THE PHANTOM STRING ist das Post-Industrial-/Dark-Ambient-Projekt des bereits seit geraumer Zeit – allerdings in gänzlich anderen musikalischen Gefilden – aktiven Bad Harzburgers OLAF KUJAT, der mit "Primus" nun ein bemerkenswert überzeugendes Debütalbum vorlegt, das, so der Promotext, eine Tür öffnen will, "die in die verlassenen Räume eines stillgelegten Industriekomplexes führt, denen eine gewisse Paranormalität innewohnt". Wer sich angesichts einer solch grundstürzend innovativen Charakterisierung nun freilich zu spontanem Gähnen und Weiterskippen bemüßigt sieht, dem sei an dieser Stelle mit Verve Einhalt geboten, denn es lohnt sich wirklich, wirklich, wirklich, "Primus" eine Chance zu geben und das Album in Ruhe auf sich wirken zu lassen.
Der Künstler selbst sieht sich u. a. in der Tradition des altgedienten deutschen Projektes SIELWOLF, dessen jüngere Veröffentlichungen bekanntlich weniger dem Industrial-Metal früherer Tage verpflichtet sind, sondern für jenen tendenziell kontemplativen Post Industrial stehen, den auch KUJAT auf "Primus" ebenso souverän wie stilsicher zelebriert. "Wem Stalker gefällt, oder wer gern die Räume der Nostromo erkunden würde, dem wird Primus gefallen", so verkündet der Promotext selbstbewusst, und man ist geneigt, bedenkenlos beizupflichten, denn das Album löst die solchermaßen beim Rezipienten generierten Erwartungen durchaus gewissenhaft ein: Die Atmosphäre kann durchgängig als dunkel und abgründig beschrieben werden, der Schwerpunkt liegt klar auf dem Dark-Ambient-Aspekt, während das instrumentelle Spektrum von elektronischem Equipment über diverse Field Recordings und allerhand Metal-Junk-Gerumpel bis hin zu klassischen akustischen Instrumenten reicht, der Begleittext verweist zudem noch auf "Kurioses, wie z.B. einen sprechenden Grill" (sic!) – der ist dem Rezensenten zwar nicht explizit aufgefallen, doch dürfte dies angesichts der potentiellen atmosphärischen Kollateralschäden, die durch dergleichen überoriginelle Ingredienzen entstehen können, grundsätzlich positiv zu werten sein. Will man Vergleiche heranziehen, so bewegt sich "Primus" irgendwo zwischen den besagten SIELWOLF, Tribal Industrial à la ZOVIET FRANCE oder DEAD VOICES ON AIR und klassischem Dark Ambient, zudem weist die CD ganz generell eine durchgängige Affinität zum Old-School-Sound der 1990er-Jahre auf – man denke an SCORN, STONE GLASS STEEL oder CONTAGIOUS ORGASM, um das Feld einmal möglichst weiträumig abzustecken.
Es ist also durchaus zutreffend, wenn KUJAT sein Album im Portfolio als eine "düstere Melange aus Elektronik, exotischen Instrumenten, Maschinengeräuschen sowie verfremdeten Klängen von Gegenständen in vielfältigen Arrangements" beschreibt: "Primus" präsentiert sich durchgängig abwechslungsreich, ebenso komplex wie kohärent und stimmig konzipiert, verfolgt eine klare Linie und lässt tatsächlich keine Langeweile beim Hörer aufkommen. Drei Tracks haben sich indes als des Rezensenten persönliche Hits herauskristallisiert: Da wäre zum einen der dezidiert rhythmische, ja: subtil verspielte und in den Elektronika-Bereich diffundierende Track "Rayonnade", der melancholische, meditativ-getragene Ohrwurm "Chamber IV" sowie das, dem Titel entsprechend leicht klaustrophobisch tönende, doch unaufhaltsam in die Gehörgänge sich hineinarbeitende "Corridor", das die musikalische Gesamtgemengelage, in der sich THE PHANTOM STRING bewegt, wohl am besten auf den Punkt bringt. Unterm Strich bleibt noch einmal ausdrücklich zu betonen, dass dem Rezensenten schon lange kein dermaßen harmonisch abgeschmecktes Debütalbum mehr untergekommen ist – Rrrrrespekt!
Die CD erscheint im 4-Panel-DigiPak und ist entweder direkt über den Künstler oder aber via Amazon erhältlich. THE PHANTOM SPRING versteht sich übrigens als reines Studioprojekt, Pläne für Live-Auftritte existieren demgemäß also nicht – will heißen, wer Interesse an einer näheren Inaugen- bzw. -ohrenscheinnahme hat, kommt um die Anschaffung der CD nicht herum. Doch die lohnt sich, wie gesagt, allemal: "Aber genug der Worte, als Kenner von Dark Ambient und Industrial sollten Sie sich die Zeit nehmen, das Album zu hören", so schließen OLAF KUJATs eigene Ausführungen zu "Primus" – und was soll man sagen? Wo der Mann recht hat, hat er recht.
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Zusammenfassung
Souverän und stimmig eingespieltes Debütalbum, das stilsicher zwischen Dark Ambient und Post Industrial mit subtilem Old-School-G'schmäckle irgendwo zwischen SIELWOLF, ZOVIET*FRANCE und SCORN changiert. Vielversprechender Einstieg eines neuen Projektes, der Lust auf mehr macht.