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Tony F.

"The Mission Is Terminated" oder...

"This Was Nonpop!"



Kategorie: Spezial
Wörter: 1584
Erstellt: 20.12.2019
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The Mission Is Terminated oder „This was NONPOP!“

Wie der eine oder andere Leser bereits festgestellt haben dürfte, ist die Veröffentlichungsfrequenz von Artikeln seit einiger Zeit stark rückläufig. Schon seit mehr als einem Jahr diskutiert die Redaktion von NONPOP darüber, wie es mit unserem kleinen Webzine weitergehen soll. Der zurzeit letzte Stand ist der, dass NONPOP seine Pforten schließen wird. Die Planungen sehen vor, dass die Seite im Frühjahr 2020 vom Netz geht. D.h. es wird auch kein Archiv in irgendeiner Weise geben, da Serverkapazitäten Kosten verursachen, diese von irgendjemandem getragen werden müssen und auch ein Archiv technisch und inhaltlich betreut werden muss. 

Als einer der am längsten tätigen, regelmäßig aktiven Redakteure möchte ich zum Abschluss noch einmal einige Themen ansprechen bzw. einige Dinge Revue passieren lassen, die mir als wichtig erscheinen. Der eine oder andere Redakteur mag mir hier – je nach Gusto - noch folgen.

Für mich persönlich sind zwei Themenkomplexe dafür verantwortlich, dass ich die Mission als beendet betrachte, um hier einmal auf ein Zitat von THROBBING GRISTLE zurückzugreifen: Die Entwicklung der Musikindustrie insgesamt sowie die musikalische Entwicklung im Speziellen – dies heruntergebrochen auf den Mikrokosmos NONPOP

Die Musikindustrie hat sich – auch in der musikalischen Nische, die NONPOP bespielt - in den letzten Jahren mit einem enormen Tempo verändert. Im Jahr 2019 muss man konstatieren, dass der physische Tonträger wie auch das Albumformat tot sind oder bald tot sein werden. Fanservice und Nischendasein werden hiervon wohl noch länger nicht berührt werden – aber die Richtung ist klar. Das macht es zunehmend schwierig, sich als „Hobby“-Redakteur noch angemessen und strukturiert mit der Musik zu beschäftigen. Die Unübersichtlichkeit steigt und mit der Schnelligkeit der digitalen Welt kann man kaum noch mithalten. In Bezug auf die klassische Rezension stellt sich zudem die Frage nach dem Sinn einer solchen, wenn der Hörer teilweise schon Tage oder Wochen vor dem Erscheinen einer Rezension die Musik kostenfrei hören und für sich bewerten kann. Sicherlich ist eine übergreifende Einordnung der Musik für den einen oder anderen auch dann noch wichtig oder interessant, wenn man das Objekt der Untersuchung selbst bereits kennt. Beim Schreiben einer Rezension beschleicht einen selbst allerdings zunehmend das Gefühl, onkelig über vergangene, bereits allgemein bekannte Sachverhalte zu schreiben. Und muss man überhaupt noch auf neue Musik in dieser Form hinweisen, wenn es Playlists bei Streamingdiensten oder Vorschlagsleisten bei Videoportalen u.ä. gibt? Diese Situation ist für die Motivation nicht gerade förderlich und man stellt sich die berechtigte Frage, ob es in der realen Welt da draußen noch Menschen gibt, die sich für diese Art der Meinungsbekundung – mehr ist es ja letztendlich nicht - überhaupt noch interessieren. Tatsächlich ist dem erstaunlicherweise bei NONPOP noch so, da die Clickzahlen für unsere Artikel nicht eingebrochen oder deutlich rückgängig sind. Aber würde das zukünftig so bleiben?

