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Michael We.

Nekrogeiger HERMANN KOPP im Interview

Stirb jung, bleib schön ...


Nekrogeiger HERMANN KOPP im Interview
Kategorie: Spezial
Wörter: 906
Erstellt: 26.02.2011
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Zwischen Deinen Filmsoundtracks und den jüngsten Veröffentlichungen bei GALAKTHORRÖ klafft eine mehr oder weniger große Lücke. So richtig 'aus der Versenkung' aufgetaucht bist Du erst wieder mit "Under A Demon's Mask" 2008. Was ist in der Zwischenzeit (vor allem musikalisch) passiert?

Anfang der 90er sagte ich mir, das mit der Musik sollte ich besser vergessen. Meine LP "Pop", die heute zu Höchstpreisen angeboten wird, verkaufte sich nur sehr mäßig, und auch die BUTTGEREIT-Filme hatten noch nicht die internationale Anerkennung erreicht, die sie heute haben. Ich zog nach Paris und lernte dort Juden, Araber und Armenier kennen, lieferte mich neuen musikalischen Einflüssen aus, und so entstand langsam "Japgirls in Synthesis", das dann später von VINYL ON DEMAND als 80er-Produkt veröffentlicht wurde. "Unholy" und "Zwi Sabbatai", die Bonustracks aus "Nekronology", sind auch in den 90ern entstanden. Ich denke, wäre ich in Deutschland geblieben, hörte sich meine Musik sicher ganz anders an.

Wie bist Du eigentlich zum Geigenspiel gekommen? Hat es eine Rolle gespielt, dass die Geige häufig als Symbol des Todes gilt? In vielen Märchen und Sagen spielt der Tod eine Geige ...

Bewusst habe ich diese Entscheidung nicht getroffen, aber es war ein Toter, dem ich das Instrument verdanke: Mein Onkel HERMANN, der aus dem zweiten Weltkrieg nicht wiederkehrte, hat mir nicht nur seinen Vornamen, sondern auch seine Geige vermacht.

Hattest Du Unterricht oder hast Du Dir alles selbst beigebracht?

Ich hatte fünf Jahre lang Unterricht, aber ich erkannte mit der Zeit, dass mir die notwendige Virtuosität fehlte, um in der klassischen Musik voranzukommen. Mit 14 gab ich den Unterricht auf, und mit 17 kramte ich die Geige wieder aus dem Wandschrank und fing an, darauf zu improvisieren.

Frauen verschwinden
Jeden Tag in jeder Stadt
Kriminalbeamte fragen
Wer sie zuletzt gesehen hat.

Ich finde, "Frauen verschwinden" auf "Under A Demon's Mask" klingt nach Drehbuch für einen 'Film noir'... Hättest du nicht Lust, einmal einen Krimi zu schreiben?

Vor ein paar Jahren habe ich unter einem Pseudonym ein kleines Buch veröffentlicht, das ziemlich schnell sang- und klanglos im immensen Haufen der Neuerscheinungen verschwand, zu recht, wie ich heute finde. Die Story war zu belanglos und stark autobiografisch gefärbt, also wird der Titel mein Geheimnis bleiben.

Viele Rezensenten tun sich schwer bei der Einordnung Deiner Musik: Pop, Minimal, Elektro, Chanson, Industrial sind nur ein paar Beispiele aus Besprechungen. Drehen wir den Spieß mal um – wie beschreibst oder definierst Du Deine Musik?

Meine Musik ist alles andere als homogen – die Sachen aus den Achtzigern haben mit dem, was ich heute mache, nicht viel zu tun, wenn auch einige Ohren da Parallelen heraushören. Ich habe mich an einigem versucht, aber meinen heutigen Stil könnte man vielleicht als 'Nekroklassik' beschreiben, mit Wurzeln im Industrial und den Ästen in einer Art schmutzigem Neoclassical.

Weshalb bist Du eigentlich nach Barcelona gezogen? Du hast doch mit Karlsruhe, Mannheim und Stuttgart einige der schönsten Flecken dieser Erde bewohnt ...


Höre ich da Ironie aus deiner Frage heraus? Der Grund ist einfach, dass ich Französisch und Spanisch studiert hatte, und dass ich in Barcelona einen Job als Übersetzer angeboten bekam. Und Barcelona gehört ja auch nicht zu den hässlichsten Flecken der Erde.

In einem der ganz wenigen Interviews, die ich von Dir gefunden habe, erklärst Du, dass Du keine Kartenspiele, keine Würstchen und keinen Fußball magst – hat Dich diese Haltung in Deutschland nicht viel mehr zum 'Außenseiter' gemacht als ein bisschen Musik für nekrophile Filme??

Hab ich das wirklich mal gesagt? Aber es stimmt immer noch, und diese Haltung macht mich zum Außenseiter, vor allem auch in Barcelona, wo dem Fußball eine geradezu politische Bedeutung zukommt.

Unter 'Was ich nicht mag' stand in diesem (englischen) Interview auch: "Singing in front of KEINE AHNUNG." Trittst Du nicht gerne auf? Gibt es Konzerte von Dir?

Hättest du mich vor einem halben Jahr gefragt, hätte ich gesagt, nein, HERMANN KOPP gibt keine Konzerte. Inzwischen habe ich ein Angebot aus London gekriegt, im Rahmen eines Noise-Festivals aufzutreten – und habe zugesagt. Davon abgesehen muss ich sagen, dass ich nicht gewohnt bin, im Rampenlicht zu stehen – mein Element ist eher die Dunkelheit, wenn das auch sehr nach Gemeinplatz klingt.

Kann es wirklich sein, dass von Dir kein einziges Interview auf Deutsch existiert? Warum? Feiern wir heute etwa Premiere??

Wir feiern deutsche Premiere, so ist es. Warum? Weil ich jahrelang vom Erdboden verschwunden war, nehme ich an. Dem deutschen Publikum hat mich erst GALAKTHORRÖ wieder nähergebracht.

Zum Schluss noch ein Blick in die Zukunft (gewagt): Deine Musik erinnert mich immer an die Animationsfilme von TIM BURTON. Wäre das nicht was, den Soundtrack für "Nightmare Before Christmas 2" zu machen?

Von TIM BURTON kenne ich nur "Sleepy Hollow" und "Edward Scissorhands". Aber ich finde, wenn es zu "Nightmare Before Christmas 2" kommen sollte, soll das ruhig wieder der DANNY ELFMAN übernehmen. Diese Art von Filmmusik ist harte, monatelange Arbeit, und da bin ich erstens zu faul und zweitens wohl gar nicht in der Lage. Wenn die Produzenten allerdings – sagen wir, als Kontrast – zwei oder drei HK-Tracks im Soundtrack drin haben wollten, dann hätte ich sicher nichts dagegen einzuwenden.

HERMANN, ich drücke die Daumen. Ansonsten bis zum nächsten regulären Album ...




 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» HERMANNs Heimseite
» KOPP @ last.fm
» KOPP @ myspace
» KOPP @ GALAKTHORRÖ
» KOPP @ discogs
» KOPP @ Wiki
» KOPP @ facebook

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