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Tony F.

S. ALEXANDER REED: Assimilate - ...

A Critical History Of Industrial Music


S. ALEXANDER REED: Assimilate - ...
Kategorie: Rezension
Wörter: 597
Erscheinungsdatum:
Juli 2013
Medium: Buch
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Literatur – noch dazu gute und kundige – über subkulturelle Musik zu finden ist ja nicht immer einfach. In den letzten Jahren werden aber gefühlt vermehrt Bücher veröffentlicht, die sich auch „randständigeren“ Musikstilen oder Bands nähern. Verbunden mit dem Post Punk- und Retro-Hype der letzten Jahre verwundert es also nicht, dass ein Buch wie „Assimilate – A Critical History of Industrial Music“ erscheint. Der Professor für Musik S. ALEXANDER REED hat sich jedenfalls aufgemacht, eine umfassende geschichtliche Aufarbeitung vorzunehmen, die die Wurzeln und Einflüsse der Industrial Music beleuchtet, aber auch die weitere Entwicklung berücksichtigt.

Was die Wurzeln angeht, so zeigt REED eine stringente Linie über die italienischen Futuristen, über natürlich BURROUGHS mit seiner Cut-up Technik hin zu den Anfängen von THROBBING GRISTLE und CABARET VOLTAIRE. Dabei beleuchtet er den Kern der Industrial Music in Bezug auf die Themen Eigen- und/oder Fremdkontrolle, Konditionierung und auf den Ansatz der Deprogrammierung – und natürlich das Element der Maschine. Auf die bekannten Bands der ersten und zweiten Welle und auf die wichtigen Schmelztiegel in Großbritannien, in den USA und in Deutschland geht er zwar ein, aber hier sollte niemand auf eine ausufernde Historie von einzelnen Bands setzen. Selbst – ebenfalls – Übersichtsbücher wie „Rip It Up And Start Again“ von SIMON REYNOLDS sind in Bezug auf die Hauptprotagonisten der ersten Welle tatsächlich ausführlicher.

Später diskutiert REED noch einige oft sehr theoretische Denkansätze (Faschismusdiskussion, das weitgehend fehlende weibliche Element, der Tod, etc.), denen man nicht immer folgen muss und schreibt die Geschichte der Industrial Music anhand ihrer Popularisierung fort. D.h. angefangen mit der Verbesserung und Konditionierung (ja, liebe Industrial-Freunde – Achtung Falle!) der Produktionsmittel (Sequenzer, Drummachines, programmierbare Synthesizer etc.) und angelehnt an die Hinwendung zum Pop von Bands wie CABARET VOLTAIRE oder SPK geht er den Spuren in Richtung Electronic Body Music (EBM), WaxTrax!-Sound und Industrial-Rock weiter nach. Irgendwann landet man dann, wenn auch nur kurz, sogar beim Future Pop oder ähnlichem Mist. Die eher dem traditionellen Industrial verhafteten Labels wie TESCO, COLD MEAT INDUSTRY, STAALPLAAT etc. oder auch Entwicklungen wie Power Electronics, Death Industrial oder auch Dark Ambient widmet man sich hingegen allenfalls in Nebensätzen. Etwas verschenkt scheint mir zudem der extrem kurze Abriss über die Verbindung, das Spannungsverhältnis und die Wandlung im Ansatz zwischen Industrial Music und Neofolk zu sein.

Aus meiner Sicht kritisch anzumerken ist zudem eine etwas störende Ungenauigkeit in der Abgrenzung, die bei der Herleitung von Musik schon wichtig ist. REED spannt den Industrial-Begriff relativ weit. So ist von THROBBING GRISTLE, über EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN bis hin zu DAF oder zu den Minimal-Elektronikern von ABSOLUTE BODY CONTROL irgendwie alles Industrial Music – auch hier ist REYNOLDS genauer. Nimmt man hier mal das Beispiel DAF, so gibt es sicher gewisse Gemeinsamkeiten und Ansätze, wobei DAF dann aber doch eher einem (Post) Punk-Umfeld zuzuordnen sind. Und wenn REED in Richtung Vancouver-Electro-Industrial oder EBM schaut, unterschlägt er den großen Einfluss von KRAFTWERK auf Musik und Themensetzung – wobei KRAFTWERK – da sind sich wohl alle einig – sicher nicht dem Industrial zuzuordnen sind.

Insgesamt legt REED ein durchaus interessantes Buch vor, das gerade bei der Beleuchtung der historischen Wurzeln der Industrial Music punktet. Für Leute, die mit EBM, Industrial-Rock u.Ä. etwas anfangen können, so wie ich oder die schlicht Musikfans sind, ist zudem ebenfalls für Stimmung gesorgt. Den wirklichen Industrial-Nerd dürfte man allerdings irgendwann verlieren, da die meisten Informationen für den emsigen Biographie-, Fanzine- und Magazin-Leser nicht neu sein dürften und man insgesamt letztendlich an der eher populären Oberfläche des Ganzen bleibt. Eine willkommene Ergänzung ist dieses Buch aber allemal.

 
Tony F. für nonpop.de



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