Interviews und Live-Berichte sind natürlich das zweite große – oder eigentlich das noch größere Feld – des Musikjournalismus. Diese Inhalte zu erstellen, gestaltet sich allerdings oftmals als noch zeitaufwändiger als eine Rezension, sodass man auch hier bei abnehmendem persönlichen Zeitbudget immer wieder genug Motivation finden muss, um so einen Artikel anzugehen. Fazit: Tatsächlich müsste aus heutiger Sicht eine ganz neue Plattform hochgezogen werden – also technisch wie inhaltlich – und auch vermehrt mit Elementen wie Video etc. gearbeitet werden, um eine zeitgemäße Präsentation von Inhalten zu ermöglichen. Da aber Redakteure, die das alles ehrenamtlich in ihrer Freizeit betreiben, eher schwer zu finden sind, ist das ein Projekt, was die derzeitige Besetzung von NONPOP nicht mehr angehen möchte. Nicht zuletzt verschieben sich natürlich auch die eigenen Interessen und Präferenzen im Leben – das lässt sich nicht leugnen.

Persönlich bin ich 2005 bei dem damaligen Vorgängermagazin von NONPOP namens LICHTTAUFE als Redakteur eingestiegen. LICHTTAUFE existierte damals bereits seit einigen Jahren – LICHTTAUFE.de wurde jedenfalls im Juni 2000 registriert. Meine Triebfedern musikalischer Natur lagen im Interesse für Apocalyptic Folk, Industrial und Dark-Ambient in allen Spielarten. Gerade die ersten beiden Genres haben seitdem spürbar an Kraft verloren bzw. zehrten eigentlich schon zu dem damaligen Zeitpunkt von der Vergangenheit. Der klassische Apocalyptic Folk aber auch der deutsche Neofolk existieren jenseits der Arbeit der Altmeister, die auch nur noch sehr spärlich Alben veröffentlichen bzw. den Dienst quittiert haben, heute praktisch nicht mehr. Die wenigen, neueren Bands in diesem Genre sind zumeist kaum noch ernst zu nehmen, da es zu oft an inhaltlicher Tiefe, musikalischer Vision – und schlicht - Eigenständigkeit mangelt. Beim Industrial ist die Situation im Großen und Ganzen ähnlich. Der Zusammenbruch von Cold Meat Industry – gewissermaßen ein Wanderer zwischen den musikalischen Welten – kam vor einigen Jahren symbolisch hinzu. Insofern haben sich die klassischen Themen für NONPOP aus meiner Sicht so langsam erledigt, wobei die Redaktion natürlich immer wieder und zahlreich Ausflüge in alle möglichen Bereiche des musikalischen Undergrounds wie Metal, Post-Punk, Minimal-Elektronik, etc. unternommen hat. Einer musikalischen Neuausrichtung würde ich auch nicht im Weg stehen, würde sie inhaltlich aber auch nicht mehr begleiten wollen.      

Rückblickend ist in der Zeit seit 2005 allerdings einiges bewegt worden. Vormals – wie schon erwähnt - unter dem Banner LICHTTAUFE fahrend, entschied sich die Redaktion, das Magazin inhaltlich und technisch rundzuerneuern und organisatorisch auf neue Füße zu stellen. NONPOP ging am 1. Januar 2007 auf Sendung. Neben unendlich vielen Rezensionen haben wir seitdem eine Vielzahl von Interviews, Konzertberichten bis hin zu Buchbesprechungen veröffentlicht. Wir haben ein Webradio betrieben und die digitalen NONPOP-Compilations zusammengestellt. Gerade letztere waren mit einem hohen Arbeitsaufwand verbunden und konnten nur mit dem Engagement der beteiligten Künstler gelingen. Immer in Erinnerung bleiben wird mir der Beitrag von MATT HOWDEN/ SIEBEN, der uns „This Is Nonpop“ widmete.

