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Dominik T.

IN RUIN: A Ghost To Be Forgotten

Neofolk auf dem DARKWOOD-Label


IN RUIN: A Ghost To Be Forgotten
Genre: Neofolk
Verlag: HeidenVolk
Medium: CD
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Alles was man zu der US-amerikanischen Formation IN RUIN wissen muss, scheint recht unspektakulär und schnell erzählt. Vermutlich um 2001-2003 irgendwo in den USA gegründet, 2003 das Demo „Seeds Of The Past“, inklusive „Oh Coal Black Smith“- CURRENT 93-"Coverversion" (Ist eh ein Traditional...), aufgenommen, ein Jahr später wieder eine Art CD-R Demo, und im gleichen Zeitraum folgt bereits eine Wiederveröffentlichung des ersten Demos über BUNKIER PRODUCTIONS, jenes etwas obskure polnische Label, das es sich offenbar zur Aufgabe gemacht hat, jedes zarte Neofolkpflänzchen, das in der westlichen Hemisphäre im Entstehen begriffen ist, direkt einer kleinen, aber dafür umso (neu)gierigeren weltweiten Neofolk-Community vorzustellen.
Irgendwie und irgendwann muss IN RUIN dann also HENRYK VOGEL von DARKWOOD zu Ohren gekommen sein, der sich beeindruckt zeigte. Mit den beiden hauptamtlichen IN RUIN-Musikern TERRY COLLIA (Gitarre, Gesang und Effekte) und ALEX HATHAWAY (Bass, Flöte, Piano usw.) wurde sogleich eine künstlerische Kollaboration ausgemacht, KIM LARSEN (:OF THE WAND AND THE MOON:) und noch ein paar weitere Musiker hinzugeholt. Das Ergebnis ist nun das Album „A Ghost To Be Forgotten“, welches auf dem eigentlich DARKWOOD vorbehaltenen HEIDENVOLK-Label vorliegt („weil es im gewissen Sinne wieder eine Kollaboration darstellt“, so VOGEL im :IKONEN: # 11 Gespräch).
Deutlich wird hier bereits vor jeder Musikbeschreibung: Es handelt sich um einen Tonträger aus der Mitte der Neofolkszene, Musik von und für Liebhaber des Genres. Und ganz so, als wollten IN RUIN unterstreichen, dass „sie Neofolk sind“, finden sich auf ihrer Myspace-Seite unter „klingt wie“ zunächst einmal ganz ungeniert DEATH IN JUNE, :OF THE WAND AND THE MOON:, SOL INVICTUS, STRENGTH THROUGH JOY und Konsorten, lediglich die Angabe von THE SWANS, ULVER, TENHI stellt eine Ausnahme dar im freimütig angegebenen, vermeintlich engen Korsett, gekrönt wird dies übrigens noch mit der Anmerkung, die Hauptinspiration seien „Alcohol, Music and Misanthropy“. Was ist von all dem zu halten? Zunächst einmal dies, dass IN RUIN tatsächlich zu keiner Sekunde Musik spielen, die man als besonders „neu-artig“ und auch nicht unbedingt als „originell“ betiteln könnte, dennoch geht es bedeutend weniger „neofolkig“ zu, als man das erwarten konnte. Jedenfalls dann nicht, wenn man darunter Lagerfeuerklampfe und einen eher preußischen Anti-Rock Gestus versteht. Was als aller erstes ins Ohr springt, ist der Eindruck einer großen musikalischen Verehrung, ja Verneigung vor :OF THE WAND AND THE MOON:, was, mit Verlaub, auch ein klein bisschen lustig wirkt, denn :OTWATM: verneigen sich ja schon seit Gründung ausgiebig vor den DEATH IN JUNE der „But What Ends.../Rose Clouds...“-Zeit. Warum sich also vor Verneigern verneigen?, fallen da nicht alle übereinander irgendwann? Antwort: Ja, schon, es hat aber auch alles seinen hintergründigen, von den Musikern gar nicht beachteten Sinn so. Man gestatte mir dazu bitte folgenden Exkurs:

Auf diesen Sinn stößt derjenige, der sich fragt, warum :OF THE WAND AND THE MOON: eigentlich so beliebt unter Black Metallern sind. Sie sind es nicht nur wegen den metallischen Vertriebswegen zu Beginn ihrer Karriere, sondern weil eine durch ULVER, STORM, EMPYRIUM und WONGRAVEN entsprechend vorbereitete Metalhörerschaft es naheliegend fand, sich zuerst mit den Dänen zu beschäftigen, während das Original DEATH IN JUNE noch zu fremd wirkte. Festmachen lässt sich das an dem :OTWATM:-Stück „Gal Anda“ (auf ":Emptiness:Emptiness:Emptiness:"), diese Flöte im Mittelteil ist viel zu episch (Man könnte auch „kitschig“ sagen.) eingesetzt, so etwas können sich nur von „der Natur“ faszinierte Ex-Metaller ausdenken. (Wohingegen Alt-Punker wie DOUGLAS P. bekanntlich eine swingende Trompete vorziehen.) Dieses Beispiel soll zeigen, dass :OTWATM:, aber auch z.B. HAGALAZ RUNEDANCE  ihren Teil dazu beitrugen, den Postpunk-Folk der „World Serpent-Family“ sukzessive und nahezu unmerklich „Pagan Metal-geschmeidig“ zu machen. Grundsätzlich war das eine prima Sache, führte dies doch zu neuen musikalischen Synergien. Eine Band wie AGALLOCH wurde so möglich, aber auch NEBELUNG und irgendwie auch GRAUMAHD sind Kinder dieser Entwicklung.

