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Michael We.

ULVER im Paket ("Messe I.X–VI.X" u.a.)

Neue und erwähnenswerte Veröffentlichungen im Download-Shop


ULVER im Paket (
Kategorie: Spezial
Wörter: 1282
Erstellt: 09.09.2013
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Neue Download-Shops von Bands locken mich normalerweise nicht hinterm Ofen vor. Zum zigten Mal wird altes Material wiederverwertet, und das oft recht lieblos. ULVER haben im vergangenen Jahr angekündigt, sich selbst mehr um die Vermarktung ihrer Produkte kümmern zu wollen, vor allem digital, und haben deshalb auf JESTER RECORDS einen solchen Download-Shop eingerichtet. Dieser bietet momentan einige Vorteile gegenüber CDs und LPs: Zum einen ist "Live At Roadburn" dort schon erhältlich, wohingegen die CD offenbar seit Wochen Probleme hat, in die entsprechenden Mailorder-Läden zu gelangen. Ebenso verhält es sich mit dem neuen Studioalbum "Messe I.X–VI.X". Ärger bei der Pressung (LP) und überraschend viele Vorbestellungen (CD) sorgen für Verzögerungen; digital ist das Werk aber schon seit rund zwei Wochen erhältlich. Auch, wie ULVER konstatieren, um der illegalen Verbreitung von (Promo)Files Einhalt zu gebieten. Schließlich findet sich in diesem Shop eine obligatorische Zusammenstellung diverser Sampler- und Soundtrack-Beiträge von ULVER, die ansonsten entweder schwer zu bekommen sind oder gar nie veröffentlicht wurden. Mit diesem mp3-Shop mache ich also meinen Frieden und stelle die drei angesprochenen Alben kurz vor. Ich empfehle selbstverständlich trotzdem, sich später die physikalischen Tonträger zu kaufen, zumal die Downloads zwar günstig sind, aber fast ohne Beiwerk (Booklets etc.) auskommen ...

ULVER: Live At Roadburn
ROADBURN RECORDS, August 2013, 2LP / CD / Download



Schon das Cover weist starke Ähnlichkeiten mit dem letzten Album "Childhood's End" (NONPOP-Besprechung) auf, und auch der Untertitel "Euology For The Late Sixties" verrät es: "Live At Roadburn" besteht ausschließlich aus Material des jüngsten Werkes. Darauf coverten ULVER 16 eher unbekannte Psych-Rock-Songs der 1960er, unter anderem von THE PRETTY THINGS, JEFFERSON AIRPLANE oder GANDALF. Zehn davon spielten sie 2012 live in Roadburn, beim renommierten gleichnamigen Festival; angeblich soll dies die einzige Aufführung von "Childhood's End" bleiben, sagt die Band. Sänger (und Produzent) KRISTOFFER RYGG mischte das Ergebnis selbst ab, und in den kommenden Wochen liegt nun also ein waschechtes Konzertalbum der Norweger vor.

"Live At Roadburn" besitzt einen sehr starken Livecharakter, wirkt nicht wie eine auf Bühne getrimmte Studioversion. Scheinbar unbearbeitet und ungeschönt werden die Songs festgehalten, dennoch sauber und klar produziert, so als stünde man direkt neben der Bühne. Obwohl das Publikum recht leise zu hören ist und die Interaktion der Band sich auf spartanische Ansagen beschränkt, entsteht so eine sehr nahe Atmosphäre. Die Leistung der Musiker ist stark, die Stücke behalten ihren magischen Charakter. Allerdings wirken alle Lieder ausnahmslos kraftvoller, rockiger als auf dem Album, sehr direkt und weniger verträumt. So kommen diese Coverversionen vielleicht den Original-Performances der 60er-Bands ein Stück näher als die Studio-Ausgaben. "Magic Hollow" – wie auch auf dem Album – ist das Highlight, in einer abgespeckten Version mit sanft gezupfter E-Gitarre, handgemachter Percussion und einigen wenigen, leisen akustischen Instrumenten. Das Konzert endet mit einer an CAN gerichteten, elfminütigen Improvisation, rockend und orgelig. Sehr schade, dass hier am Ende einfach ausgeblendet (!) und keine Publikumsreaktion mehr festgehalten wird – das ist kein würdiges Ende für ein Konzert!

Sicher eher eine Platte für überzeugte ULVER-Fans, zumal bei dem kaum vorhandenen Live-Material in der Diskografie. Wer "Childhood's End" mochte, kann hier gut Vergleiche zwischen 'live' und 'Studio' ziehen. Für Einsteiger der vergangenen Jahre empfiehlt sich doch eher die Studio-Version oder "Wars Of The Roses" (Besprechung).

ULVER: Messe I.X–VI.X
JESTER RECORDS, September 2013, LP / CD / Download



Das aktuelle Studioalbum der Norweger war eine Auftragsarbeit. Die Anfrage kam vom KULTURHAUS in Tromsø, der achtgrößten norwegischen Stadt. ULVER sollten zusammen mit dem 21köpfigen Kammerorchester von Tromsø ein neues Werk komponieren und dann im KULTURHAUS uraufführen. Am 21. September 2012 fand diese Uraufführung statt, und der Mitschnitt war die Voraussetzung für "Messe I.X–VI.X", wie das Album jetzt heißt. ULVER betonen, dass es sich nicht um ein Livealbum handelt, also keine bloße Aufzeichnung, sondern dass das Konzert lediglich die Basis bildet und dennoch sehr viele Stunden im Tonstudio nötig waren. Die "Messe" spielten ULVER übrigens auch live auf dem vergangenen WGT ...

