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Thomas L.

NEW rAGE PROJECT

Satan, Set & Totenlieder


NEW rAGE PROJECT
Kategorie: Spezial
Wörter: 3463
Erstellt: 10.05.2009
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Beginnen wir klassisch mit dem Werdegang von NrP ... Wie nahm alles seinen Lauf und welche Entwicklungsstadien hat das NrP bereits durchgemacht?
Begonnen hat alles als Dreierbündnis: Invina, Dark Shaman und ich haben NEW rAGE PROJECT gegründet und uns daran gemacht, die erste Bühnenperformance zu entwickeln. Damals reisten wir mit dem Publikum in eine Welt aus Unterwerfung, Manipulation und Macht; der Zuschauer sollte partiell interagierend mit ins Räderwerk der „Submission-Machine“ geraten. Zu diesem Zeitpunkt war die Musik eher Hintergrund für die Aktion. Dann kam die Bitte des SECOND SIGHT-Verlages, die henochischen Schlüssel in der Version des Anton Szandor LaVey zu vertonen. Wir zogen uns ins Studio in Köln zurück und nahmen die CD „Wächter des Feuers“ auf. Das war ein spannender, kreativer Prozess. Immer dann, wenn wir drei uns über die Umsetzung eines Stückes nicht einig waren, wurde manchmal der Kompromiss gesucht, meistens wurde jeweils derjenige mit Minderheitenmeinung Pizza holen geschickt und die anderen haben den Track in den Kasten gebracht. ;-) Meistens entstand im Studio eine im besten & kreativsten Sinne des Wortes „magische“ Atmosphäre und wir warfen unsere sehr unterschiedlichen Ideen in einen alchemistischen Kessel und brauten zwar kein Gold, aber unser „Erstlingswerk“. Wenn wir bessere Alchemisten gewesen wären, hätte es zumindest die goldene Schallplatte dafür geben müssen, leider hat es dafür nicht gereicht. ;-) Durch Umzüge und ähnlich widrige Umstände hat es die anderen Beiden aus dem Project in verschiedene Richtungen davongetragen, so dass ich mit verschiedener musikalischer Hilfe die CD zum Meditationsbuch „Abrasch“, die Begleit-CD zur Anthologie „Die Dunkelheit enthüllen“, die CD „Enochian Keys“ zur deutschen Ausgabe der Satanischen Bibel und schließlich die „Totenlieder“ aufgenommen habe.

Die Frühzeit von NrP schien sich eher durch Aktionskunst (wie z.B. die Prometheus-Performance aus dem Jahr 2001) auszuzeichnen, während die letzten Veröffentlichungen einen rein musikalischen Schwerpunkt setzten. Ist NrP für Dich auf eine Ausdrucksform begrenzt oder ein multimediales Projekt?
Im weitesten Sinne ein offenes Projekt. Mit seltsamer Performancekunst habe ich ja auch schon vor NEW rAGE PROJECT die arme Welt unsicher gemacht.

Die Besetzung war über die Jahre hinweg nur wenig konstant. Wer zählt außer Dir zur aktuellen Besetzung?
Nach dem Auseinandergehen der „Ursprungsbesetzung“ bin ich das One-Man-Core-Team-of-N-r-P. ;-) Dazu kamen für die „Totenlieder“ die wundervollen LENA, SPEEDY und RAZIAL als Unterstützung für den Gesang, da ich selbst keinen Ton treffe. So möchte ich es auch halten: Da NrP nur eines meiner Projekte ist, bleibt für ein richtiges „Band-Gefüge“ wenig Zeit. So, wie es jetzt ist, kann ich offen schauen, welche Zusammenarbeit sinnvoll ist.

