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LAIBACH in der Volksbühne (Berlin)


LAIBACH in der Volksbühne (Berlin)
Kategorie: Rezension
Wörter: 1023
Erstellt: 20.10.2003
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Autor: Axel

Vergangene Woche bescherten uns LAIBACH in Berlin zwei Konzerte ihrer aktuellen WAT – Tour und hinterließen einen widersprüchlichen aber dennoch intensiven und starken Eindruck ihrer Tonkunst ...

'Was erwartet man von einem LAIBACH Konzert ?', mag man sich fragen und sich darüber im Klaren sein, dass die Zeiten von "Macbeth" oder "Neu Konservatiw", skandalösen Ljubljana – NSK Aktionen und experimentellen Orchestralkonzerten wahrscheinlich lange vorbei sind. LAIBACH sind enorm gewachsen, sehr groß und berühmt geworden und mittlerweile selbst in jedem einigermaßen gut sortierten Saturn oder gar Mediamarkt erhältlich.
Man kann dazu stehen wie man will, Fakt ist, LAIBACH haben allerspätestens nach der "NATO" und ähnlichen Dingen keinen Hehl daraus gemacht, einen ganz eigenen Weg zu beschreiten, der immer bewußt messerscharf am Rand von Mainstream Bereichen der Musik entlangführte, die Leute verwirrte, verstieß, neue Anhänger hinzugewann und am Ende noch immer eine Faszination verbreitet, die bis heute anhält.

So oder ähnlich war es auch mit der Veröffentlichung des diesjährigen Albums "WAT" unter dessen geheimnisvollen Banner auch die momentane Tour läuft und angesichts des für mich eher weniger überraschenden Elektrobeatcharakters dieser Scheibe war meine persönliche Erwartung an das Konzert auch nicht erfüllt von großartigen Neuerungen oder ganz extremen und neuen künstlerischen Perspektiven.
Die Vorfreude war trotz allem groß, wie sie wohl bei sehr vielen gewesen sein muß, denn am Mittwochabend des 15.10.03 war das Foyer der Volksbühne, inzwischen klassischer Ort für Auftritte von MUTE Acts in Berlin, schon zeitig gut gefüllt. Karten gab's zwar immer noch, immerhin sollte am nächsten Abend das Ganze nocheinmal stattfinden, aber es drohte bald recht voll und warm zu werden.

Mit einiger Verspätung, gegen 21.15 Uhr, wurde der große Saal geöffnet, und alles stürzte hinein, um je nach eigenem Gutdünken die besten Plätze zu ergattern.

Auf der Bühne: enorme Lichtinstallationen vor riesiger Leinwand und das übliche Instrumentarium. Aus den Boxen erst gehaltvolle Klassik zur Einstimmung, später dann, begleitet von einem hektischem Uhrticken, Wiener – und Kaiserwalzer, bei dessen letzten Takten (Uhrzeit etwa 22.00 Uhr) das Saallicht schließlich erlosch und unter viel Nebel, der uns von zwei wuchtigen Propellern sofort ins Gesicht geblasen wurde, die Band erschien.

Mit unwahrscheinlicher Gewalt und Massivität brach das Intro "B Mashina" aus dem "WAT" Album über uns herein und steigerte sich zu einer beinahe unerträglichen, alles plättenden Laustärke, dass ich insgeheim schon um die Anlage bzw. mein Gehör fürchtete.
Dann marschierte gewohnt hoheitsvoll Sänger Milan in üblicher Montur als letzter ein und los gings.

Wer nun die optische Provokation gemäß den neuesten Promobildern aus dem Internet und der CD erwartetet hatte, wurde hier sicherlich etwas enttäuscht. Zwar einheitlich schwarz mit Stiefeln bekleidet, wirkte die Gruppe aber längst nicht so militant uniformiert, wie auf den genannten Abbildungen, sondern boten eher das typische Rock Line – Up, mit Schlagzeug, Bass, Gitarre und Keyboard, welches schon von früheren Konzerten (siehe Leipzig, WGT) zum gewohnten Bild gehört.
Aber all dies wird nebensächlich, wenn klar wird, was für eine besondere, schwere, noch immer wagnerianische Ästhetik LAIBACH allein durch die Umsetzung der Musik und der Zelebrierung durch den Sänger zu erzeugen imstande sind!

