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Tony F.

Prophecy Fest 2016


Prophecy Fest 2016
Kategorie: Spezial
Wörter: 1756
Erstellt: 11.08.2016
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Nachdem das Debüt des Prophecy-Fests im letzten Jahr noch als eintägige Veranstaltung im September stattfand, hat man in diesem Jahr den Sprung hin zu einem zweitägigen Event – nicht mitgerechnet der Konzertabend am Donnerstag in der Hönnetalhalle – gewagt und den Termin auf das letzte Juliwochenende vorverlegt. Der Austragungsort ist mit der Balver Höhle allerdings derselbe geblieben – zum Glück muss man sagen, denn diese Location ist absolut einmalig in der Festival- oder Konzertlandschaft. Der Sage nach soll hier einst Wieland, der Schmied, von zwei Zwergen das Schmiedehandwerk gelernt haben. Die Höhle selbst bietet dabei locker Platz für die Bühne sowie das Publikum. Die zwei hinten liegenden Höhlenarme wurden zudem noch für das umfangreiche Merchandising sowie eine Ausstellung von FURSY TEYSSIER (LES DISCRETS) genutzt. Bereits am Donnerstag startete das Festival in der nahegelegenen Hönnetalhalle mit drei Acts des örtlich naheliegenden TROLLMUSIC-Labels, dem der Berichterstatter allerdings nicht beiwohnte. 

Freitag

Am Freitag startete das Festival recht früh. Die Befürchtungen, dass es deshalb bei den ersten Bands eher leer vor der Bühne sein würde bestätigten sich allerdings nicht. HEKATE hatten den dennoch etwas schwierigen Part des Eröffnungsacts, wobei grundsätzlich gesagt werden muss, dass die Reihenfolge der Bands einer ganz eigenen Ordnung und Festival-Choreographie folgte. Da man keine Band herausstellen wollte, bekam jede Band genügend Zeit, sich zu präsentieren. Folglich gab es aber auch keinen Headliner, der am Ende spielt und besonders viel Zeit bekommt. Für Leute, die möglichst neue Musik kennen lernen wollen bzw. (noch) nicht so bekannte Acts schätzen, durchaus ein sehr positives Element. HEKATE eröffneten also, wie gesagt, das Festival und da viele Bands spezielle Auftritte vorbereitet hatten – ein zusätzlicher Pluspunkt für das Festival – hatten sich auch HEKATE etwas ausgedacht. Zum einen hatte man sich NILS TANNERT am Marimbaphon als Verstärkung hinzugenommen, der einige Interludes – teils mit Looptechnik – einstreute, zu denen AXEL MENZ kurze Texte vortrug. Zum anderen unterstützte PATRICK DAMIANI, der schon in diversen Metal-Bands sowie bei ROME aktiv war, bei einigen Stücken an der Gitarre/der Trommel. Zudem kamen bei manchen Stücken zwei Bassposaunenspieler zum Einsatz, die ordentlich Fundament in den HEKATE-Sound einzogen. Obwohl die Setlist keine Überraschungen bereithielt, ein erfrischend anderes Konzert.

Die nachfolgenden GERM, die man erstmalig in Europa sehen konnte, drehten dann die Gitarrenverstärker auf, um ihren eigenen Sound zu präsentieren, den vor allem ausmacht, dass der Sänger TIM YATRAS im Großen und Ganzen Schreie ausstößt und nicht growlt oder singt. Die irgendwie fliegend klingende Musik umweht zudem durch den Einsatz heller Synthflächen ein leiser Hauch von 80er-Wave, die den Metal-Sound etwas abrunden. Ein solider Auftritt, wobei man die Intonationen des Sängers auf Dauer schon mögen muss.

Die Franzosen von LES DISCRETS zauberten danach in ihrer angenehm zurückhaltenden Art ein stimmiges und atmosphärisches Shoegaze/Rock-Konzert auf die Bühne. Mit typischem, stark runtergemischtem weiblich/männlichen Doppelgesang und melancholischer Note trotz teils schlagzeuggewaltiger Performance wusste man das Publikum auf jeden Fall zu überzeugen. Gerade rhythmisch erzeugen LES DISCRETS immer wieder Leerstellen aus Stille, die wie ein kurz ausbleibender Herzschlag wirken und die Spannung erhöhen. Neben bekanntem Material gab es auch neue Stücke zu hören, die auf mehr hoffen lassen. Sicherlich auch aus der allgemeinen Publikumssicht ein Highlight des Festivals.

