"Return To Annihilation" (Besprechung), das sechste offizielle Studioalbum von LOCRIAN, fasst die verschiedenen stilistischen Facetten der Band zu einem stimmigen Konzeptwerk zusammen, das als Soundtrack zur letzten, entscheidender Phase der Menschheit verstanden werden kann: Die Masken fallen, der Schleier vor den Dingen hebt sich und gibt den Blick frei auf das innerste Wesen, die Substanz jener glitzernden, verführerisch schimmernden Welt der Vielfalt. Am Ziel seiner Mühen gähnt dem Suchenden das Nichts entgegen. Musikalisch erscheint das Album weit weniger apokalyptisch, als man es erwarten würde – wenigstens dann, wenn man apokalyptische Umtriebigkeit mit finsterem Ingrimm gleichsetzt. Der sich durch das Album ziehende Grundton ist zweifelsohne gedämpft und in Teilen durchaus düster, doch wird allenthalben postrockige Hymnenhaftigkeit zelebriert, die dies nachhaltig abgefedert. Im Vergleich zu den Vorgängeralben kann das aktuelle Werk als bis dato zugänglichster und schmissigster Output der Herren FOISY, HANNUM und HESS gelten, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass insbesondere die sperrigen Noisepassagen deutlich in den Hintergrund gerückt sind. Will man den Sound von "Return To Annihilation" auf einen einigermaßen prägnanten Begriff bringen, so könnte man ihn als ruppiges Postrock-Doom-Drone-Konglomerat mit black-metalesken und prog- bis krautrockigen Einsprengseln bezeichnen. So schließt sich in jeder Hinsicht der Kreis und überhaupt wird man den Eindruck nicht los, als fügten sich sämtliche Teilaspekte, die die Musik der Band zwischen Noise und Elektronik, Doom, Drone, Post und Black Metal im Laufe der vergangenen Jahre bestimmten und formten, zu einem großen Ganzen zusammen und höben sämtliche internen Dissonanzen in einer großen, harmonischen Synthese auf. "Return To Annihilation" kommt als ausgereiftes Meisterwerk einer Band daher, die ihre Selbstfindung abgeschlossen und einen eigenen, souveränen Stil entwickelt hat. Hier der Titeltrack zum Anhören:
Bei AGARTTHA handelt es sich um ein spannendes neues Solo-Projekt aus Italien. Das aktuelle Debütalbum, "A Water Which Does Not Wet Hands" (Besprechung) ist zum einen von MICHAEL SENDIVOGIUS beeinflusst, einem polnischen Alchemisten und Vorreiter der Chemie, aus dem 16. Jahrhundert, der heute als einer der Vorreiter der Chemie gesehen wird, zum anderen dienten Zeichnungen einer Achtjährigen als Quelle, einer Patientin des Schweizer Psychiaters CARL GUSTAV JUNG, die eine Zeit lang von Todessymbolen träumte und diese in einem kleinen Büchlein festhielt, bevor sie an einer schweren Krankheit starb. Eine dunkle, sehr geheimnisvolle, dröhnende und alchemistische Atmosphäre eröffnet das Album die nach dieser Einführung aufkommen, werden nicht enttäuscht. Ein langer, leiser und vibrierenden Frequenz-Drone, in den sich eine zerrende Bassgitarre hinein wühlt eröffnet das Album. Massive Trommeln, ein trockenes Schlagzeug und verwehter Frauengesang setzen nach und nach ein. Spätestens mit der einsetzenden Orgel entsteht ein wildes, magisches Gebräu. Im Verlauf des Albums bekommt die Stimme mehr Gewicht, die Lyrics sind zu verstehen. Zauberhaft und beschwörend, begleitet nur von einzelnen, einer Leier ähnlichen Tönen. Die Grenze zum Metal wird überschritten, es donnert los wie ein in Bewegung geratener Felsbrocken. Gegen Ende werden nahezu alle vorhandenen Elemente zusammengebracht: eine packende Mischung aus Doom, Ambient und 4AD-mäßigem Sphärengesang. Mystisch im besten Sinnes des Wortes! In Ergänzung zu dem Song im Original-Artikel haben wir hier einen weiteren Track für Euch:
"Schicksalsfahrt" (Besprechung) ist das nunmehr zehnte Album von HENRYK VOGEL, das sich thematisch der Fliegerei und den Flügen, sowie dahinter stehenden Philosophien von Himmelsschwärmern wie SAINT-EXUPERY oder der Dresdener Flugpionierin AMELIE BEESE annimmt. Stimmungsvoll und in bester DARKWOOD-Tradition geht es los und schnell wird deutlich, dass sich einiges getan hat, denn die Melodien und Arrangements sind komplexer und abwechslungsreicher geworden und auch gesanglich liefert HENRYK VOGEL hier seine zweifellos beste Leistung ab. Es folgen experimentelle und ruhige Stücke wie „Nightshade“ und schnelle, melodiöse Titel mit Geige, Cello und zurückhaltendem Gesang wie "Fliegergedicht". Erfreulicherweise wird das hohe Niveau bis zum Ende der CD durchgehalten, einen musikalischen Ausfall gibt es auf „Schicksalsfahrt“ nicht. DARKWOOD haben mit diesem Album ein ambitioniertes und gereiftes Werk abgeliefert, das sowohl musikalisch als auch inhaltlich Akzente setzt und das daher als das mit Abstand beste DARKWOOD-Werk angesehen werden kann. Als Beispieltrack zum Hören: "Der Letzte Flug"...
