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YOUTH OF THE BEAST: Lantern
Genre: Experimental
Verlag: ARBOR CDR
Vertrieb: ARBOR CDR
Erscheinungsdatum:
2007
Medium: Vinyl 7''
Preis: ~5,00 €
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ARBOR CDR
Kategorie: Rezension
Erstellt: 04.12.2008
Wörter: 691
Artikelbewertung:
positiv:0% negativ:100%
"Von Musik etwas zu erwarten ist naiv [...], dass mit ihr alles besser gehe, eines der tückischsten Ideologeme." (Heinz-Klauser Metzger)
YOUTH OF THE BEAST – das könnte der Name einer schlechten Hair-Spray-Metal-Band sein, und ich erwarte von ihr nichts. Ich lege die Platte auf, die Nadel erreicht die erste Rille und Quietsch. Eine Erkenntnis die keinen Wert hat, dafür wirkt das Hörbare auch erstmal recht wertfrei. Das Saxofon-Tape-Loop dröhnt, im Hintergrund verwandelt ein Mensch oder ein evolutionsinteressierter Affe Gewohnheiten seiner Peristaltik in akustisch Wahrnehmbares, das Wort ist fast ausschließlich Staffage zur vokalen Gestaltung. Modulationen des Nicht-Seins, zu scharf, um etwas auseinanderzuschmecken, passieren opiathaft am Rande des Selbstbetruges und verweilen hermetisch. Bedrohlicher Autismus, der so subtil wirkt wie ein Stricher aus Interzone, brennt sich die Gehörgänge entlang: kümmerlich in der Komposition, würdelos, eine perverse Schattierung des Ausgangsmaterials. Alle Umkehrbarkeit wurde vernichtet, eine Logistik des Ärgerns, die direkt zum Trommelfell eilt – Hard Bop aus San Narzisco. Der Pfeifton erhöht sich kurz. Schlagzeug setzt ein. Vodoo-Drums – tropisch, sich steigernd im Aufbau, hauen gegen Feedback-Brocken. Jazzig und obskur beim Picknick mit Jokus und Ondit. Ein Überbieten von Zurückgehaltenen säubert sich in strophenlosen intermittierenden Phasen. Konkrete Erinnerungen an Kakophonisches werden auf- und ausgearbeitet. Die Modulation erhält plötzlich eine Symbolik. Vor meinem geistigen Auge sehe ich Fragmente aus Kannibalen-B-Movies, Urzeitechsen und Krötenscheiße. Nicht zu vergessen vollbusige Amazonen und wahnsinnige Wissenschaftler. Das hier ist Ananas-Okkultismus! Seite A darf als ein unverrückbares Fundament gelten und sichert somit dieser Veröffentlichung den Unterbau. Ich drehe die Platte um und habe beim Auflegen der Nadel das Gefühl, im Triangelworkshop für Fortgeschrittene zu sein. Minimal, doof, atypisch astend. "Die Wahl eines kunsttechnischen, dem Ansatz nach handwerklichen Gegenstandes an Stelle eines geradeswegs philosophisch-ästhetischen ist selber Ausdruck einer philosophischen Intention" (Adorno). Oder einfach gerade heraus: Man will mich bewusst ärgern. Eine gewollt geistlose (Ich streite hier jegliches Üben ab.) Komplexlosigkeit schafft hier die Substanz, eine technikferne Improvisation. Der Mensch ist nun Untertan des Cymbal-Beckens, der Snare und der tiefen Tom. Feedback-Schleifen beginnen. Kurz, stufenlos, säuerlich. Die Stimme der Vernunft, der Oberlehrer, der den elenden Krach nicht mehr ertragen kann und in seinem eigenen Gebähren amusischer und auf jeden Fall amüsanter als sein Antagonist verbleibt. Quäkend, vorkünstlerisch, kontrapunktisch – ein Zwölfjähriger der zu Weihnachten ein Schlagzeug bekommen hat und jetzt erstmal ordentlich Gas gibt. Das Cover ist im dezenten Eckel-Grün gehalten. "Lantern", die Laterne ist ein kleines hyperaktives Irrlicht, das die Spekulation setzt, musikalische Grundstrukturen nach Belieben oder Zufall aufzustellen und zu wandeln. Ein Melodie-Analphabet der den Hörer nicht unterhaltend (ab)findet. Sicherlich bei dieser 7-Inch handelt es sich nicht um eine zeitgemäße Umsetzung von "Birth of the Cool". Ich glaube das Verspielte, das Infantile macht den größten Reiz dieser Platte aus. ALEXANDER XENAKIS auf Vorschulniveau, die Experimentallegende SMEGMA stand mit Sicherheit genauso Pate wie die Sonderschulästhetik des No Wave. Ist der (bewusste) Vollidiot der letzte Subversive? Ist er der Einzige, der gegen "Höranspruch ohne Hörvermögen" (S. Borris) vorgehen kann? Jazz wurde in den letzten Jahren zwangsakademisiert. Blutarme Virtuosen, eine in sich relativ homogene, statische und geschlossene Gesellschaft, die sich polyrhythmisch diszipliniert, also Bewegungsgesetze bricht, weil es Gesetz ist, sie zu brechen, braucht der geneigte Hörer wahrlich nicht mehr. Blue Notes scheinen nur noch durch Dilettantismus wirklich Kraft zu bekommen. Noise hat ein weitaus größeres Problem: Es folgt mittlerweile Regeln, und bis zur obligatorischen PowerNoise-Halbballade ist es nicht mehr weit. Jaja, jetzt erscheint die Frage nach dem: "Was soll man denn noch Neues machen?" naheliegend. Man muss sich bitte mal von dem Gedanken verabschieden, Großes zu vollbringen. Mit Noise vollbringt man nichts Großes. Mit Noise betreibt man Re-Search. Im Zusammenhang mit Jazz finde ich das englische Wort für Erforschung griffiger, da die Silbe 'Re' genau ausdrückt, welche Wechselwirkung Noise und Jazz haben können. Noise kann Jazz wortwörtlich zurück suchen, zurück improvisieren. Also um das pathetische Wort 'Aufgabe mal zu bemühen, hat Noise die Aufgabe der Weg zum Jazz zu sein. Dazu braucht man die Affirmation zum Griff ins Klo. YOUTH OF THE BEAST riskieren diesen nass-sämigen Griff und das Erreichte ist konzentrierte Lust am Spielverderben, wie die frühen NEUBAUTEN, nur diesmal ohne das Kalte Krieg-Pathos. Der Tod muss kein Dandy sein.
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