So folgte nach dem Intro ein repräsentativer Querschnitt aus dem neuen Album, mit "Now You Will Pay", "Du Bist Unser", "Das Spiel Ist Aus" usw. und natürlich "Tanz Mit Laibach", bei dem zwei anmutig uniformierte, sportliche Damen zu beiden Seiten des Frontmannes an den Snaredrums Stellung bezogen und von nun an der Darbietung abwechselnd mit Backing Vocals, synchronen Trommelschlägen und verschiedenen Gymnastikübungen einen seltsamen Anstrich aus Martialität, Albernheit, billigem Popklischee und Sexappeal verliehen.

Und spätestens hier werden viele mit Stirnrunzeln der sehr elektronisch-tanzbaren LAIBACH Version dieser Tage entgegengeblickt haben. Selbst für meinen Geschmack war es streckenweise beinahe zu viel des Guten an dumpf dröhnenden BPM's.
Und dennoch, ich bleibe dabei, LAIBACH sind auch hier etwas Besonderes. Abgesehen von einer gnadenlos professionellen, musikalischen und soundtechnischen Qualität sowie opulentester und blendender Lichteffekte, sollten sich Kritiker stets vor Augen halten, daß bei LAIBACH eigentlich nie etwas ohne tiefere Überlegung und um der schnellen Effekthascherei Willen geschieht und auch wenn die neuen Stücke eben diesen scheinbar billigen Tanzflächensound aufweisen, ist die Musik als Gesamtwerk doch bei weitem zu unterscheiden von den vielzitierten Durchschnittsvergleichen.

So gab das Konzert letztlich ein schlüssiges Bild zum aktuellen Album hinsichtlich einer gezielt verborgenen Ironie, mit der dieser musikalische Angriff auf die momentane Zeit und die Gesellschaft auch verstanden werden kann.

In diesem Sinne waren ganz offensichtliche Anleihen an die Kollegen von DAF mit einem sehr flinken aber dem Original unterlegenen Cover von "Alle Gegen Alle" zu vernehmen, wie auch bei allen Stücken im Hintergrund verschiedene, mehr oder weniger verständnisfördernde Filmsequenzen, einschließlich des offiziellen Video's zur Single abgespielt wurden. Mit seiner Strenge und vieldeutigen Gestik zog LAIBACH Frontmann Milan die Aufmerksamkeit des Publikums größtenteils auf sich, während die übrigen Musiker im Hintergrund blieben, mitunter nur durch harmonischen Chorgesang auffallend.

Ein Kritikpunkt meinerseits bezieht sich auf eine gewisse Statik und Kühle des gesamten Auftritts, die vielleicht bei allzu überzogener Länge der Stücke in Langeweile ausgeartet wäre. Aber das mag aus meiner Sicht auch an dem Dilemma liegen, dem man als Konzertgänger im großen Saal der Volksbühne unterliegt, bei solcher Musik eben fest am Platz sitzen zu müssen, anstelle zu tanzen, wie es hier wohl auch gepasst hätte. Ein paar versuchten das dann auch hin und wieder, aber die Allgemeinstimmung war doch leicht verhalten.
Nach einer guten Stunde war der Gig vorbei und LAIBACH ließen sich recht lange bitten, bis sie dann aber immerhin nocheinmal eine reichliche halbe Stunde Zugaben spielten. Dieser zweite Teil des Konzertes wirkte auf mich gelungener, mit Titeln, wie "Sympathy For Devil", "God Is God" o.ä. kam hier ein wenig mehr der alten Laibach Brachialität zum Vorschein.

Dann verabschiedeten sie sich und das angehende Deckenlicht war Zeichen für das vollständige Ende der Show.

Während sich draußen die Leute noch um die ziemlich teuren Merchandising Artikel scharten, überlegte ich, ob mir nun dieses Konzert gefallen hatte oder nicht. Aber aller Ambivalenzen zum Trotz kann ich noch immer guten Gewissens zu "Du bist Unser", "Ja, ich bin Euer ..." hinzufügen ...


 
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