MAI Auf die EP "iSH", die im Zuge der „UNUN“-Serie auf RASTER-NOTON erschien, folgt nun "IS (IS SUPERPOWERED)" von KYOKA (Besprechung). KYOKA ist nicht nur der erste weibliche Act des Labels, sonderns ist auch mehr Sprachperformerin als Musikerin. Deshalb ist auf dieser Veröffentlichung eine, zwar zu Teilen verfremdete, aber eben natürliche, also nicht-synthetische Stimme, zu hören. Diese fungiert als unabhängiges Instrument, das im Durcheinander der Sprachen, doch immer den richtigen Ton trifft. Die Assoziationen zu KYOKA sind zahlreich. Streckenweise können Anleihen von NWW herausgehört werden, dann erinnert das Musikalische hier und da an MARC WANNABEE. Und ja, das Gesamte rückt hier und da in die Nähe zu DIAMANDA GALAS. Die ersten zwei Titel, "Intl-A_Bln" und "Flashback", können als Intros verstanden werden. Der erste noch ohne dass etwas gesprochen wird, der zweite als wiederkehrende, sich wiederholende Stimme. "Line Up" wird dann sowohl musikalisch als auch stimmlich nervöser. Eine rappende männliche Stimme tritt dann hinzu. "Rot Neu" bleibt Rhythmisch. Daraufhin folgt mit "Rollin' & Tumblin" das erste Highlight. Dann, auf "New Energie Shuffle", das heiter bewegt ist, folgt "Toy Planet". Dieses Stück ist eine einzig rhythmisch rituell beschwörende Stimme. "Moonboots" läutet dann den Schlussteil des Albums ein. Ruhiger, dennoch außergewöhnlich, mit einer Bassgitarre und einem nach einem Schneidewerkzeug klingenden Sound unterlegt. "Re-Pulsion" behält diesen, nun allerdings andersfarbig leicht funky klingenden Bassgitarren-Sound bei, wird jedoch eher von der Stimme getragen, bis mit "Piezo Version Vision" das längste und wohl heftigste Stück dieses Albums einsetzt. Hier einer der Songs des Albums zum Nachhören... Die Bands, die sich auf die Werke von J.R.R. TOLKIEN beziehen, sind ja durchaus nicht wenige. Eine davon nennt sich AINULINDALE und ist das Projekt des Franzosen THOMAS REYBARD. AINULINDALE dürften zumindest der Neofolk-Gemeinde etwas sagen, da das erste Album "The Lay Of Leithian". Mit "Nevrast" (Besprechung) folgt nun ein zweites Album, dessen Titel eine Bezeichnung für die Nord-West-Küste Mittelerdes ist. Inhaltlich beschäftigt sich das Album mit verschiedenen Themen in Bezug auf diesen Landstrich. Musikalisch bewegt sich das Album in bester Neofolk-Tradition, wobei hier nicht der direkte, etwas raue englische Apocalyptic-Folk im Vordergrund steht, sondern eher eine klassische Herangehensweise, wie man sie von Bands wie NEUTRAL oder ROMOWE RIKOITO her kennt. Folglich trifft man auf ordentlich ausgearbeitete, melodische Stücke mit viel Atmosphäre und mit musikalischem Können vorgetragen. Neben der obligatorischen Akustikgitarre und dem männlichen und weiblichen Gesang sind noch Violinen, verschiedene Trommeln und sogar Bläser zu hören. Instrumentale Stücke und Passagen wechseln mit melancholischen Gesangsstücken. Zudem wird pointiert mit Chören gearbeitet. Abgerundet wird die Veröffentlichung mit einem schlichten, aber sehr schönen, passenden Artwork, das die Stimmung des Albums gelungen unterstreicht. Als soundtechnische Zugabe liegt der Veröffentlichung zudem das Album im 5.1 Surround-Mix auf DVD bei. Hier könnt Ihr das komplette Album durchskippen: SKORNEG, eine Kollaboration zwischen CYCLIC LAW-Betreiber FRÉDÉRIC ARBOUR und CHRISTIAN CORVELLEC, einer Hälfte des kanadischen Dark Ambient-/Drone-Projekts SKINWELL, legten mit "Foehn" (Besprchung) eine der stimmigsten und überzeugendsten Dark Ambient-Veröffentlichungen der letzten Monate vor. Das Album ist konsequent durchdacht und besticht durch einen überzeugend strukturierten, komplexen Aufbau. Der Sound ist massiv und voluminös, die Komposition beeindruckt durch buchstäbliche Vielschichtigkeit und genreuntypischen Variationsreichtum. Jeder der vier Titel hat etwas zu erzählen. Schon der dezidiert deep-dronige