Mit IRON MOUNTAIN ging es dann verstärkt in instrumentale Prog-Rock-Gefilde, wobei die Querflöte als prägendes Instrument quasi den Part des Gesangs übernimmt. Persönlich liegt mir die Art der Musik nicht, weil mir hier Spieltechnik über Atmosphäre, Sinn und Richtung der Musik zu stehen scheint.

SECRETS OF THE MOON ist eine Band, die schon auf der zum zehnjährigen Bestehen von PROPHECY veranstalteten Konzertnacht im Jahr 2006 dabei war. Quasi zum zwanzigjährigen Bestehen des Labels – obwohl das Prophecy Fest 2016 keine offizielle Jubiläumsveranstaltung war – stand die Band also wieder auf einem Labelfestival auf der Bühne. Auf dem Programm stand dabei ein spezielles „Sun“-Set – also das Album von 2015. Die einzelnen Stücke wurden dabei durch Dark Ambient-Sounds verbunden, während auf der Leinwand im Hintergrund der nächste Titel angekündigt wurde, dem ein entsprechendes Zitat beigestellt wurde. Atmosphärisch dunkler, zackiger Metal.

Die anschließenden HELRUNAR waren dann nicht so die Tasse Tee des Berichterstatters, sodass der Tag zeitig endete.

Samstag

Am Samstag ging es, wenn man denn wollte, gleich recht früh wieder los. Wenn man sich nicht eine der Sehenswürdigkeiten der Gegend wie das Schloss Wocklum, die Reckenhöhle, den Sorpesee oder die etwas entferntere aber imposante Burg Altena anschauen wollte oder einfach nur sein Bier auf dem Zeltplatz trinken wollte, dann konnte man sich zur Hönnetalhalle begeben und sich ein Theaterstück basierend auf der Arbeit von WÖLJAGER anschauen. Mit „Van't Liëwen Un Stiäwen“ hat MARCEL DRECKMANN (HELRUNAR) vor kurzem ein Werk herausgebracht, das aus einer CD mit einem Buch besteht – oder umgekehrt. Inhaltlich geht es um eine typische „Spökenkieker“-Geschichte aus dem Münsterland, also um eine Person mit dem zweiten Gesicht, die Unglücke voraussieht. Zeitlich ist das Ganze im Vorfeld des ersten Weltkriegs angelegt. Die CD enthält in einer Mischung aus Instrumentalstücken und welchen mit Gesang – auf Plattdeutsch – quasi den Soundtrack zur Geschichte und hier sollte jeder Neofolkfan definitiv einmal hinhören, denn bei diesem Album gibt es ein gekonntes und eindringliches Werk zu entdecken. Die Bühnenversion bestand aus einem szenischen, schauspielerisch professionellen Drei-Personen-Theaterstück. Daneben wirkte MARCEL DRECKMANN als Erzähler und eben Sänger mit. Musikalisch wurde er dabei durch ein fünfköpfiges Streicher-/Gitarrenensemble unterstützt, das auch teilweise die Spielszenen untermalte. Trotz der minimalistischen Umsetzung wusste der Auftritt absolut zu überzeugen und bot vor allem eine gelungene Abwechslung zum sonstigen Festivalprogramm.

Zurück an der Höhle blieb noch genug Zeit, sich bei besserem Wetter als am Freitag auf dem Vorplatz der Höhle, der eine nette Übersicht ins Tal bietet, die Beine zu vertreten, ehe es mit VÖLUR weiterging. Das Trio in der ungewöhnlichen Besetzung weiblicher Gesang/Violine, männlicher Gesang/Bass und Schlagzeug gehörte dabei zu einem der für mich interessantesten Acts des Festivals. Irgendwo zwischen ritueller Atmosphäre und wuchtigem Doom oszillierte jedenfalls der eindrückliche Sound der Band. Die Violine übernahm dabei teilweise den Part der Gitarre und sorgte andererseits wieder für düstere Melodien. Ebenso wurden die deftigeren musikalischen Parts mit drückenden Growls verstärkt, während atmosphärische Teilstücke mit sakralem weiblichem und männlichen Gesang versehen wurden. Sollte man im Auge behalten.

Das Kontrastprogramm gab es anschließend mit BOHREN & DER CLUB OF GORE, die ausdrücklich als nicht PROPHECY-Band eingeladen worden waren. Das Trio agierte wie gewohnt auf einer sorgsam beleuchteten, extrem schummerigen Bühne, über die der Nebel waberte. Im Zusammenspiel mit der Musik fühlte man sich unweigerlich in eine schmierige Trinkerkneipe in der Nacht versetzt oder wahlweise in eine nächtliche, verregnete, städtische Filmszene, in der einsame Gestalten unterwegs sind. Der dargebotene instrumentale Doom-Jazz-Ambient mit unglaublich drückendem Bass verfehlte jedenfalls nicht seine Wirkung, wobei die eingestreuten trocken-ironischen Ansagen zwischen den Stücken den Spaß noch erhöhten. In jedem Fall eine interessante Ausweitung des Soundspektrums des Festivals. 