Für die „Totenlieder“ hast Du zumeist Texte klassischer Autoren verwendet. Ein Teil der Stücke wurde in Kirchen eingespielt, behandelt wird das Lebensende in all seinen Facetten und das Artwork wirkt überraschenderweise eher gothic-lastig. Kannst Du den Entstehungsprozess der „Totenlieder“ erläutern? Das Album scheint sich etwas abseits Deiner sonst bevorzugten Inhalte zu bewegen. War es eine bewusste Entscheidung, NrP „anders“ zu präsentieren, als man es anhand der Vorgeschichte erwartet hätte?
Nein, NrP ist ein agiles Projekt, bietet somit den Raum für alle Themen, die ich in Klang gießen möchte. Da es weder eine definierte Zielgruppe gibt, die verprellt werden könnte, noch den wirtschaftlichen Druck, mindestens zehntausend CDs zu verkaufen, mache ich halt das, was mir Spaß macht. Wenn es dann auch den Hörern Freude macht und sie berührt, freue ich mich natürlich ungemein. Einige Titel der „Totenlieder“ habe ich schon viele Jahre im Kopf mit mir herumgetragen, jedoch schien die Zeit nicht reif zu sein, sie auch einzuspielen. Der große Zeitraum rund um die Krankheit und schließlich den Tod meines Vaters war dann der richtige Zeitpunkt. Das Album ist über einen langen Zeitraum gereift und ein bisschen wie ein Tagebuch, deshalb finden sich trotz des thematischen Schwerpunktes so viele unterschiedliche musikalische Stilrichtungen und Einflüsse.

Welche Wege werden NrP in der nahen Zukunft gehen? Pläne für Auftritte oder Aufnahmen?
Neben der Absicht, weiteres Material in kleinem Rahmen zu veröffentlichen, gibt es Pläne für neue Aufnahmen und durchaus die Lust, mal wieder live zu spielen, allerdings derzeit ohne konkrete Vorbereitungen.

Du hast bislang darauf geachtet, Deine verschiedenen Aktivitäten auseinanderzuhalten. Da gab es Frater Eremor und den „Current of Set“, den Autoren Romero E. Sotes und den „Circle Of Hagalaz“ und eben NEW rAGE PROJECT. Neuerdings scheint es diese Grenzen nicht mehr zu geben. Gab es dafür einen speziellen Anlass?
Na ja, da das NEW rAGE PROJECT sich doch immer wieder magischer Themen angenommen hat und Texte eines gewissen Eremor verwendete, der wiederum bei Romero E. Sotes zitiert wird, war es nie das große Geheimnis, dass ich da meine Tentakel im Spiel habe. Der Grund, aus dem ich die Übereinstimmung der Identitäten nie an die ganz große Glocke gehängt habe, ist vielleicht am besten an einem Beispiel zu erklären: Ich habe von verschiedenen Romero E. Sotes-Lesern Post bekommen, dass sie mein Meditationsbuch klasse fanden, aber dann gehört und/oder gelesen haben, dass ich „in Wahrheit“ ein ganz böser Schwarzmagier sei. Eine Dame hat das Buch danach verbrannt, um nicht mit meinen Energien in Verbindung zu kommen, eine andere Leserin hat sofort ihre beste Freundin gewarnt und sich bei ihr entschuldigt, weil sie ihr das Buch als (Zitat): „bestes Lehrbuch zur Meditation“ empfohlen hatte. An diesen kleinen Beispielen sieht man, dass auch im ach so aufgeklärten Deutschland viele Vorurteile der Magie gegenüber existieren; natürlich nur, sofern sie nicht von Hexe Thea, den Hexen von Eastwick oder den Charmed-Hexen praktiziert wird. Mittlerweile sind mir solche Zuschriften wurscht.