Eingangstitel "Skorneg" erinnert an die frühen INADE in ihren besten Momenten: Kontinuierlich schieben sich brummende und rumpelnde Soundschichten übereinander, immer wieder durchbrochen von Geräuschkaskaden, die an niedergehende Eismassen irgendwo in den Einöden der Polarzone erinnern. Mit "Serac" folgt ein Stück, das stark an frühe LUSTMORD-Werke wie "Paradise Disowned" oder "Heresy" erinnert, dezidiert atmosphärisch-ruhig beginnt, um im weiteren Verlauf mit dezenten Rhythmusstrukturen zu überraschen. Der daran anschließende Titeltrack "Foehn" sowie der das Opus abschließende Zwölfminüter "Sherpas" setzen die skizzierte Linie ohne konzeptuelle und/oder qualitative Abweichungen konsequent fort. Die Assoziationen, die sich während des Hörens einstellen, changieren irgendwo zwischen Ionenstürmen in den Tiefen des Weltraums und der undurchdringlichen Finsternis einer Polarnacht. Welche Erwartungen soll man an eine Band stellen, deren Bandname ein Seitenhieb auf die WESTBORO BAPTIST CHURCH ist und die ihr Debütalbum "As We Took A Power Nap" (Besprechung) benennen? Ein bisschen Krautrock, ein bisschen Elektronisches á la KRAFTWERK ... und was als Gesamteindruck übrig bleibt ist dann recht eigenwilliger Independent Rock, unterbrochen durch die kurzen elektronischen Stücke "Frequencies" und "Zufallskomposition #6". Ob es groovige Psychedelic-Rhythmen wie im ersten Lied "Akshak" sind oder 80er-Jahre-mäßige Synthies im darauffolgenden "Frequencie", die Songs bedienen sich alle am Repertoire vergangener Jahrzehnte. Die Stücke sind alle recht dicht sind und bieten einiges an Überraschung und Abwechslung. GOD LOVES FAGS scheinen viel Kreativität in sich zu haben. So unterschiedlich wie die Lieder sind, bleibt es abzuwarten, wie sich die Band entwickeln wird. Hier der Opener des Albums...
Musiker aus Island müssen sich seit jeher mit dem Klischee auseinandersetzen, dass ihre Musik zwangsläufig eine akustische Verarbeitung überwältigender Naturgewalten sei. Wer dies ähnlich sieht, der dürfte auch unweigerlich grenzenlose Freude am musikalischen Schaffen der isländischen Cellistin HILDUR GUDNADOTTIR haben, die mit "Saman" (Besprechung) nun ihr viertes Solo-Album vorlegt. Der Titel, der soviel wie "Resonanz" bedeutet, gibt dann auch gleich das Konzept des Albums wieder: Cello und Stimme in Reaktion aufeinander. Das dabei keine Songs im herkömmlichen Sinne entstehen, ist naheliegend. Es entstehen vielmehr Stimmungsbilder und Klanglandschaften; HILDURs ätherische Stimme thront weltfern und fremd über den meist melancholischen Melodiebögen des Cellos. Will man populäre Musik als Vergleich heranziehen, um das Einordnen leichter zu gestalten, so würden sich zweifelsohne die Landsmänner von SIGUR RÓS anbieten, auch wenn HILDURs Musik minimalistischer daherkommt. Diese CD ist nichts, was sich schnell erschließen lässt. Die Musik fordert Zeit und Aufmerksamkeit, Ruhe und Rückzug ein. Wenn man dem nachkommt, gewinnt sie dafür umso mehr. Schließt man die Augen und lässt sich darauf ein, dann schwebt man, begleitet von fragilen Klängen durch die eisigen Weiten und Gletscher Islands. Wie ein Soundtrack für Naturstimmungen kommt diese CD daher... Einzelne Songs könnte Ihr hier nachhören... Ein Saxophon ist das Musikinstrument vergangener Zeiten. Einst trug es den Jazz. Dann, in den 1980er Jahren, kam man auf die Idee, es zur Popmusik zu spielen. Das allerdings war schon bald nicht mehr zu ertragen. Lange Zeit hörte man dann kein Saxophon mehr. Doch siehe, d.h. höre, da ... EGG3 heißt die Band. Und diese – bestehend aus VIDAR K. SCHANCHE, STÅLE BIRKELAND und INGE BREISTEIN – verknüpft auf dem aktuellen Album "The Butcher Diaries" (Besprechung) das Saxophon mit Rockmusik, die allerdings auch immer wieder mal aufbricht. Wir hören da zum Beispiel stark Improvisiertes – aber auch derb Rockiges, das sich dann manchmal sogar völlig ausnimmt und von Zeit zu Zeit ruhig ambienten Passagen den Vortritt lässt. