Hallo BOHREN, hallo CHRISTOPH. Wahrscheinlich nervt es Euch schon, ständig auf die Langsamkeit Eurer Musik angesprochen zu werden. Aber das Prädikat 'langsamste Band der Welt' (oder zumindest Deutschlands) habt Ihr einfach weg. Spielt Langsamkeit denn auch außerhalb Eurer Lieder eine Rolle? Lebt Ihr bewusst langsam, fahrt langsam Auto, seid Mitglied eines Slow Food-Vereins oder so?
BOHREN: Das mit dem langsamen Auto haut sogar hin. Allerdings haben wir auch erbahmungslose Autofahrer in der Band, die blitzschnell in jede Lücke im Straßenverkehr eindringen. Deshalb würde ich sagen, die Geschwindigkeit unserer Musik spielt im Alltag keine Rolle. Wie sollte auch sonst eine Polka- oder Speed Metal-Band durchs Leben kommen?
In intellektuelleren Magazinen ist gerne mal von 'Ruhrpott-Tristesse' die Rede, positiv gemeint natürlich, wenn über BOHREN gesprochen wird. Welchen Einfluss hat Euer Zuhause, Eure Umgebung auf die Musik? Ihr wohnt ja alle noch im 'Ruhrpott', wenn ich das richtig weiß ...
BOHREN: Wir können das ganze Ruhrgebiets-Tam-Tam wirklich nicht verstehen. Es ist so was von egal und hat überhaupt keinen Einfluss auf unsere Musik. Wir hätten in Erlangen genau dieselbe Musik gespielt. Das mit der Tristesse ist auch Quatsch, eigentlich sogar unverschämt zu behaupten, dass es im Ruhrgebiet mehr davon gäbe als in Berlin oder Braunschweig. Zudem sind wir nur zu ¾ aus Mülheim an der Ruhr. ¼ kommt aus Köln.
Ursprünglich stammt Ihr ja aus dem Metal, habt die ersten Jahre (angeblich) versucht, wie DANZIG zu klingen. Als Ihr Euch dann entschieden habt, langsamer zu werden – wäre Doom oder gar Funeral Doom nicht ein logischer Weg gewesen, um im Metal zu bleiben?
BOHREN: Nein, wie DANZIG haben wir nie versucht zu klingen. Der war uns '88 auch viel zu angesagt (obwohl wir ihn bis heute wirklich sehr verehren). Da liegt auch eigentlich der Hund begraben. Immer wenn ein bestimmter Musikstil hip wurde, war er für uns gestorben. Dadurch waren wir immer irgendwie auf dem Kriegspfad. Nachdem wir uns so durch die verschiedensten Stile extremer Musik genudelt hatten, haben wir '92 BOHREN gestartet und endlich unseren Frieden gefunden. Den eigentlichen Funeral Doom gab es da ja auch noch nicht, da war grade das erste CATHEDRAL-Album draußen, und in der Tat hatten wir da Bass und Gitarre schon ordentlich runter gestimmt … Zum Glück sind wir ja heute etwas lockerer geworden.
BOHREN: Midnight Black Earth (aus "Black Earth")
Was macht denn Eurer Meinung nach das spezielle 'doom feeling' Eurer Musik aus, das Ihr in Interviews immer ansprecht und das Euch wichtiger ist als irgendwelche Genrebezeichnungen?
BOHREN: Eigentlich sprechen wir in Interviews nur von langsamer, ereignisarmer Musik. Das Wörtchen 'doom' kommt uns dabei so gut wie nie über die Lippen. Dafür ist es auch zu sehr mit Heavy Metal verknüpft, den wir ja nun wirklich nicht spielen. Außerdem kann nicht jeder etwas mit dem Begriff 'doom' anfangen. Na ja, und zu 'feeling' kann man nicht viel sagen, außer wenn man gerade mal wieder so ein 'feeling' hat.
Ihr geht sehr selbstironisch mit Euch um, erzählt zum Beispiel, dass Ihr so langsam spielt, weil Ihr für schnelle Musik nicht gut genug seid. Außerdem könne man Eure Konzerte nur bestuhlt ertragen. Hat es jemals ein Konzertbesucher gewagt, zu tanzen? Habt bzw. hättet Ihr den rausgeworfen?
BOHREN: Tanzen fänden wir super. Eines unserer ersten Stücke hieß auch "Die Nahtanznummer". Dazu gab es eine kleine Zeichnung von einem betrunken-engtanzenden Pärchen, um zu erklären welches 'feeling' der Song haben sollte. Leider ist es bei unseren Konzerten ja immer recht dunkel, und vielleicht haben die Leute da Orientierungsschwierigkeiten.
Sind auch Metaller bei Euren Auftritten?
BOHREN: Ja, mal mehr mal weniger.
Jede Themenband, die was auf sich hält, fühlt sich von bestimmten Schriftstellern inspiriert. Gibt es Autoren, die Eure dunkle BOHREN-Farbe perfekt verkörpern?
BOHREN: Wir lesen Zeitung und Zeitschriften, kaum Bücher.
Gerade hat ja weltweit eine neue Jenseits- / Gothic- / Düster-Bewegung eingesetzt, mit Bands wie ESBEN AND THE WITCH oder WARPAINT. Passt Ihr da nicht perfekt rein? Und hilft Euch diese Stimmung vielleicht, auch international – vor allem in den USA – bekannter zu werden?
BOHREN: ESBEN AND THE WITCH finden wir sehr gut und haben ihr Album gekauft. Aber sind die nicht aus England? Um ehrlich zu sein, keine Ahnung was noch so passiert. Es wäre nicht der erste Trend, der einen Bogen um uns macht. Kein Grund für uns, sich zu beschweren. Unsere Zeit wir sicherlich kommen, irgendwann.
Kontraproduktiv (zum Thema 'Düster') ist vielleicht, dass die neue EP jetzt im Frühling rauskommt, als Ostergeschenk sozusagen mit Krokus. Wie konnte das denn passieren?
BOHREN: Tja, da musst du die Plattenfirma fragen. Ende Oktober waren wir fertig mit Coverartwork und allem. Zumindest haben sie "Beileid" auf Karfreitag gelegt. Wir glauben allerdings, dass man unsere Musik immer hören kann und es keinen Unterschied macht, zu welcher Jahreszeit eine Platte von uns rauskommt. Eine lustige Vorstellung für uns, das zum Beispiel ein SISTERS OF MERCY-Fan im Sommer zu BEATSTEAKS greift.
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