Sowohl die magische als auch die musikalische Subkultur leidet an einem großen Aktivitätsdefizit. Alle haben Interesse, aber kaum jemand beteiligt sich aktiv – von der Bildung von Netzwerken im WWW abgesehen. Beobachtest Du diesen Trend auch in den Dir nahe stehenden bzw. den von Dir betreuten Gruppen? Trägt das Internet die Schuld an dieser Lethargiewelle?
Im Gegenteil, das Internet hat zur Vernetzung und zum Austausch beigetragen, sowohl in der magischen, als auch in der musikalischen Subkultur. Eine Band in Kanada stellt ein paar Songs ins Netz, die ich hier hören kann. Ohne Label, Plattenvertrag, Marketingaktion und Welt-Tournee. Der Grund für die Lethargie ist, dass die Alternativen wahnsinnig breit gestreut sind. Wenn die Dorfband in Hinterbuxtehude zweimal im Jahr ihre Coverversionen von WESTERNHAGEN und PETER MAFFAY durch die Gemeinschaftsschützenhalle St. Georg dröhnt, dann ist die Hütte voll. Aber schau mal in einen Veranstaltungskalender für das Ruhrgebiet, und was zusätzlich zu den gefühlten 1000 Theater-, Konzert- und werweißsonstnochwasalles Veranstaltungen täglich in Fernsehen, DVD, Kino, Freizeitbad, Erlebnisgastronomie, Diskothek, Fitness-Studio und Swinger Club geboten wird. Damit das nicht in Stress ausartet, könnte man glatt anfangen, einer regelmäßigen Arbeit nachzugehen oder mal ein Buch zu lesen. Es ist superschade, dass viele richtig gute Bands in leeren Miniräumchen spielen, wenn sie denn überhaupt Auftrittsmöglichkeiten bekommen. Selbst die großartige Band AELDABORN (kleiner Seitenhieb auf die musikalischen Gehversuche des Interviewers – Thomas L.), die ja bekanntlich dieses Jahr ihr Bühnen-Jubiläum feiert, musste ihre Stadientournee absagen, um in kleinen Clubs wie der Westfalenhalle in Dortmund zu spielen. Wenn man Pech hat, ist man Veranstaltern dann noch zu links, zu rechts oder eben zu „satanisch“. Das Gleiche gilt für Veranstaltungen von magischen Organisationen: Es gibt wahnsinnig viel zu besuchen, wenn man denn möchte. Es gibt ja nicht nur den „Circle Of Hagalaz“, der die freie Teilnahme an verschiedenen magischen Aktionen ermöglicht; wenn man möchte, kann man jedes Wochenende in einem anderen spirituellen oder spirituosischen Kreis rumhängen. Was diese Zeit ausmacht, ist das völlige Fehlen einer Aufbruchstimmung, einer großen Bewegung, die sich tatsächlich auch mal bewegt, politisch, künstlerisch, spirituell, was auch immer. Das liegt aber nicht am Internet.

Du bist Mitinitiator des so genannten Schauenforst-Treffens; einer Zusammenkunft verschiedener Esoteriker, Magier, Okkultisten etc., die im Thüringer Wald referieren und Workshops abhalten. Was erwartet den Besucher in diesem Jahr?
Vom 12. bis 14. Juni gibt es nach vier Jahren Abstinenz wieder ein offenes Treffen für Magier, Heiden, Hexen und andere am Thema Interessierte. Der Künstler VOENIX wird eine Lagerfeuerlesung machen, der Cumhachd Coven feiert ein offenes Litha Ritual, der bekannteste Kriminalbiologe der Welt referiert zum Thema Vampirismus, es geht um Hexen, Schamanismus, Hekate, Set(h), Tiamat und Spaghettimonster. Du siehst, es könnte interessant werden.

Wie siehst Du die populäre Nutzung okkulter Symboliken und Begrifflichkeiten (Musik, Literatur, PC-Spiele)? Innerhalb der okkulten Szene scheint man hier ambivalent: Die eine Hälfte feiert den Marsch der Okkultur durch die Institutionen und die anderen fürchten um ihre Deutungshoheit und ahnen eine Verwässerung. Wie stehst Du dazu?
Die Verwendung eines Pentagramms bei einem Fantasy-Spiel als Sieg der Okkultur zu feiern, ist schon eine mutige Interpretation. Letzten Endes werden okkulte Symbole in den meisten PC-Spielen, von den meisten (nicht allen!) Bands und im größten Teil der populären Kultur in einer Tiefe betrachtet, die auch bei Pro 7 gesendet werden könnte. ;-) Das ist auch gar nicht schlimm und eine Verwässerung findet dadurch sicher nicht statt. Nebenbei finden sich okkulte, meint mehr oder minder verborgene, Hinweise auf Magie, Mystik und div. Religionen in den Namen und im Corporate Design von Versicherungen, Tankstellen, Banken, Staaten, Museen, in der produzierenden Wirtschaft usw.

