganzen Atmosphäre etwas minimalistisch-sakrales der neueren ruhigen COIL Aufnahmen anhaftet.
Zum Abschluss gibt es noch eine kleine Überraschung. Demian macht sich an Bowie's/Iggy Pop's "Funtime" zu schaffen, das er in das mediterrane Flair und Ô PARADIS typische Klanggewand eingewickelt hat, welches sich auch dann nicht wegdenken lässt, wenn er Ig's Lied mit niedlichlustigem Englisch und verzerrtem Gesang interpretiert.
Gepresst auf qualitativ hochwertigem Vinyl und umhüllt von einer hochglänzenden Stecktasche wird "El Juego Negro" zu einem richtigen Kleinod für den spanienbegeisterten Musikkenner avancieren. Demian schenkt uns hier einen intensiven Einblick in die tausendgesichtige Seele von Ô PARADIS, in der die Tiefen und Untiefen des Lebens ihren unnachgiebigen Zauber einkerbten. Mit einem kindlichen Lächeln auf den Lippen und einer Träne in den nachdenklichen Augen, hängt er die schwarzen Engelsflügel wieder an den Nagel. "El Juego Negro" wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben.