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Roy L.

V/A: Heilige Feuer III

Umsonst gewartet!?


V/A: Heilige Feuer III
Genre: Post Industrial
Verlag: Der Angriff
Vertrieb: Indiestate
Erscheinungsdatum:
2006
Medium: CD
Preis: ~13,50 €
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Einige von uns glaubten schon das Fingerzählen ernstlich verlernt zu haben, als vor zwei Jahren nach „Heilige Feuer II“, einer ungewöhnlichen Logik Folge leistend, sogleich die vierte Ausgabe des russischen Festivalsamplers erschien. Den verschollen geglaubten dritten Teil haben die Moskauer Soldaten (DER ANGRIFF) nun bereits im vergangenen Herbst nachgereicht. Grund der Verspätung waren durchaus erwähnenswerte Ungereimtheiten mit dem französischen Kultprojekt  LES JOYAUX DE LA PRINCESSE. Die HF-Samplerreihe ist seit jeher im Grunde nichts anderes als ein halbwegs hilfreiches Mittel zur Finanzierung der Konzertaktivitäten gewesen, und da im Osten noch weniger als im Westen mit Industrial viel bzw. ausreichend Geld verdient werden kann, haben sich die im Festival involvierten Bands gewissermaßen dazu verpflichtet, zwei Stücke für eine Veröffentlichung zur Verfügung zu stellen. Nun habe sich Monsieur Konofal aber auch nach drei Jahren geduldigen Wartens seitens seiner Gläubiger absolut nicht dazu durchringen können, zwei wenigstens halbherzige Titel – und das wäre doch für LJDLP nicht so außergewöhnlich mühevoll gewesen – auf den Weg nach Moskau zu schicken. Ergo haben die westeuropäischen Großindustriellen, denen das Engagement und das Organisieren von Festivals in der russischen Szene ohnehin quer am Allerwertesten vorbeigeht, etwas länger darauf warten müssen, ihre reizende CD-Sammlung, bittererweise letztendlich ohne die französischen Wermutstropfen, und daher nur mit vier anstelle von fünf teilnehmenden Bands, zu vervollständigen.
Neben der lustigen Note „In Memoriam the promise of Erik Konofal/LJDLP to contribute two tracks to this compilation“, die meinetwegen auch noch etwas schärfer hätte formuliert werden können, fällt „Heilige Feuer III“ auf musikalischer Seite im Vergleich zu den älteren Ausgaben qualitativ deutlich ab. Auch das Entdeckungspotential und die kulturrevolutionäre Schlagkraft sind hier nicht mehr so groß wie in den Anfangstagen der Veranstaltung. Durch „Heilige Feuer“ hatte man damals zum ersten Mal von REUTOFF und CISFINITUM erfahren, beide Projekte wurden nachher von Label zu Label gereicht und fanden bei uns einigermaßen Anklang. Der russische Beitrag des dritten Teils sucht nun vergeblich so spektakulär zu wirken. CYCLOTIMIA und ihr irgendwie amerikanisch-synthetisch klingender Elektroambient dürften bereits ausreichend bekannt sein. „Trade Network“ und die Neuaufnahme von „Wasteland“ sind nicht annähernd so drückend düster wie Referenzkünstler LUSTMORD, aber sie können sich ebenso nicht der faden apokalyptischen Mysterythriller-Soundtrack-Hülle entledigen, die dann oftmals auch an die  ruhigen, atmosphärischen Instrumentals der mittleren FRONT LINE ASSEMBLY („Hard Wired“) erinnert. Kalte urbane Sterilität, technokratische Zahlenkolonnen und Weltmarktprophezeiungen bilden den Kosmos von CYCLOTIMIA. Leider zeigt sich dieser in der Umsetzung nicht halb so intelligent wie eigentlich angelegt. Ein paar Hörer werden stattdessen ihren emotionalen Gegenwert darin finden, an glorreichen Endzeitmelodiebögen mangelt es also nicht.