Die erste NrP-CD, „Wächter des Feuers“, sollte ursprünglich von SECOND SIGHT veröffentlicht werden. Besteht noch Hoffnung, dass die CD herausgebracht wird? Oder hat sich die Thematik der enochischen Schlüssel durch die Veröffentlichung der „Eremor“-CD für Dich erledigt?
Wenn sich mehr als 30 Eurer Leser bei mir melden, bringe ich sie selbst heraus. Versprochen. Bis dahin einfach die CD „Enochian Keys“ aus dem INDEX VERLAG hören, die zusammen mit der Neuauflage der Satanischen Bibel veröffentlicht wurde.

Ebenfalls unveröffentlicht ist „Set & Nephtys“, eine sehr atmosphärische und textorientierte CD. Haben diese Stücke den Schaffensprozess Deines zweiten Buches „Shat En Heka“ begleitet? Gibt es Pläne, diese Aufnahmen noch einmal regulär herauszubringen?
„Set & Nephtys“ hat mittlerweile noch Nachwuchs bekommen. Ich überlege gerade, ob ich einige Stücke aus „Set & Nephtys“, aus „Wächter des Feuers“ und aus meinem neuesten Machwerk zusammen auf einer CD veröffentliche. Es sei denn, Eure Leser schreiben kräftig, dann kommt „Wächter des Feuers“ vollständig und einzeln.

Betrachtet man Dein bisheriges musikalisches Schaffen, so fallen einem die Begriffe Neofolk, Industrial, Ambient, Ritual und Metal ein. Spiegelt das einigermaßen Deinen persönlichen Musikgeschmack wider? Welche Musik legt Frater Eremor zuhause auf?
Ich höre alles Mögliche. Von Klassik über orientalische Folklore, Neofolk bis Death-Metal. Im CD-Spieler dreht sich gerade OF THE WAND AND THE MOON und im Auto steckt SEPTIC FLESH im CD-Spieler. Daneben erzeuge ich Töne auch und, sehr zum Leidwesen meiner direkten Umgebung, sehr häufig selbst auf akustischen Instrumenten von der Maultrommel über den Mundbogen, Mundharmonika, Gitarre, Djembe …

Für das vergleichsweise poppige und sehr „gothic“-orientierte Stück „Geheimnis“, basierend auf einem Text von GOETHE, existiert ein von MIKAEL PREY/FETISH23 gedrehtes Video, der auch schon u.a. für ORDO ROSARIUS EQUILIBRIO und weitere COLD MEAT INDUSTRY-Bands gearbeitet hat. Wie kam der Kontakt zustande?
Der Kontakt kam über die Edition Roter Drache zustande. Wir haben uns dann im (Achtung schleichende Werbung) im Dortmunder Café Banane getroffen und haben unsere Ideen zusammengetragen.

Im Video erkennt man unter anderem die Externsteine … Wo habt Ihr sonst noch gedreht? Habe ich da das Felsenmeer in Hemer erkannt?
Ein gutes Auge! Wir waren u.a. im Felsenmeer und im Hönnetal. Das war unser Natur-Tag. ;-)

