VARIOUS: The Moon Bog - Other Tours

Nach längerer Sendepause habe ich mich über einen Newsletter von SEA STATE gefreut. Dem Label von HANS JOHM alias ANTLERS MULM, einem meiner absoluten NONPOP-Lieblingsmusiker. Angekündigt wurden darin diverse Neuauflagen der zuletzt erschienenen AM-CD "Touring The Moon Bog" (Besprechung) auf verschiedenen Labels. Am spannendsten ist dabei die Compilation "The Moon Bog: Other Tours", bei der es sich um ein Remix-Album handelt. ANTLERS MULM nahe stehende Projekte wie LLOVESPELL oder REUTOFF haben sich je einen Song des Originals vorgenommen und ihn zum Teil deutlich verändert, so dass der minimale Elektrosound hier oft einen anderen, aber immer passenden neuen Mantel bekommt. Die Titelreihenfolge wurde dafür komplett durchgemischt. Erschienen ist das Tape in kleiner Auflage - allerdings sind unbegrenzt Downloads verfügbar - auf NEN RECORDS, dem Label von KONSTANTIN MEZER (SAL SOLARIS).

In "Give And Take" (01) ist die Stimme von HANS, wie in vielen der folgenden Stücke, deutlich verwehter, löst sich teils fast auf. Das treibende Ambiente des Originals läuft durch zarte Watte und wirkt dadurch etwas gedämpfter. Auch "Fold Up" (02) hat dieses verwaschene, traumhafte Wesen. In das Ambientstück hinein treten maschinelle Sounds und noisig zerrende Effekte, die Stimme bleibt wieder eher im Hintergrund. Manchmal geht es im Gegensatz zum Original sogar ganz ohne, wie in "Sunlight" (03), hier aufgelegt als Minimal Techno-Variante. Auch "Trainee" (04), bearbeitet von FRANK MACHAU (ORPLID), schaltet einen Gang zurück, leises Knistern und Bratzeln verstärkt den unwirklichen, schemenhaften Eindruck, allerdings überraschen Reggae-ähnliche Klänge gegen Ende. "Unicorn14" (05) hat HANS selbst neu bearbeitet, mit einem Skalpell Schicht um Schicht abgetrennt, bis ein droniges Bett und leiernde Sprache sowie einige Dots und Beats übriggeblieben. Eine Perle ist "Universal History Of Joy" (06). Aus dem trockenen und gradlinigen Original machen die russischen Neofolker SUNSET WINGS einen verspielten, akustischen (Neo)Folktrack mit Streichern und Gitarre, ein wenig in Richtung von OTWATM.
Mal tauchen mehr technoide Beats auf, mal ist ein Lied noisig verkratzt, aber stark sind vor allem die Stücke, die leichter und verspielter wirken als im Original. "In Reverse" (08) etwa bekommt durch einige Handgriffe mehr Flow und enorme Dichte, auch "Handrail" (10) hat mehr Breite rund um die Stimme und wandelt sich zum Synthiepop. Als Abschluss wächst das winterliche "World Stops Turning" (12) in den Händen von REUTOFF von knapp drei auf mehr als zwölf Minuten, bekommt die typisch industrielle Klanglandschaft der Russen verpasst.

Als ob man Musik von ANTLERS MULM träumt. Irgendwo im Hintergrund sind die Originale, erkennbar an vielen typischen AM-Elementen, aber - wie es halt im Traum so ist - dazu stoßen allerhand unvorhersehbare, bunte oder leichte, düstere oder hüpfende Schemen. Wie ein Wechsel des Blickwinkels oder der Farbe ist diese Remix-Kassette sehr gut geeignet, um die Musik von ANTLERS MULM neu zu entdecken und die Wirkung der Veränderungen auf die zwölf Songs zu erforschen.

Die Veröffentlichung erscheint übrigens in zwei Varianten: Als Doppel-Tape mit neu gemastertem Originalalbum plus Remix-Band, und als einzelne Kassette 'Remix only'.

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