Die anderen Russen, LUNAR ABYSS QUARTET, haben auf „Heilige Feuer III“ vor allem „ihre große Chance vertan“. Evgeny Savenko, der neben LUNAR ABYSS zahlreiche weitere Projekte (RITUALNAYA BIOINGENERIA, SADOGIPNOZ, BOEVYE CIKADY) und Labels (8TH MOON ART, BIO SONAR, EXTREMAL PSYCHONAUTS) unterhält, ist normalerweise für den weitaus interessantesten Part der St. Petersburger Ritual/Industrial-Szene verantwortlich. Gerade auf einem Sampler, der weltweit verkauft wird und also auch der Promotion unbekannter Musiken dienen könnte, platziert er zwei eher untypisch langweilende Dark Ambient-Nummern, eine davon zwar rhythmisch treibend, aber ganz ohne die improvisierte Magie auskommend und daher eher westlich, post-modern. Wenn man zumindest ein, zwei der offiziellen Veröffentlichungen kennt (Empfehlung: „Arktika“ CD-R ULTRA), wird man hier unweigerlich die psychedelisch aufgeladenen Beschwörungen, den unheimlichen Pulsschlag der Wälder, den erdig-pilzigen Polarduft des Nordens in all seiner  riesigen Ausdehnung vermissen. Eher gotisch und nichtssagend sakral ersetzen unmotivierte COLD MEAT-Flächen und Vocal Loops bei „Singing Rock“ den schwer kopierbaren LUNAR ABYSS-Stil. Eine wahre Schande und nicht mit dem übrigen Material des Projektes zu vergleichen.
Noch etwas tragischer erscheinen die „Ruhm & Ehre“-Kompositionen der deutschen Kapelle WAPPENBUND (früher OPHIR). Es mag ja sein, dass durch die verspätete Veröffentlichung einiges auf „Heilige Feuer III“ überholt und nicht mehr aktuell wirkt, aber „Germanium“ und „Heilige Fahnen“ ist selbst beim Versuch äußerster Objektivität nichts Positives abzugewinnen. Trotz wummernden Anbrausens und „heilig nüchternem“ Grundtenor versackt das erste Stück fast schon obligatorisch in Hindenburgs Silvesteransprache (1931)  und einem lächerlichen Pathos, das sich kaum zwischen Trauermarsch und Aufbruchsstimmung entscheiden kann. Der zweite Part ist ein leicht verzerrter Synthie & Schlagwerk-Hymnus à la KRIEGER (RASTHOF DACHAU) und ja... - eigentlich auch nicht viel mehr als das. Zusammengefasst darf man WAPPENBUND hier nicht in Ansätzen ernst nehmen, geschweige denn für samplerwürdig halten. Warum die Tonträger der stolzen Preußen dennoch guten Absatz finden, weiß Gott allein.
Einzig INADE verhelfen der CD vorübergehend zu einem etwas höheren Niveau. Plastisch und organisch brechen die Ambientformen der Leipziger über dunkle Gehirne herein und bleiben als geistige Stimulanz zurück. Einer Kaufempfehlung tut dieses jedoch nicht genüge, da die beiden „Samadhi State“-Teile inzwischen auch auf dem gleichnamigen, über LOKI FOUNDATION erhältlichen „Collected Recordings“-Album zu finden sind. Überhaupt mag die Veröffentlichung nur dem Komplettierungswahn der Sammlerfraktion gerecht werden; immerhin wurde mit dem eleganten Duo-Ton-Pappfolder und Booklet der martialische Verpackungsstil der Vorgänger mehr oder weniger beibehalten.
Das schnöde Fazit, das sich daraus ziehen lässt, heißt nun: zu lang auf einen durchwachsenen Sampler gewartet, auf dem auch oder vor allem LJDLP nichts mehr hätte herausreißen können.


 
Roy L. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Wappenbund
» Lunar Abyss Quartet
» Inade
» Cyclotimia
» Der Angriff

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Zusammenfassung
Der dritte Teil des bekannten russischen Festivalsamplers erscheint verspätet und ohne LJDLP-Beiträge. Insgesamt durchwachsen bis unterdurchschnittlich und daher nur Sammlern und Komplettisten zu empfehlen.

Inhalt
WAPPENBUND
Germanium
Heilige Fahnen
LUNAR ABYSS QUARTET
Singing Rock
Hidden Fortress
INADE
Samadhi State Part I
Samadhi State Part II
CYCLOTIMIA
Trade Network
Wasteland (Silentium)

45min

Der Angriff Nr. 12 | IST 018 CD | limitiert auf 500 Kopien in A5-Pappbooklet
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