Du warst unter anderem am LaVey-Hörbuch „Die Satanische Bibel“ beteiligt, welches von HELMUT KRAUSS gelesen wurde, den wir alle als netten Nachbarn von Peter Lustig aus „Löwenzahn“ kennen. Wie kam es zu dieser amüsanten Konstellation und wie bist Du in das Projekt geraten?
Ich habe die henochischen Rufe zum Projekt beigesteuert, da der INDEX VERLAG dies dem armen Herrn Krauss wohl nicht zumuten wollte. ;-) Die Rufe sind unabhängig vom Hörbuch im INDEX VERLAG erschienen. Ein paar Fans vom „The Next Urinator“ VINCENT RAVEN haben sich im Netz ausgetauscht, ob es wohl gefährlich sein könnte, die CD zu hören und sich dann entschieden, erst dann auf PLAY zu drücken, wenn der Guru Raven sein o.k. dazu gibt. Er spricht ja angeblich mit seinem Raben ebenfalls henochisch, auch wenn ich vermute, dass es sich dabei um einen seltenen rabischen Dialekt handeln dürfte.
Ich kenne Herrn Krauss übrigens eher aus den Captain Future-Filmen. ;-) Schon seltsam, ihn LaVey-Texte lesen zu hören. Er macht dies wahnsinnig gekonnt, seine Stimme wertet die ohnehin richtungweisenden Texte für das Hörbuch noch spürbar auf.

Stichwort Vincent Raven: Was sagst Du zur grandiosen Enthüllung, dass er einst mit SATORIUS und dem Schwartzen Orden verbandelt war?
Naja, die Schweiz ist ein kleines Land und da kann man schon mal schnell beim nächtlichen Spaziergang zufällig an einem Ort vorbeikommen, an dem zufällig gerade ein satanischer Orden gegründet wird, dessen Gründung auch zufällig photographisch festgehalten wird. Da ist es nur ganz natürlich, dass man als Unbeteiligter zufällig schnell auf so ein Photo gerät.
Wenn ich mich recht entsinne, war dies tatsächlich die erste Ausrede von „The Next Urinator“ Vincent Raven. Mittlerweile ist ihm wohl aufgegangen, dass ihm diese Geschichte noch nicht mal seine Raben glauben.
Mindestens genauso witzig war übrigens die Anrufung der Kronprinzen der Hölle von ULLY LOUP in der letzten Staffel von „The Next Uri Geller“. Da standen „die Kandidaten“ Händchen haltend und zitternd daneben, als Herr Loup Satan, Luzifer, Belial und Leviathan beschwor, um die Tore der Hölle zu öffnen. Dabei ist das bei Pro 7 gar nicht mehr nötig, die haben ständig Zugang durch Dante Alighieris mediales Höllentor aus der „Göttlichen Komödie“. Hinter dem Höllentor liegt die Vorhölle, der Ort für die lauen Seelen, die weder gut noch böse waren, sondern eben lau, öde, leer und diese Leere wiederkäuen bis in alle Ewigkeit oder bis die Werbeeinnahmen ausbleiben. Das nenne ich mal gute Comedy.

Es gibt diverse Gruppen, die sich am Leitbild des Seth orientieren (Temple Of Set, The Storm usw.). Würdest Du diese Gruppen als Teil des Kraftstromes bezeichnen oder gibt es außer der äußerlichen Symbolik in Gestalt des Gottes Seth keine Gemeinsamkeiten? Gibt es einen Austausch unter führenden Setianern? Trifft man sich mit AQUINO, ZEENA LaVEY oder FRANK LERCH zum Kaffee und zur setianischen Fachsimpelei?
Natürlich gibt es eine große Schnittmenge; allerdings in Organisationsform und Inhalten auch große Unterschiede. Der „Current of Set“ ist zum Beispiel im Gegensatz zu den anderen genannten Organisationen keine religiöse Vereinigung. Es gibt im „Current Of Set“ Menschen, die Set(h) als Symbol für ihre eigene Art, Magie zu betreiben sehen, andere sehen im Setianismus eher eine Philosophie, wieder andere verstehen sich weniger als Magier, sondern eher als Priester und nähern sich der Thematik religiös. Diese Wege schließen sich im „Current of Set“ nicht aus, sondern ergänzen sich. Ich persönlich mag den Austausch mit interessanten Menschen, ob diese Setianer sind, Atheisten, Buddhisten oder Katholiken, ist da eher zweitrangig. Ich selbst war schließlich auch mal Atheist, bis ich merkte, dass ich Gott bin. ;-)

Wir haben vor nahezu zehn Jahren ein erstes Interview geführt. Wie hat sich seit dieser Zeit Deine Definition des Kraftstromes verändert? Ist Dein Verständnis von Set noch das Gleiche wie damals?
Mein Verständnis des Kraftstromes ist nach wie vor gleich; mein Bezug zum Kraftstrom hat sich allerdings verändert. Dies liegt nicht am Kraftstrom oder an einer veränderten Definition des Kraftstromes, sondern daran, dass sich mein Leben verändert hat, seitdem ich bis über beide Ohren in dieser Kraft stehe.