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist der dritte Titel: "Red, Bring The Head". Er beginnt mit einer Passage, die durchaus von LYDIA LUNCHs "Drowning In Limbo" stammen könnte – sicher, auch die 1980er Jahre, doch eben keine Popmusik. Dann, nach etwas mehr als einer Minute, setzt dazu ein treibend gespieltes Rockriff ein, das nach nur wenigen Takten wieder bricht und mit einem anderen Thema weitermacht, um dann wieder ersteres aufzunehmen. EGG3 beweisen Mut, sowohl zum besonderen Inhalt als auch zur Form. Unter dem programmatischen Titel "Society Suicide" (Besprechung) meldet sich das polnische Duo JOB KARMA nach einer vierjährigen Pause zurück. Passend zum Titel des neuen Albums enthält das Klappcover ein Statement zur Lage der Welt, die eben nicht als sehr rosig bezeichnet wird. Passend dazu verwenden JOB KARMA Ein-Wort-Titel, die fast wie eine Aufzählung von Todsünden wirken und die zudem sehr schnell und direkt Assoziationen beim Hörer wecken: "Oil", "Trees" oder "Greed" genannt. Musikalisch wählt man einen etwas weicheren, auch verspielteren Ansatz, als die Titel es vielleicht erwarten lassen, und auch im Verhältnis zum Vorgängeralbum, das etwas kantiger ausfiel und bei dem häufig mit Sprachsamples gearbeitet wurde. Anknüpfend an der Arbeit als 7JK singt MATT HOWDEN das betörende "Earth" – einen der Höhepunkte des Albums. Aber auch THOM FUHRMANN von der kalifornischen Kult-Band SAVAGE REPUBLIC, der das treibende, ebenfalls überaus überzeugende "Oi"“ post-punkig intoniert, oder MONIKA KUBACKA ("Blackout") steuern Gesang bei. Da die Hauptbindung über die Musik läuft, wirkt das Album trotzdem wie aus einem Guss. Durch den Gesang verschiebt sich der Gesamteindruck der Musik trotz der beherrschenden Elektronik mehr in eine organische Richtung, was sich allerdings auch am Sounddesign insgesamt und an der detailverliebten Umsetzung ablesen lässt. Anhören: Wer, bitteschön, hätte damit noch gerechnet? Mit "Lacrimae Mundi" (Besprechung) liegt das dritte Vollzeit-Studioalbum des kroatischen Dark Ambient-Projektes TeHÔM vor. Ähnlich wie schon auf "Theriomorphic Spirits" präsentiert RAJAKOVIC vielschichtige und komplex aufgebaute Soundlandschaften, deren Grundstimmung qua Einbindung von allerlei Percussion, Streicher- und Posaunenklang souverän zwischen martialisch tönenden Beschwörungen, rituell-sinistren Meditationen und atmosphärischen Stimmungsbildern hin- und herwechselt. "Lacrimae Mundi" zelebriert erfreulich facettenreichen Dark Ambient, der um Monotonie und Langatmigkeit geschickt herumzunavigieren weiß. Der dezidiert unironische, "klassisch" okkult anmutende Habitus, der hier gepflegt wird, entfaltet bisweilen einen nostalgischen Vintage-Charme, der in seinen besten Momenten durchaus reizvoll ist, in seinen weniger guten jedoch ins unfreiwillig Komische zu kippen droht. Für diejenigen, die sich am zuverlässigsten anhand von Vergleichen ein Bild machen, seien beispielhaft HERBST9 und INADE, SEPHIROT, ENDVRA, VASILISK, RAPOON oder gar ROBERT RICH genannt. Wir es hier mit einem Stück Musik zu tun, das sich nicht unbedingt auf Anhieb erschließt: Nach spontanen euphorischen Ausbrüchen im Verlauf des ersten Hördurchgangs flaute der Enthusiasmus des Rezensenten im Zuge der zweiten und dritten Wiederholung empfindlich ab, um sich schlussendlich denn doch wieder in luftige Höhen emporzuschwingen und – dort zu verbleiben. Angesichts eines solch ausgesucht kurzweiligen Dark Ambient-Liederkränzleins sei dem Herrn RAJAKOVIC sein offenkundig ausgeprägtes Faible für jene magisch-mystisch-okkulte Bierernsthaftigkeit, wie sie insbesondere in den frühen 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts en vogue war, jedenfalls mit warmem Wohlwollen nachgesehen.
