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Andreas P.
VARIOUS ARTISTS: Kaliffornian Deathrock
Traces From The Early Days Of Death Rock California
Kategorie: Rezension
Erstellt: 31.01.2007
Wörter: 865
Artikelbewertung:
positiv:100% negativ:0%
"Let´s skirt the issue of discipline, let´s start an illusion with hand and pen, re-read the words and start again - accept the gift of sin"
Mit diesen Worten eröffnete der mittlerweile verschiedene ROZZ WILLIAMS vor knapp 25 Jahren den Death Rock-Meilenstein "Only Theatre of Pain", der zwar nach wie vor als die ultimative Referenz des Genres gilt, aber trotz einer durchaus populären Fehlannahme keineswegs den alles entscheidenden Umbruch darstellte.
Die Entwicklung hin zum modernen Death Rock kam schleichend, als Schülerbands und verschiedene (Post)Punk-Gruppen begannen, mit morbider Ästhetik, Horrorkitsch, den "abwegigeren" Facetten der Erotik, Okkultismus und all jenen Themen, deren vermeintliche Anstößigkeit nicht schon bis zum Exzess ausgeweidet war, zu kokettieren. Dementsprechend passten sich der "Look" und die visuelle Präsentation an: Totenköpfe und Kerzenmeere prägten die Bühnenbilder, während man Texte über Verfall, Tod, Fledermäuse und Vampire mit Menstruationsproblemen zum Besten gab. Vielleicht war es diese bewusste Show, der bisweilen tiefsinnige und vor allem tiefschwarze Humor, sowie das extravagante Auftreten der Protagonisten, die zu der rasch steigenden Popularität des Death Rock im sonnigen Kalifornien beitrugen. Künstler kamen und gingen, der Humor wich zunehmend tiefgehenderen Themen, die schon im Postpunk populär waren, und mit einem Schlag war man Mitte der 80er schon am vermeintlichen Ende der "Death Rock"-Historie angelangt, als man das Genre auf der "The Death of Death Rock"-Party offiziell (mit Sarg) beisetzte. Dass es trotzdem weiterging, konnte auch solch ein symbolischer Akt nicht verhindern, und wenige Jahre später tourten Projekte wie FAITH & THE MUSE oder ROZZ WILLIAMS' neue Band SHADOW PROJECT quer über den Globus. Anfang des neuen Jahrtausends erlebte der gitarrenlastige Gothic-Sound ein - vor allem durch CINEMA STRANGE angetriebenes - Comeback, das jedoch vor allem modischer Natur war und in einem Überschuss vieler frustrierter Künstler resultierte, die von der Engstirnigkeit des neuen, vor allem jugendlichen Publikums, alles andere als angetan waren.
Nichtsdestotrotz markierte das Jahr 2006 den Zeitpunkt für ein außergewöhnliches Jubiläum: Dreißig Jahre Death Rock, dreißig Jahre American Gothic - mit diesem Faktum im Hinterkopf hatten sich die Herren des umtriebigen österreichisch-deutschen Labelprojekts STROBELIGHT RECORDS mit führenden DJs der amerikanischen Szene zusammengetan und einen Sampler zusammengestellt, der in der Tradition von Silberlingen wie der mittlerweile gesuchten "American Gothic"-Compilation oder MICK MERCER´s "Gothic Rock"-Reihe steht und das ohne Zweifel auf gleicher Augenhöhe.
Natürlich nehmen die Macher dieser CD für sich keinesfalls in Anspruch, einen auch nur ansatzweise vollständigen Überblick des verwinkelten Death Rock-Dschungels zusammengestellt zu haben. "Kaliffornian Deathrock" stellt vielmehr einen kaum zu übertreffenden Appetithappen dar, der den geneigten Hörer freundlich aber bestimmt dazu einlädt, sich mit dieser musikalischen Randerscheinung ein wenig tiefgehender auseinanderzusetzen.
