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  CARL MICHAEL VON HAUSSWOLFF und NURSE WITH WOUND im ZKM Karlsruhe am 10. Mai 2013 in der Reihe "IMA_experiments"
 Der ZKM-Kubus (alle Fotos: www.zkm.de)
Der Kubus des ZKM (Zentrum für Kunst und Medientechnologie) in Karlsruhe ist eine besondere Location. Unter anderem bietet der in der Nacht blau leuchtende Quader einem Tonstudio Platz, dient aber auch – komplett ohne Tageslicht – als Veranstaltungsort für experimentelle elektronische Musik. Beim Betreten habe ich jedes Mal das Gefühl, komplett von der Außenwelt abgeschottet zu werden. Nach Sekunden offenbart sich, worum es hier geht: Sound, Sound, Sound! Karge Holzbestuhlung, zahllose Lautsprecher und nackte Geräte mit allerlei Kabeln auf der Bühne machen klar, dass lediglich der Klang zählt, und die Abwesenheit von üblichem Konzertplüsch ist einer der Bonuspunkte des Abends. Der erste Härtetest dagegen ist der Auftritt von CARL MICHAEL VON HAUSSWOLFF aus Schweden, mehr als eine halbe Stunde verspätet. HAUSSWOLFF hat eine interessante Vita: Unter anderem gründete der Komponist elektronischer Musik den virtuellen Staat Konungarikena Elgaland-Vargaland, den Verbund der Königreiche Elgaland-Vargaland. Mit eigener Währung, eigenem Pass etc. 'annektiert' HAUSSWOLFF mit befreundeten Künstlern neutrale Grenzgebiete zwischen Ländern sowie Wasserflächen, die offiziell zu keinem Staat gehören, und veranstaltet dort Kunst. Musikalisch arbeitet er mit jeder Art von Störungen (Interferenzen, extrem verzerrte Vocals, Störungen von Radiofrequenzen ...). Der Mann mit Hut, der übrigens gerade als Gastdozent am ZKM arbeitet, sitzt während seines Auftrittes nahezu bewegungslos hinter einem Mischpult. Sein langes, stetig ansteigendes Stück kommt einem einzigen Dauerschmerz gleich. Liegt das permanent lauter werden Fiepen schon nach kurzer Zeit nur noch knapp unterhalb des Erträglichen, verwandeln zusätzliche Geräusche die rund 30 Minuten in das Gefühl, direkt neben einem Hubschrauber zu sitzen. Der ganze Körper vibriert und bebt, leichte Übelkeit stellt sich ein, und Teile des Publikums – obwohl nicht zum ersten Mal auf einem Industrial-Konzert, vermute ich – versuchen unauffällig, sich die Ohren mit den Händen zu schützen. Ein sehr spannender Effekt dabei: Durch die Anordnung der vielen Lautsprecher ist es möglich, mit einer ganz leichten Drehung des Kopfes bestimmte Frequenzen völlig auszublenden, was das Dröhnen insgesamt aber nicht mindert. Mit einem leisen "Danke" des Künstlers ist das Spektakel zu Ende. Ein - dezentes - Tonbeispiel von HAUSSWOLFF Nach einer weiteren Umbaupause von erneut rund einer halben Stunde (Zitat aus dem Publikum: "Bestuhlt zu warten ist noch beknackter als im Stehen!") treten die drei Hauptdarsteller auf die Bühne: STEVEN STAPLETON, COLIN POTTER und ANDREW LILES, zuvor schon entspannt mit dem einen oder anderen Bier an der ZKM-Bar zu sehen gewesen. STEVEN STAPLETON ganz links, dessen Job darin besteht, mit einem verkürzten Bogen einer liegenden E-Gitarre sehr entspannte Töne zu entlocken und diese – mit einem Flaschenöffner auf den Saiten hin- und herfahrend – zu verändern. Wippend und irgendwie selbstvergessen kommt er dieser Aufgabe nach. In der Mitte COLIN POTTER, mit den Mischpulten beschäftigt, und ganz rechts ANDREW LILES, mit einer umgehängten E-Gitarre, deren dronigen Klang er durch die Bearbeitung mit Xylophon-Klöppeln erreicht. So ergibt sich zunächst ein sehr entspanntes, gedehntes Ambientstück, welches aber innerhalb seiner einstündigen Dauer ebenfalls – wie schon bei HAUSSWOLFF – von stetig zunehmenden Geräuschen aufgebohrt wird, so dass der Mittelteil überwiegend noisig wirkt, bevor es zum Ende hin wieder ruhiger, droniger klingt. Der angenehme Unterschied zum vorangegangenen Stück ist aber, dass die Schmerzgrenze nie dauerhaft überschritten wird und NWW eine gewisse Struktur zum Entlanghangeln, ja gar teilweise einen Rhythmus bieten, so dass man sich nie in ein Gefühl des bloßen Kraches verliert. Im Hintergrund läuft dazu ein Film, bei dem eine Asiatin mit ihrem weißen Kleid wedelt, an dessen Rändern abwechselnd eine nackte Frau bzw. ein nackter Mann zu sehen sind, die sich zwar manchmal zu vereinen scheinen, was in Wirklichkeit aber nur Fotomontage ist, so dass sie sich nie erreichen. Sehr metaphorisch ... NWW live in einem Musikgeschäft in Hollywood.
Manche Passagen ähneln der Performance im ZKM Der Spaß, den NWW offenbar an ihrer Performance hatten, übertrug sich schlussendlich auch auf mich. Alle drei machten einen unbekümmerten Eindruck, redeten immer wieder miteinander, und vor allem STEVEN STAPLETON strahlte am Anfang und am Ende ins Publikum; rund 200 Besucher waren für ein Konzert mit minimaler Bewerbung übrigens eine Menge. In Anbetracht der Tatsache, dass NURSE WITH WOUND ja noch nicht besonders viele Konzerte gegeben haben, dass jedes ein Unikat ist und das Stück sehr hörenswert war, angesichts des minimalen Eintrittspreises und der sehenswerten Umgebung lässt sich von einem gelungenen Abend sprechen.
Michael We. für nonpop.de
Verweise zum Artikel: » ZKM » HAUSSWOLFF @ Wiki Themenbezogene Artikel: » NWW/SUNN O))): The Iron Soul Of Nothing » NURSE WITH WOUND: The Surveillance ... » DIANA ROGERSON & ANDREW LILES: » NURSE WITH WOUND: Huffin' Rag Blues Themenbezogene Newsmeldungen: » NURSE WITH WOUND in Karlsruhe » Wiederveröffentlichung von NWWs "Chance Meeting" » Nurse With Wound, Marc Almond Live
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