Um ehrlich zu sein, ist diese Platte nur wegen eines Musikinstrumentes bei mir gelandet – wegen des Trautoniums. Auch die aus Wien stammende Band METALYCÉE nutzt auf ihrem aktuellen Album "Expat Blues" (Besprechung) ein Trautonium. In Verbindung mit der rezitativen Stimme von MELITA JURISIC erinnert das Ganze nun an eine Kreuzung aus Trip-Hop, Dubstep, FEVER RAY und PORTISHEAD. Es klingt finster, doch sehr lebendig. Schon "Northwest To Southeast" (01) besticht durch einen eigenen tiefsitzenden Sound, der von einer schweren Bassdrum getragen und mit einem Wabern unterlegt wird, über dem sich eine Snare bricht. Mit "Torturer" (02) wird’s dann recht heftig. Ein Schlagzeuglauf und ein tiefes Brummen treiben das Stück. Auf "Expat Blues" (03) wieder ein Wabern, Brummen und ein Schlagzeug mit tieffrequenter Bassdrum. "Everything" (04) beginnt, wie schon der erste Titel, mit dem Trautonium. Man kann das Instrument recht deutlich hören. Dazu dann Stimme und Rhythmus, der als tragendes Element das gesamte Album bestimmt. Das Ende des Albums wird sehr ruhig. "The Right Track" (07) ist nur spärlich instrumentiert. Es wird von der wirklich phänomenalen Stimme MELITA JURISICs getragen, die hier stark an LAURIE ANDERSON erinnert. Dazu knistert und brummt es bis zum Schluss. Ein in seiner Gesamtheit beeindruckendes Album, das wuchtig und höchst eigenständig klingt. Der Titelsong: MATZUMI ist eine junge Künstlerin, die sich schon seit einiger Zeit einer Art von elektronischer Musik verschrieben hat, die auf dem Erbe von New Age sowie Künstlern wie JEAN MICHEL JARRE, VANGELIS oder TANGERINE DREAM aufbaut. Die Hochzeit dieser Musik liegt ohne Frage schon einige Zeit zurück, wobei es MATZUMI aber gerade durch den Einsatz ihrer Stimme als zusätzliches Instrument gelingt, den Sound Richtung Ethereal Wave zu verschieben. Auf "Symphony Of Silence And Humility" (Besprechung), das quasi aus einem durchgängigen Stück Musik besteht, regieren jedenfalls eher helle Flächen und erhabene Melodien, zu denen MATZUMI mal hintergründiger, mal führender ihren Gesang stellt. Dazu arbeiten sich immer mal wieder dynamisierende Sequenzen nach vorne oder es werden drängende Rhythmusspuren ausgelegt. Neben der ganzen Elektronik kommen allerdings auch noch natürliche Flöten- oder Akustik- und E-Gitarrenklänge zum Einsatz, die von diversen Gastmusikern beigetragen werden. Thematisch beschäftigt sich die Musikerin mit dem Beginn und Werden von Leben auf der Erde, aber auch mit dessen Ausrottung und Wiedergeburt in anderer Form. Neben leicht orientalisch klingenden Bestandteilen steht dabei vor allem das Symphonische im Vordergrund. Der Gesang auf dem Album fällt mal erhabener und mal wehmütiger aus. Insgesamt ist "Symphony Of Silence And Humility" ein stimmiges und atmosphärisches Werk, das sicherlich auch Freunde in angrenzenden Genres finden dürfte.
Antje M.M. für nonpop.de
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