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Black Schmalkalden - Death in June


Black Schmalkalden - Death in June
Kategorie: Spezial
Wörter: 767
Erstellt: 10.06.2004


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Autor: Administrator

Sonnabend, 5. Juni 2004, Schloß Wilhelmsburg / Thüringen. Eine Retrospektive.
Da zwar die halbe Redaktion anwesend war, sich aber scheinbar niemand traut für die Daheimgebliebenen einen Rückblick zu verfassen, springe ich kurz vor meinem Ungarnritt in die Bresche und möchte vom vergangenen Konzertwochenende berichten.

Death in June in Deutschland ist immer so eine Sache. Nach den bekannten Vorfällen der Vergangenheit, darf man es dem Veranstalter nicht ankreiden, auf Nummer sicher gegangen zu sein und den Veranstaltungsort erst kurzfristig angekündigt zu haben.
Für die leichten Einschränkungen bei der Anfahrt entlohnte die einmalige Schönheit des Thüringer Waldes. Schließlich galt es zahlreiche Serpentinen auf dem Weg nach Schmalkalden zu befahren, neblige Waldeshöhen zu durchstoßen und eine wilde Schnipseljagt erfolgreich zu beenden.
Den Glücklichen erwartete das traumumwobene Schloß Wilhelmsburg über den Dächern Schmalkaldens inmitten des Thüringer Waldes. Einst bot dieser Ort Luther Herberge und Residenz, heuer reihten sich hunderte Konzertbesucher in die nimmer zu enden scheinende Schlange.

Wer den freundlichen aber gründlichen Check der Security hinter sich ließ, stieg sobald eine steile Treppe ins riesige Gewölbe hinunter. Drinnen ließ sich eine große, schwarzbunte Menschenansammlung erblicken. Eine Schätzung überlasse ich an dieser Stelle der Fantasie oder den Gerüchten.

Der Kaufrausch konnte an den Ständen von Eislicht, Steinklang und Loki gestillt werden. Natürlich boten auch die musikalischen Attraktionen des Abends – Forseti und Death in June – ihre Waren feil.

Der mit 21 Uhr anvisierte Konzertbeginn konnte nicht gehalten werden. Dies war offensichtlich der großen Menschenmenge, die noch keinen Zutritt zum Gewölbe errang, geschuldet. 21.30 Uhr betraten Forseti in einer Verlegenheitsbesetzung zu dritt die Bühne. Ich persönlich werte die Unterbesetzung nicht als Nachteil. Dadurch wirkte zwar das gesamte Konzert minimalistischer, doch sogleich wesentlich bodenständiger und purer.

Ein solides Programm mit Stücken aller erschienenen Alben. Und natürlich der gerade erschienenen Platte „Erde" (die ich übrigens gerade, nach erstmaligem Anhören, als die beste bisherige Veröffentlichung von Forseti werte!) Dem Publikum war die Freude über selbige Gruppe im Vorprogramm jedenfalls anzumerken. Gleich wohl man bei Forseti kaum noch von einer Vorgruppe sprechen kann. Das beweist nicht nur die gemeinsam vorgetragene Exorbitalversion „Black Schmalkalden" alias „Black Jena" von der letzten Windzeit, der zueigen Douglas Pearce himself das Mikro übernahm. Eine, wie ich finde, nette Einlage und Hommage an diese wundervolle Stadt.

Forseti wissen und wussten schon immer live zu begeistern. Auch an diesem Abend unterstrichen sie mit ihrer Minimalbesetzung, dass das Wirken und Werken um den Frontmann Andreas Ritter von Echtheit und Können geprägt ist.

War ich vor Konzertbeginn noch ein wenig skeptisch, ob die Ankündigung eines rein akustischen Konzertes bar jeglichen Einsatzes von Trommeln bei Death in June, mir die erhoffte Freude bescheren würde, lösten sich meine anfänglichen Zweifel schnell in rosa Wolken auf.

Derweil es strikt untersagt war, Kleidungsstücke, Abzeichen oder sonstige Devotionalien, die in Assoziation mit dem dritten Reich etc. stehen, mitzubringen, kippte diese optische Beschränkung auf der Bühne ins Gegenteilige. Allerdings finde ich diese Regelung nicht schlecht. Es war entspannt, ja geradezu schön, endlich mal keinen Aufmarsch kaum ernst zu nehmender Hobbysoldaten zu erleben. Beim Theater gilt: Die Bühne ist Kunst, die Kunst darf alles. Hier sehe ich also auch den signifikanten Unterschied in der Bewertung von Tarnuniformen vor oder auf der Bühne. Gleich wohl ich auch dort nichts gegen einen zivileren Kleidungsstil habe, hatte man aber nicht das Gefühl, da stünde ein Revanchist auf der Bühne, der unschuldige Gothicschäfchen einer Gehirnwäsche unterzog. Im Gegenteil, kleine Gimmicks wie ein rosa Wunderbaum an der Gitarre, brachen das Bild auf witzige Weise. Aber dennoch behalte ich einen an anderer Stelle aufgeschnappten Satz „die Neofolkszene geht zugrunde und Death in June verteilen die Schaufeln" im Hinterkopf.

Das Konzert bestand aus zwei Teilen. Dem eigentlichen Lineup und einer Wunschrunde. Da Mr. P. an diesem Abend offensichtlich bester Laune war, ließ er sich nicht lumpen und erfüllte nahezu alle aus dem Publikum lauthals erschallten Liedwünsche. Besonders informativ hierbei die kurzen Erzählungen vor jedem Lied, die auch das eine oder andere private Detail ans Licht brachten. Eine sehr persönliche, wohlgelaunte Darbietung, die von alteingesessenen Szenegängern als eines der wirklich guten Konzerte gewertet wurde.

Ich fand den Abend durchweg gelungen. Die Atmosphäre im Gewölbe war einmalig. Die musikalische Auswahl vortrefflich, das optische Erscheinen des Publikums trotz – oder gerade wegen – Uniformverbots kreativ und angenehm. Im Vorbeigehen registrierte ich noch die Begeisterung eines zur Brandwache tanzenden Feuerwehrmannes, der es offensichtlich nicht glauben wollte, dass eine derartige Menschenmenge, überwiegend jungen Alters, so problemlos, friedlich und tolerant feierte. Eine Selbstverständlichkeit eigentlich, nur woher sollte er das wissen, war es doch sein erstes Neofolkkonzert - wohl aber nicht das letzte…

 
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