Kinder dieser Entwicklung scheinen mir nun auch IN RUIN zu sein. Damit soll nicht behauptet werden, IN RUIN hätten einen Metalhintergrund, das weiß ich nicht, aber ihre etwas epische, weite Prärie-Landschaften evozierende Interpretation von „Neofolk“ baut auf diesen Verschiebungen im Gefüge auf. So passiert es dann auch, dass die zahlreichen Momente auf „A Ghost To Be Forgotten“, die als Ehrerbietung vor DEATH IN JUNE gedacht sind, eigentlich ganz anders wirken. Fixstern ihrer Musik bleibt :OF THE WAND AND THE MOON:, aber anders als die Dänen gehen sie weniger puristisch vor, gestatten sich den oftmaligen Gebrauch einer (lead) E-Gitarre, treibende Bässe und weiträumige Ausflüge in den Postrock-Bereich. Diese Momente sind es, die IN RUIN nach Nordamerika klingen lassen. Grundsätzlich also eine spannende Angelegenheit, zumal die persönlich gehaltenen (nicht abgedruckten) Texte jegliche Klischees meiden. (Genau Gegenteiliges war vor dem Hören zu erwarten.) TERRY COLLIAs Stimme hingegen ist etwas farblos, männlich und geht bei der begleitenden Musik ziemlich unter. Gut möglich aber, dass dieses Zurücknehmen eine weise Entscheidung war. Irgendwann singt übrigens auch KIM LARSEN, aber mir war es doch tatsächlich nicht vergönnt herauszuhören wo, was vermutlich mit diesem "I am Nobody"-Flüsterstil zu tun hat. 
Dass dieses Album letztendlich doch nicht vollkommen überzeugen kann, liegt daran, dass es vielleicht doch an altbekannten, musikalischen Zitaten zu viel bringt und man die jeweiligen musikalischen Paten allzu leicht identifizieren kann, „Refuge Of Lies“ etwa imitiert klar den flockigen Folkrock-Stil, den OSTARA auf „Secret Homeland“ zelebrierten, IN RUIN lassen es lediglich schwerer wirken. Auch andere Momente auf dem Album dürften dem erfahrenen Hörer immer wieder höllisch bekannt vorkommen.
Die klar besten Stücke sind „Fragmented Hearts“ mit einem deutschen Prolog von HENRYK VOGEL (DARKWOOD), sowie das titelgebende „A Ghost To Be Forgotten“, welches zumindest zu Beginn, aufgrund des dumpfen, bedrohlichen Klanges und der elektronischen Soundscapes leichte "Funeral Doom trifft auf Roadmovie"-Assoziationen aufkommen lässt, für die vermutlich die weiteren, neofolkfernen, beteiligten Gäste ISAAC AUBREY von THE ARID SEA aus Seattle oder CATONIUM aus Schweden (mit)verantwortlich zeichnen. Schade, dass nicht verstärkt in diese Richtung gegangen wurde.
Am Ende des Albums wird „Follow Thy Faire Sunny Unhappy Shadowe“ eingespielt, eigentlich ein Traditional, was jedoch auch :OF THE WAND AND THE MOON: auf ihrem „Lucifer“-Album vertonten, es ist somit wohl auch eine Art Coverversion... nach drei Minuten schöpferischer Pause (Stille) folgt ein weiterer, angenehmer Neofolk-„Hidden Track“. (Auf dem Display ist jedoch alles „Track 11“.)

Fazit: Ein Neofolkalbum, das sich trotz typischer Instrumentierung (Klampfe, Geige, Cello) und leicht auszumachenden Einflussgrößen als doch nicht so typisch herausstellt wie zunächst gedacht.  Von DARKWOOD sind IN RUIN übrigens ziemlich weit entfernt, doch ahnt man eine Beziehung, was an DARKWOOD deutsch ist, ist an IN RUIN „nordamerikanisch“.
Interessantes Album einer Band, die dem Vorbild :OF THE WAND AND THE MOON: in punkto Variantenreichtum auf Anhieb einiges voraus hat. Neben :OTWATM: bestehen die größten Ähnlichkeiten zu AGALLOCH, vielleicht ist das ein Grund, warum ausgerechnet die auf ihrer Myspace-Seite nicht erwähnt werden. AGALLOCH freilich waren eine Metalband, die sich von diesen Wurzeln aus dem Postrock und dem klassischen SOL INVICTUS-Neofolk so sehr näherten, dass in ihrem Stil eine völlige Gleichverteilung aller Welten vorliegt. IN RUIN hingegen sind eine Neofolktruppe, die bisher noch Gäste braucht, um Stilausbrüche zu wagen. Wer sich AGALLOCH minus Metal, dafür aber auch einen Tick weniger mutig und einer OSTARA "Secret Homeland"-Inspiration, vorstellen kann, wird mit IN RUIN bestens bedient. Fans von :OF THE WAND AND THE MOON: können blind zugreifen.

 
Dominik T. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» IN RUIN


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Zusammenfassung
US-Neofolk auf dem DARKWOOD-Label HEIDENVOLK.
Typische Instrumentierung, jedoch mit Postrock-Ausflügen und leichter Roadmovie-Atmosphäre.
Dennoch enge Orientierung an :OF THE WAND AND THE MOON:
Viele Gastbeiträge.

Inhalt
1. Frustration
2. Let Us Kiss And Part
3. Always Faithful
4. Fragmented Hearts
5. Cold Comfort
6. I Still Wonder
7. Hope And Pain
8. Refuge Of Lies
9. -
10. A Ghost To Be Forgotten
11. Follow Thy Faire Sunne Unhappy Shadowe

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