Es ist davon auszugehen, daß eingefleischte INADE Liebhaber diese fulminante 4fach CD Box bereits besitzen, immerhin ist sie seit dem diesjährigen WGT im Handel erhältlich. Für alle, die sich mit INADE jedoch noch nicht so gut auskennen, lohnt sich eine Rezension dennoch. Zunächst die grundlegensten Fakten: INADE, ursprünglich beheimatet im Erzgebirge, ist sozusagen das Heimprojekt des LOKI FOUNDATION Labels, welches sich vor allem durch hervorragende Veröffentlichungen im Bereich ritueller Dark- Ambient international einen sehr guten Ruf geschaffen hat. Ein wichtiges Merkmal des typischen INADE- Dark Ambients besteht darin, daß ab und an die menschliche (und männliche) Stimme als zusätzliches, lautmalerisches Element, beschwörenden Mantra- Formeln gleich, eingesetzt wird. Weiter versteht man es hin und wieder martialisch wirkende Stilemente (Schlagwerk) dem Sound hinzuzufügen, so daß INADE im engeren Sinne gar kein reines Ambient- Projekt sind. Dies, aber auch das sich Begründungsversuchen entziehende Faktum, daß ihre Tonkunst einfach wirkt, wie sie wirken soll, liessen INADE über die Jahre zum wohl aufregendsten Vertreter des Dark Ambient seit LUSTMORD heranreifen, als deren Weiterentwicklung sie in vielerlei Hinsicht zu sehen sind. Traditionell versteht sich die Ambient- Musik mit ihren Klangflächen und auf Wiederholung abzielenden Elementen als Hintergrundmusik, die, wenn sie gut ist, im Stande sein muss, die Wahrnehmungen des Raumes zu färben und zu beeinflußen. INADE leisten dies, und doch möchten sie mehr auslösen. Durch subtile ästhetische und begriffliche Hinweise auf sie prägende weltanschauliche Inspirationsquellen, vor allem ist dies der okkulte Untergrund im Deutschland des frühen 20. Jahrhunderts, setzten sie sich in der Vorstellung der Rezipienten als ein Projekt fest, was "mehr" will, vielleicht "geheime Botschaften" aussenden? uns ideologisch beeinflußen?. Kurz, INADE ist es gelungen Projektionsfläche für Freund und Feind zu sein. Die Tatsache, daß der Begriff INADE "nicht einmal" etwas klar zu definierendes bedeutet, verstärkt diesen Effekt nur noch. Soviel zur Einleitung und zurück zu den Fakten der CD- Box. Geboten werden hier vier, vermutlich klangtechnisch etwas nachbearbeitete, Liveaufnahmen des Projekts aus verschiedenen Jahren. CD 1 Konzerte in Esterhofen, Dresden, Rostock und Prag von 1995-1997. CD 2 Konzerte aus Erlangen, London, Leeds, New York und Cleveland von 1998-2000. CD 3 Konzerte in Lille, Toronto, Frederick und Prag von 1998-2002 und CD 4 mit Konzerten in Berlin, Moskau und St. Petersburg von 2002-2002. Da natürlich nicht nerviges Klatschen und dergleichen zu hören ist, darf die ganze Box durchaus als großangelegte Retrospektive und großzügige "Best Of" gewertet werden, zumal die Auswahl der Stücke recht gut Einblicke in frühere, heute nur äußerst schwer zu bekommende Vinyl- Veröffentlichungen, etwa die " The Axxiarm Armplains" 7" (1995), "The Flood Of The White Light" 10" (1997) und die "V.I.T.R.I.O.L." 7" (1999), verschafft oder Beiträge von recht obskuren Zusammenstellungen bietet, z.B. "Traumbrecht" von "Wenn alle Brüder Schweigen". Beigelegt ist der Box ein ausführlicher, englischer Begleittext zur Geschichte der Ambient- Musik und INADE, verfasst von Marcus Stiglegger (Auf Deutsch kann der gleiche Text in einer etwas längeren Form in M. Stigleggers IKONEN # 6 nachgelesen werden). Fazit: Die Box sollte man schon sein Eigen nennen, vor allem weil sie auf rund 160 Minuten einen Einblick in das Werk INADEs ermöglicht (eventuell reicht das dann demjenigen, der nur mal ausführlich reinschnuppern will auch. Wahrscheinlicher ist es aber, daß man sich fortan bemüht auch die anderen Tonträger zu erstehen) und noch entscheidender, aber auch deshalb, weil "Colliding Dimensions" zeigen kann, was, im weitesten Sinne, Dark-Ambient, jenes Genre, welches immer in Gefahr steht in dümmlichsten Horror- Mumpitz abzugleiten, auch sein kann, nämlich tatsächlich Tonkunst zur Erweiterung der "Pforten der Wahrnehmung!" und im Fall INADE eben auch eine faszinierende Reise in die Winkel des Geheimen Deutschlands und in die Gehirnströme "barfüßiger Propheten". Möge die LOKI FOUNDATION weiterhin unsere Sensibiltät schärfen!
Dominik T. für nonpop.de
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