Vor einiger Zeit gesellte sich zum „Circle Of Hagalaz“ und „Current Of Set“ noch das „Janus Institut“. Was genau hat es damit auf sich? Ist das „Janus Institut“ verantwortlich für die Aktivitäten Deines Alter Egos Romero E. Sotes?
JANUS ist eine Art Schirm, unter dem sich der „Circle of Hagalaz“ als offenes magisches Projekt, die Reformierte Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters als religiöse Vereinigung zur Verbreitung des wahren Glaubens an das FSM und der Ordo Domus Puensis als Forschungsloge des  Ordens von Winnie Pu bei Regen unterstellen können. Exklusiv für Euch kann ich jedoch unter dem Siegel der Verschwiegenheit erstmals enthüllen: Der Ordo Domus Puensis hat sich mittlerweile zu einem extremistischen weltweiten Terrornetzwerk erweitert; Anhänger des großen Bären von geringem Verstand unterwandern genau zu diesem Zeitpunkt 91% der mächtigsten Regierungen der Welt, also Gazprom und Shell. Sagt es aber bitte nicht weiter, bevor der Schäuble davon erfährt. Oder ist der am Ende auch schon Teil der bärigen Verschwörung?
So, jetzt versuche ich die Tabletten wegzulassen und mich der nächsten Frage zu widmen.

Eine religiöse oder okkulte Gemeinschaft über eine derart lange Zeit aufrechtzuerhalten ist ein immenser Kraftakt, für den nur wenige die nötige Energie aufbringen können oder wollen. Die Individualisierung oder der Prozess des stetigen „Werdens“ könnte auch allein vollzogen werden – was treibt Dich also letztendlich an? Was ist das Ziel?
Da wir nun wieder vom „Current of Set“ reden: Nicht das Wohl der Welt und Menschenliebe treiben mich an, sondern der Primärimpuls des Handelns liegt in der dunklen Sonne des Set, die in meiner Brust pulsiert. Mein eigener Weg ist es also, der mich motiviert. Teil dieses Weges ist es, dass ich über einen Zugang zum Kraftstrom wache. Dies ist nicht der einzige Weg und auch nicht für jeden passend und richtig. Darüber hinaus existiert der Kraftstrom natürlich auch ohne den „Current of Set“. Diese Zugangskontrolle als magischer Türsteher und als Initiator in den Kraftstrom ist Teil meines Jobs. Wer diesen Pfad wählt, wird auch danach den Prozess des stetigen „Werdens“ allein vollziehen, denn es ist sein ureigener Weg, auch wenn individuelle Pfade sich von Zeit zu Zeit kreuzen können. Der Vorteil der Initiation durch das Tor des „Current of Set“ ist ein energetischer Zugang und auf Wunsch eine gewisse Vernetzung. Hinter diesem Tor befindet sich nicht im übertragenen Sinne wie bei vielen klassischen magischen Zirkeln ein Raum, in dem sich die Gemeinschaft der Initiierten versammelt, sondern ein unendlich weites Feld der Möglichkeiten und der Initiation durch und in das Leben. Ich werde oft gefragt, warum ich das mache, wenn ich weder Geld, Ruhm, weltliche Macht oder einen Harem dafür bekomme. Und damit sind wir wieder am Anfang meiner Antwort: Es ist Teil meines Lebens, und meinen eigenen Weg zu kennen und ihn zu gehen ist mein größter Erfolg.