CAVERN OF ANTI-MATTER nennt sich die neue Instrumentalband, die TIM GANE im vergangenen Winter (2012) gegründet hat. Beteiligt sind der Ex-STEREOLAB-Drummer JOE DILWORTH sowie HOLGER ZAPF an den Tasten. Das Cover des ersten Albums ziert eine düstere Industrie-Collage; die Musik ist allerdings wesentlich weniger apokalyptisch, als es Umfeld und Cover vermuten lassen. "Blood-Drums" (Besprechung) startet mit einer sehr energischen, kurbelnden Synthiemelodie und diversen Arten von Beats und Percussion, die wie im Loop vor sich hin tickern. Hinzukommen schwebende, analoge Science Fiction-Sounds aus den 70ern, die zum Teil von einem einfachen, aber unwiderstehlichen Rhythmus begleitet werden. Brummender Ambient und flirrende, wirbelnde Tonfolgen aus dem Synthie ergänzen die A-Seite. Seite B eröffnet überraschend mit Rock; Schlagzeug, Bass und Gitarre grooven entspannt vor sich hin. Es folgt langsamer, jazziger Dark Ambient, auch KRAFTWERK-ähnliche Klänge fehlen nicht, die im Ansatz sogar Vocal-Samples beinhalten. Die 16 Stücke auf "Blood-Drums" vereinen vorwiegend elektronische und sehr rhythmische Musik, wofür unter anderem das (handgemachte) Schlagzeug sorgt. Das Klangbild ist überaus analog. Bei aller Dystopie, die das Umfeld verströmt, ist das Ergebnis für meine Ohren überraschend wenig düster.
GUDRUN GUT, die Ikone der 1980er Jahre, Gründungsmitglied der legendären Band MALARIA! und Gründerin des Labels MONIKA ENTERPRISE hat nun nach ihrem 2012 veröffentlichten Album "Wildlife" eine kleine aber feine 7''-Single (Besprechung), die auf 300 Stück limitiert ist, fertiggestellt. Auf dieser Single sind ein eigener Remix eines von CANNED HEAT stammenden Titels und ein von BRANDT BRAUER FRICK geremixter Titel, der vom „Wildlife“-Album herstammt zu hören. Auf der digitalen Version kommt noch eine THOMAS FEHLMANN-Version des ersten Titels hinzu. Sehr abwechslungsreich und spannend ist das, da die Titel gewissermaßen eine Transformation von stampfend trashig zu klubakustisch, elektrobeschwingt durchlaufen. Die Single beginnt mit "Going up the Country" und macht aus dem simpel gespielten Original Elektroclash mit einer hippieesken Flötenmelodie. Tiger“, ein Titel der "Wildlife"-CD, folgt. Hier werden die durchweg akustischen Instrumente so gespielt, dass man in einem Elektroklub zu stehen glaubt. Ein Track aus dem aktuellen Album:
Außerdem sprach Michael We. in einer QUINTESSENZ mit TIM GANE (STEREOLAB) über CAVERN OF ANTIMATTER (Interview) und andrewkorsch berichtete vom SCHLAGSTROM FESTIVAL in Berlin (Bericht). ANGESPIELT haben wir JASTREB: "Mother Europe", LAKOBEIL: "Kiss My Ape!", IN MEDITARIVM: "Drift In Sodom" (Kurzbesprechungen) und die Download-Veröffentlichungen von ULVER (Kurzbesprechungen).
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