ANTIMATTER ist eine Band, mit der ich persönlich leider gar nichts anfangen kann. Songs und Bühnenauftritt sind aus meiner Sicht einfach zu konventioneller Rock, als dass mich das Ganze begeistern könnte.

Einen gewissen Exotenbonus hatten sicherlich die folgenden Isländer GLERAKUR, die mit zwei Schlagzeugern und Unmengen an Gitarristen und Bassisten angereist waren, um dem Publikum eine Betonwand aus Klang entgegenzustellen, die ab und zu auch einige Ritzen und Löcher ließ. Bringt das Konzept eines zweiten Schlagzeugs oft nichts außer ein bisschen Show, so hatte man hier die Schlagzeuge so abgemischt und setzte sie auch so ein, dass auch wirklich unterschiedliche Rhythmen heraushörbar waren. Das traf bei der geballten Post-Rock-Kraft der Saitenfraktion nur bedingt zu. Hier einzelne Gitarristen heraushören zu wollen, war schon etwas für Spezialisten. Aufgrund der Soundgewalt sicher überwältigend. Ansonsten aber auch nichts, was andere nicht auch schon gemacht haben.

Dass die Running-Order des Festivals nicht unbedingt nach Publikumszuspruch zusammengestellt war, merkte man spätestens beim Auftritt von ALCEST, die ein Set auf der Basis des 2010er Albums „Écailles De Lune“ aufgebaut hatten. Ohne andere Bands schlechter darstellen zu wollen, passte hier wirklich alles. Dynamik, Wucht, Melodiösität und ein in keiner Sekunde abbrechender Spannungsbogen sorgten für ausgelassene Stimmung unter den rund 1.000 Besuchern des Festivals. Mit Sicherheit einer der besten oder sogar der beste Auftritt an diesem Wochenende. Punkt!

Obwohl die nachfolgenden SOL INVICTUS sicher ein echtes Kontrastprogramm darstellen, war die Höhle aber auch bei diesem Auftritt gut gefüllt. Es bleibt ohnehin festzustellen, dass das Publikum eigentlich während des gesamten Festivals ständig präsent war. Zudem fiel positiv auf, dass der leider oft zu beobachtende „Smart-Phone-Wald“ weitestgehend ausblieb und auch bei leisen Passagen während der Auftritte eigentlich kaum Publikumslärm durchdrang. Interessierte man sich am Ende wirklich für die Musik? Das ist man heute ja kaum noch gewohnt. TONY WAKEFORD hatte sich zu der momentanen Besetzung jedenfalls eine kräftige Verstärkung mitgebracht, die aus MATT HOWDEN, der endlich wieder ein ganzes Konzert mit SOL INVICTUS spielte und den man auch gerne im nächsten Jahr mit SIEBEN einladen könnte, JO QUAIL am Cello und DON ANDERSON (AGALLOCH) an der E-Gitarre bestand. Am Anfang herrschte zwar noch einige Nervosität; diese legte sich aber im späteren Verlauf. TONY WAKEFORD stand auch endlich einmal wieder bei einem Konzert und zugleich fiel der Gesang deutlich griffiger aus als sonst schon einmal. Es folgte ein Streifzug durch die Geschichte der Band, der fast alle Alben berührte und mit Titeln wie „The World Shrugged“ und „In Days To Come“ auch seltener zu hörende Stücke beinhaltete. Nach dem wuchtigen „Black Easter“ kündigte TONY WAKEFORD als Dank an DON ANDERSON noch ein AGALLOCH-Cover namens „Kneel To The Cross“ an, was natürlich ein Witz war, da AGALLOCH „Kneel To The Cross“ einst für den SOL INVICTUS Tribute Sampler „Sol Lucet Omnibus“ gecovert haben. Mit dem Chorus „Sumer is Icumen in! Arise! Arise!” endete auf jeden Fall ein für mich unerwartet umjubelter Auftritt. 

Da man mit dem Zeitplan bereits deutlich im Verzug war und die Energie nach einem so langen Tag auch nicht mehr für VEMOD reichte, reifte jedenfalls der Entschluss, den Abend dann auch ausklingen zu lassen. Was bleibt? Ein rundherum gelungenes, entspanntes Festival in einer hochinteressanten Location, das mit seinem vielleicht etwas eigenwilligen Anspruch positiv aus der Festivallandschaft herausragt.

 
Tony F. für nonpop.de


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