Wenn man Set und Satan als Ikonen für ein selbstbestimmtes Leben wählt, macht man sich seinen Alltag nicht gerade leichter. Warst Du in all den Jahren jemals der Versuchung nahe, die luziferianische Symbolik zu verlassen und gleiche Inhalte auf einer eher etablierten und akzeptierten Ebene zu suchen? Sozusagen Crowley und LaVey gegen Nietzsche und Jung eintauschen und dadurch wieder gesellschaftsfähig werden?
Nö.

Um beim Thema der gesellschaftlichen Akzeptanz zu bleiben: Wie empfindest Du den Spagat, den man als Satanist/Setianist in der modernen Gesellschaft vollziehen muss? Ist es nicht – je nach Sichtweise – amüsant oder schizophren, wenn man bedenkt, dass beispielsweise Arbeitskollegen, Familienangehörige oder Nachbarn, zu denen man ein gutes Verhältnis pflegt, geschockt wären, wenn diese wüssten, welche Spiritualität man pflegt und mit welchen Symbolen diese verbunden ist? Da können Menschen, die man seit Jahren kennt, aus allen Wolken fallen, weil sie mit einem Kult konfrontiert werden, der ihr Vorstellungsvermögen übersteigt bzw. durch und durch negative Assoziationen auslöst. Wie handhabst Du dies? Siehst Du dadurch auch die Gefahr, dass man „unter sich“ bleibt und von der angeblichen Religionsfreiheit ausgeschlossen wird?
Ja, es gibt zwei Gefahren: 1.) Die Abschottung nach Außen, man bleibt „unter sich“ und nimmt sich damit selbst die Chancen vieler Impulse, die von Außen kommen. 2.) Das Ummünzen der Entfremdung von der Außenwelt als neue Elite. In diese Falle tappen ethnische, politische, religiöse und eben auch magische Minderheiten immer mal wieder gern. Alles, was außen ist, wird als Feind, minderwertig oder ignorierenswert eingestuft, das eigene soziale Netz ist neuäonisch, wertig und wahr. Böse Falle! Wenn Du auch eine Lösung hören willst: Verständnis haben. Für einen Menschen, der Satanismus z.B. nur aus den Medien kennt, werden die Versuche, ihm die Ideen des Satanismus näher zu bringen, unweigerlich so anmuten, als wenn ihm ein Mörder versucht zu erklären, warum Mord eigentlich eine ganz geile Sache ist. Es ist ganz normal, dass Menschen, die sich freiwillig als Satanisten bezeichnen, Unverständnis entgegengebracht wird und zu einem Teil lebt der Protestsatanismus auch genau von dieser Ablehnung. Dass sich dahinter oftmals eine wache, clevere und sinnige Auseinandersetzung mit sich und der Welt verbergen kann, erkennen viele dann gar nicht. Satanismus kann Hochachtung vor dem Leben in all seinen Aspekten sein, Respekt vor den Mitbewohnern dieser Erde, der Schlüssel zum großen Erwachen aus dem tiefen Schlaf und das eigenverantwortliche Finden seines Lebensweges, Satanismus kann Liebe sein, Klarheit, Toleranz, Wahrhaftigkeit, Freiheit. Satanismus kann durch den Schlüssel der Magie die Tore zu einer den Menschen zu einer echten Größe machenden Spiritualität sein. Satanismus wird die Mysterien des Lebens nicht enthüllen, kann jedoch ein Weg sein, sich diesen Mysterien auf die eigene Art zu nähern. Ob dies dann zur Philosophie oder Religion wird, wird der Weg jedes Einzelnen zeigen.


"Ich bin ein Geländer am Strome.
Fasse mich, wer fassen kann.
Eure Krücke aber bin ich nicht."

Friedrich Nietzsche

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Thomas L. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» NEW rAGE PROJECT
» JANUS-INSTITUT
» Current of Set
» EDITION ROTER DRACHE


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workshop
Dominik T. (11-05-2009, 12:15)
gutes interview, allerdings, wenn ich das Wort "workshop" höre, möchte ich nur noch töten!

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