Folglich beschränkt sich die Bandauswahl des Samplers glücklicherweise nicht auf die üblichen Verdächtigen, die man heutzutage mit dem Begriffsfeld "Death Rock" asoziiert. So finden sich hier neben alten Bekannten wie VOODOO CHURCH, 45 GRAVE, EX-VOTO, MEPHISTO WALTZ, KOMMUNITY FK und natürlich CHRISTIAN DEATH auch eine Reihe von interessanten Projekten, deren Musik nie den Sprung über den Teich (oder überhaupt in den nächsten US-Bundesstaat) geschafft hat, wieder. Ein Ausschnitt aus einer "KXLU underground"-Radiosendung gibt den stimmungsvollen Auftakt für diese Zeitreise und kündigt eine Band namens SCREAMS FOR TINA an, die mit "Graveyard Mary" den ersten musikalischen Beitrag des Samplers stellt. Anleihen beim Psychedelic-Rock der 70er Jahre sind unüberhörbar. Beim weiteren Sezieren des Samplers fällt auf, dass Formationen wie THE VELVET UNDERGROUND oder GLENN DANZIGs MISFITS, sowie auf den ersten Blick abwegige Genres wie der Surf Rock entscheidenden Einfluss auf diese noch junge Szene ausübten.
Neben eher Punk-orientierten Beiträgen, wie der Neuinterpretation des SHADOW PROJECT-Klassikers "Night Stalker" durch EVA ORITZ´ "SUPER HEROINES", finden sich auch Beiträge wie die schon fast an DEEP PURPLE gemahnende Hymne "We Will Not Fall" von KOMMUNITY FK. Natürlich darf auch ein Beitrag von CHRISTIAN DEATH nicht fehlen, der mit "Mysterium Iniquitatis" eine ausgezeichnete Wahl darstellt. Vor allem deren umtriebiger Frontmann ROZZ WILLIAMS dürfte auch in Postindustrial-Kreisen durch seinen Kult-Kurzfilm "PIG" und das Nebenprojekt PREMATURE EJACULATION, sowie die Spoken-Word-Alben mit GITANE DEMONE kein Unbekannter mehr sein. DEATHRIDE 69 zeigen noch einen ganz anderen Querverweis auf, erinnert ihr Beitrag "Mescalito" doch stark an die SISTERS OF MERCY und zeigen die schon damals bestehende Verkettung des europäischen und amerikanischen Gothic Rock auf (auch wenn es das Lieblingshobby von ANDREW ELDRITCH ist, jegliche Andeutungen in diese Richtung zu bombardieren). Abgerundet wird "Kaliffornian Deathrock" mit zwei Video-Clips von THE DEEP EYNDE: Einem Live-Video zum hauseigenen Tanzhit "Hoodoo" und dem Clip zum Song "Baboo", der ebenfalls auf dem gefeierten Debut "City Lights" vertreten war.
Ähnlich wie schon bei der den folkigeren Klängen gewidmeten "Looking for Europe"-Compilation aus dem Hause AUERBACH, wird ein umfangreiches Booklet mit Bandinformationen, Zitaten und Anekdoten aus der kalifornischen Szene und einer von THOMAS THYSSEN (Pagan Love Songs, Bochum) zusammengestellten Übersicht der "Death Rock History", sowie einer Unmenge an Bildmaterial gleich mitgeliefert. Der einzige wirkliche Kritikpunkt ist das Cover, welches im Vergleich zum restlichen Sampler unangenehm lieblos gestaltet ist.
Fazit: Man merkt "Kaliffornian Deathrock" definitiv an, dass man sich intensiv mit der Materie auseinandergesetzt hat. Zusammen mit dem mit unterhaltsamen Anekdoten, Bandfotos und Flyern prall gefüllten Booklet, gibt diese CD ein farbenfrohes, facettenreiches Bild der Geschichte des Death Rock wieder und sei somit nicht nur Genrekennern ans Herz gelegt!
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Verweise zum Artikel:
» Strobelight Records
» Deathrock.com
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