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Tony F.

GERECHTIGKEITS LIGA: Dystopia


GERECHTIGKEITS LIGA: Dystopia
Genre: Industrial
Verlag: Zyklus Records
Vertrieb: Zyklus Records
Erscheinungsdatum:
März 2011
Medium: Vinyl LP
Preis: ~17,00 €
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Den Faden wieder aufzugreifen dauert manches Mal durchaus lange. In Bezug auf die Veröffentlichung eines neuen Albums der GERECHTIGKEITS LIGA sogar ganze 26 Jahre. Das Projekt wurde Anfang der 80er Jahre – genauer 1981 – aus der Taufe gehoben und bewegte sich im zu dem Zeitpunkt gegebenen Industrial-Kontext. Man experimentierte mit Klängen, Geräuschen und Bildmaterial und machte dies auf (Video-)Tapes der Öffentlichkeit zugänglich. Dabei war die Arbeit jenseits heutiger technischer Möglichkeiten in jeder Beziehung natürlich noch Handarbeit. So wurden Loops noch mit Bandmaschinen mühselig hergestellt sowie Klänge aufwändig aufgenommen und reproduziert.

Die erste 12“-Vinylveröffentlichung „The Games Must Go On“ erfolgte 1984 auf dem eigenen ZYKLUS-Label, bevor 1985 auf SIDE EFFECTS die erste und bis dato einzige LP „Hypnotischer Existenzialismus“ erschien. Danach wurde es, was den musikalischen Output angeht, ruhiger um das Projekt – in den 90er Jahren hörte man von der GERECHTIGKEITS LIGA schließlich gar nichts mehr.

Erst 2004 wurde man für das Sampler-Projekt „Statement 1961“ auf Initiative von STEFAN SCHWANKE (IRONFLAME) wieder tätig und steuerte in den folgenden Jahren diverse Tracks zu Compilations bei. Via VINYL ON DEMAND erschien dann 2008 eine umfangreiche Box mit altem Material der Band und auch live war man unterwegs, wobei sich die Gerüchte verdichteten, dass wohl ein neues Album angedacht ist, welches spätestens seit Anfang 2010 unter dem Titel „Dystopia“ firmiert.
Wieder auf dem eigenen ZYKLUS-Label erschienen liegt „Dystopia“ nun als Vinyl und Tape-Veröffentlichung vor. GERECHTIGKEITS LIGA heute, das sind das Gründungsmitglied TILL BRÜGGEMANN sowie der Berliner Produzent RAGNAR. Als dritter Mann muss Industrial-Urgestein JOHN MURPHY hinzugezählt werden, der an den meisten Stücken in irgendeiner Form beteiligt ist.

Musikalisch biedert man sich moderneren Strömungen dabei nicht an – weder Power Electronics noch Angst Pop lassen ihren Einfluss erkennen. Vielmehr arbeitet man einen eher ursprünglichen, organischen Ansatz des Industrial heraus, der allerdings auch vor dreckigen Grooves und Loops wie in „Fear“ oder vor 80er-WAX TRAX-Dance-Elementen wie in „Slash“ nicht haltmacht. Das führt zu einem wohltuenden Abwechslungsreichtum des Albums, der das Ganze zu einer dauerhaft spannenden Angelegenheit werden lässt.

Vordringlich herrscht allerdings ein metallisch-perkussiver, in Teilen fast tribalartiger, vielschichtiger Sound vor, der mit zurückhaltenden Vocals angereichert wird und der eine wahrhaftig postapokalyptische Dystopie zu beschreiben vermag. Rhythmisch hört man dabei deutlich die von KNIFELADDER bekannte Arbeit von JOHN MURPHY heraus. Das gilt zum Beispiel für das langsame aber unaufhaltsam voranstampfende „Justice“ aber ebenso für „Dynamometer“ und „Dystopian Dream“, bei dem allerdings der schlecht sitzende Gesang etwas stört. Die größte Wirkung hat bei mir allerdings das atmosphärische „Clockwork“ entfaltet, in dem sich eine düstere, nach verzerrter Orgel klingende Melodie ihre Bahn durch die Schreie und das Scheppern und Schlagen bricht. Hier wird auch wieder einmal deutlich, was vielen anderen Industrial-Projekten vor lauter vordergründigem Krach und peinlich dargestellter Haltung (?) heute abgeht – der Sinn für echte Atmosphäre. Abgeschlossen wird das Album schließlich mit einem lupenreinen Martial Industrial-Track namens „End Of Time“, der samt Gesang tatsächlich nach den besten, älteren Elementen von DER BLUTHARSCH klingt.

Trotz aller Abwechslung ist „Dystopia“ ein in sich stimmiges, überraschend gutes Album geworden, das auf den Punkt kommt und das keinerlei Längen aufweist. Abgerundet wird das Ganze von einer schlichten aber gerade im aufklappbaren Gatefold-Cover gut zur Geltung kommenden Gestaltung und einer sehr guten Pressung. Mal sehen, wann der Faden das nächste Mal wieder aufgegriffen wird.


 
Tony F. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Gerechtigkeits Liga Homepage
» Gerechtigkeits Liga @ myspace


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Inhalt
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Slash
Clockwork
Fear
Dynanometer
Dystopian Dream
Fallout
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