Nach zwei zugänglicheren Alben ("Wars Of The Roses" und "Childhood's End") folgt nun – wie so häufig bei ULVER – ein Richtungswechsel. "Messe I.X–VI." schließt mit seinen rund 45 Minuten wieder eher an das zurückhaltende, introvertierte "Shadows Of The Sun" von 2007 an, wird phasenweise allerdings noch düsterer.
Der mächtige, fast zwölfminütige Opener mit dem seltsamen Namen ("As Syrians Pour In, Lebanon Grapples With Ghosts Of A Bloody Past") bleibt lange Zeit kammermusikalischer Dark Ambient, knisternd und raunend, mit weinenden Instrumenten. Nach und nach formt sich eine Melodie heraus, auf die sich weitere Instrumente türmen wie ein Berg, so dass die zweite Hälfte des Stückes eine Mischung aus dröhnendem Riesen und klassischer Trauermusik ist. Verbindungen zu den ersten, 'trolligen' ULVER-Werken sind durchaus hörbar. "Shri Schneider" (02) mischt technische und akustische Improvisation; ruhiger Ambient mit einigen Ausbrüchen und: Bis dato läuft die "Messe" komplett ohne Gesang! Auch "Glamour Box" (03) bleibt instrumental. Warme, dronige Flächen liegen im Hintergrund, darüber gezupfte Streicher und andere Melodiefragmente, vermischt mit gegen Ende immer intensiver werdenden metallenen Einschüben.
"Son of Man" (04), erstes Stück der zweiten Hälfte, ist auch das erste Stück mit Gesang. Die Stimme klingt leicht technisch bearbeitet, wirkt extrem proggig und kreiert Melodielinien, denen nicht ganz einfach zu folgen ist, untermalt zunächst nur von leisen Streichern. Ab der Mitte explodiert der Track und wandelt sich zu einem klassischen, mächtigen Manifest, endet mit verschiedenen sinfonischen Passagen ohne Vocals. "Noche Oscura Del Alma" (05) gleicht dann wieder eher einem Dark Ambient-Stück: wenig Struktur, düster und bedrohlich. Und "Mother Of Mercy" (06) schließlich schlägt am ehesten den Bogen zum Vorgängeralbum "Childhood's End", mit seinem elegischen Prog der 70er-Jahre. Ruhig und klassisch instrumentiert, später dann aber überwiegend pure Klangflächen ohne Vocals.

Ein dunkles Album voller Trauer, das sich ganz sicher erst nach mehrmaligem Hören in seiner vollen Tiefe erschließt. Als Vergleiche geben ULVER selbst unter anderem GUSTAV MAHLER (kann ich gut nachvollziehen), NURSE WITH WOUND (habe ich ab und zu entdeckt) oder "Autobahn" (damit sind wohl KRAFTWERK gemeint, konnte ich nicht raushören) an. Nach "Shadows Of The Sun" erneut ein sehr ruhiges und introvertiertes Werk, bei dem vordergründig nicht immer viel passiert, welches aber von seiner – von Mal zu Mal dichter werdenden – Stimmung lebt.

ULVER: Oddities And Rarities 1
JESTER RECORDS, 2012, Download only



Kurz erwähnt sei hier noch die für jede Band obligatorische Kollektion an 'B-Seiten', Samplerbeiträgen und so weiter. Mit Start des ULVER-Webshops kam diese Zusammenstellung als Download ins Programm. Für Sammler sicher attraktiv und mit einigen Perlen gespickt. Zum Beispiel – gleich zu Beginn – der großartig schwarzen, ruhigen und leicht verwehten Version von "Another Brick In The Wall" mit hypnotisierenden Vocals. ULVER können auch Hörspiel, wie "Be Drunk" als kurze Einspielung in deutschem Erzählumfeld ("Die Künstlichen Paradiese: Charles Baudelaire") zeigt. Vor allem das DEAD CAN DANCE-Cover (im Original vom Album "The Lotus Eaters: Tribute to Dead Can Dance") beweist, wie ungeheuer viel 'ULVER-Flair' Songs durch die Neueinspielung bekommen, auch wenn der Originalcharakter weitgehend erhalten bleibt. Speziell bei diesem Track liegt es vor allem am überirdischen Gesang. Im Verlauf überrascht noch ein knurriges, hardrockiges KISS-Cover. Und die letzten Stücke gehören im Original zum Soundtrack des norwegischen Films "Uno", einer Mischung aus Gangsterfilm und Sozialdrama. Es handelt sich um ruhige, kurze und szenische Instrumentalpassagen.
Wie überhaupt bei allen als Download angebotenen Veröffentlichungen ist der Preis für "Oddities And Rarities 1" sehr human (5 Euro), ein klassischer Fall von 'kann man nichts falsch machen'.

 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» offizielle ULVER-Seite bei JESTER
» ULVER @ Wiki
» ULVER @ Facebook

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