Ein positiver Effekt war auch, dass man über die Jahre einige Musiker etwas näher kennenlernen konnte bzw. einen Einblick in das Herz der Maschinerie bekam, wobei die Gefahr der Entzauberung der Musik durch das reale Bild der Person/ der Vorgänge dahinter immer gegeben war. Trotzdem immer eine gewisse professionelle Distanz zum Objekt der Betrachtung zu wahren, wenn man eine Rezension schreiben sollte, ist dabei natürlich teilweise schwer, weshalb ich so manche Rezension auch abgelehnt bzw. den Kollegen überlassen habe. Zumal ich persönlich Hofberichterstattung und bezahlte Jubelarien - wie sie im Printbereich z.B. gang und gäbe sind - ablehne. Den beliebten Verriss habe ich mir übrigens meistens erspart, weil ich immer mit dem Ansatz arbeite, dass jeder Künstler sich bei der Musik wohl etwas gedacht hat. Wenn das aber erkennbar nicht der Fall war, dann lohnte sich aus meiner Sicht und bei meiner knapp bemessenen Zeit auch keine weitere Beschäftigung mit dem Objekt. Erstaunt hat mich über die Jahre aber teilweise, wie schwer sich so mancher Musiker aber auch manches Label mit der Öffentlichkeitsarbeit getan haben, obwohl man überall seit jeher Klagen liest und hört wie schwierig es doch sei, sich im Musikmarkt durchzusetzen. Ganz aus dem Nichts entsteht eben keine grenzenlose Huldigung durch das darbende Publikum. Geplatzte Interviews oder keinerlei erkennbare Promotionsaktivitäten kann man hier beispielhaft nennen – und bei NONPOP musste nie jemand eine Anzeige bezahlen o.ä. um Erwähnung zu finden.

Allerdings kann man an dieser Stelle auch wunderbar auf einen Aspekt überleiten, der NONPOP über die Jahre begleitet hat. Wer die Geschichte von LICHTTAUFE/NONPOP kennt, dem vertraue ich kein Geheimnis an, wenn ich feststelle, dass die inhaltliche Ausrichtung des Magazins seit jeher angeeckt ist. Das hat in sehr seltenen Fällen sogar dazu geführt, dass Bands oder Label nicht auf NONPOP erwähnt werden wollten, weil man „Befürchtungen“ hatte oder sich klar distanzieren wollte. Beides hat meinetwegen seine Berechtigung. Der Geist von NONPOP war es aber immer, sich mit Musik zu beschäftigen, die am Rand der normalen Publikums-Wahrnehmung existiert und auch gerne das Abseitige thematisiert. Das hat unzweifelhaft zur Folge, dass man sich mit Inhalten und Ansichten auseinandersetzt, die verstörend wirken können, herausfordernd sind oder die auf Ablehnung stoßen. Nichtsdestotrotz muss man sich die Ansichten eines anderen Menschen auch gar nicht zu eigen machen, kann sie natürlich auch kritisieren; aber sie gar nicht berücksichtigen, sich selbst die Beschäftigung damit verweigern? Ist das keine intellektuelle Selbstbeschränkung? Will man nicht in die vielen Abgründe schauen, in die der Industrial oder auch der Apocalyptic Folk geblickt haben? Sind Konzepte wie das „Deprogramming“ im Industrial oder die Ambivalenz im Apocalyptic Folk uninteressant? Sind die zahlreichen Verweise auf Philosophie, Literatur, Film und Geschichte langweilig – nicht herausfordernd? Oder lässt man sich von Bildern, Images und getrieben vom Reflex das eigenständige Denken abtrainieren? Insofern musste man gewisse Dinge im Laufe der Jahre wohl einfach aushalten bzw. es musste akzeptiert werden, dass NONPOP sich inhaltlich eben teilweise deutlich von anderen Musikmagazinen unterschieden hat.

Was bleibt? Ich habe mich sehr gerne über viele Jahre mit subkultureller Musik und deren Hintergründen beschäftigt und werde dies – wohl nicht mehr öffentlichkeitswirksam – weiter tun, obwohl der Enthusiasmus wohl altersbedingt etwas nachgelassen hat und der Altersstarrsinn vielleicht auch den wohlwollenden Blick auf Neues etwas verstellt. Bei NONPOP habe ich über die Jahre auf jeden Fall mit vielen sympathischen und interessanten Menschen in der Redaktion zu tun gehabt, deren Expertise mir oftmals Respekt eingeflößt hat und die sich aus eigenem Antrieb und mit einem hohen Engagement für die Sache eingesetzt haben. Außerdem hoffe ich natürlich, dem einen oder anderen Leser brauchbare Informationen und Inspiration geliefert zu haben. 

In diesem Sinne: „This was NONPOP!“



p.s: Falls der Wunsch nach jeglicher Bekundung besteht: tonyf [at] freenet.de

 
Tony F. für nonpop.de


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