Das neue Album von LORENZO SENNI ist ein interessantes Experiment: "Quantum Jelly" (Besprechung) ist zum einen eine Reminiszenz an das Trance- und Hard Trance-Genre der 1990er Jahre und zum anderen das Resultat eines bei SENNI gewachsenen Interesses an den archetypischen Sounds dieser Zeit. Die beiden, mit ihren dazugehörigen Teilen eigentlich fünf, Titel bieten Sounds und Sequenzen in Zweikanal-Echtzeit, eingespielt mit nur einem Instrument – einem Roland JP8000 Digital-/Analog-Synthesizer und aufgenommen in einem Take, keine Over-Dubs, kein überflüssiges Instrumentarium. "Wiederhole!", könnte das Motto des Albums lauten, denn es wird je eine Sequenz in endloser Folge aneinandergereiht, verändert werden lediglich Geschwindigkeiten und Takte, Höhen-, Tiefen-, Mittenregelungen, Hallräume und andere Effekte angehängt. Der Roland-Synthesizer spielt seine sich immer und immer wiederholenden Sequenzen … Zum Anhören: Song Nr. 4 aus dem Album:
Der Italiener DEISON, schon seit rund 20 Jahren im Geschäft der Klangexperimente tätig, fängt auf seinem neuesten Werk "Quiet Rooms" (Besprechung) die Atmosphäre leerer Hotelzimmer ein - und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, denn der Kassetten- und Field Recordings-Fetischist hat in Hotels in Städten wir Mailand, Los Angeles oder Barcelona Aufnahmen gesammelt, sie vervielfältigt, übereinander gelegt, auf alle möglichen Arten und Weisen bearbeitet und mit dezenten elektronischen Drones versehen. Entstanden sind vier lange Tracks mit leicht unterschiedlichen Ausrichtungen. Es hängen hohe, geheimnisvolle, räumliche Drones in der Luft, durch Wände sind in der Ferne Geräusche von Telefonen oder Schlüsseln zu vernehmen. Sounds wie das Öffnen und Schließen von Türen bringen Hörspielcharakter hinein. Es erstaunlich, was mit minimalsten Mitteln möglich ist, wie über Minuten nur durch leichte Veränderungen Emotionen und Assoziationen erzeugt werden. Minimal ist auch die Coverversion von "You Suffer" von NAPALM DEATH, dem kürzesten Lied der Welt. Bei DEISON immerhin zehn Sekunden lang:
Zwei CDs umfasst "1973" (Besprechung), die erste 'echte' Veröffentlichung von SEIROM. Große, emotionale, persönliche Landschaften werden gemalt: Dramatische, traurige Keyboard-Drones und der undefinierbare, hintergründige Gesang lassen schnell Assoziationen mit SIGUR RÓS wach werden. Vereinzeltes Trommeln in Kombination mit den Synthieflächen hinterlassen einen ungeheuer mächtigen Eindruck. Der weibliche Gesang im zweiten Stück schlägt die Brücke Richtung Black Metal, Stimmen mit einigen Störsprengseln. Im weiteren Verlauf tönen die Vocals auch oft deutlicher, wirken dann beschwörend und innig. Der zweite Teil beginnt aufgelockerter mit himmlischen Chören, die für eine sakralere Atmosphäre sorgen. Die Stimmung wird freundlich, teilweise fast fröhlich, ohne dass am grundsätzlichen Klangbild allzu viel geändert wird. Ein kraftvolles Werk. Zum Kennenlernen: Ein bislang unveröffentlichter SEIROM-Track mit Cello.
Es gibt ihn noch, den Punk. Er liegt in den Köpfen einer vielleicht nicht mehr so sehr jungen Jugend, die dem System ablehnend und mit erhobenen Fäusten gegenübersteht. Ja, er gibt sich kämpferisch, der Punk. Doch daneben ist da auch noch DIE ANGST. Punk, der sich im Laufe der Jahre seiner aussichtlosen Position bewusst geworden ist. Punk, dem Bands wie EA80 oder FLIEHENDE STÜRME eine Stimme verliehen haben. Und so lautet der Titel der aktuellen Veröffentlichung von DIE ANGST allumfassend "Die Angst In Uns Ist Die Angst Vor Euch Ist Die Angst Vor Uns Ist Die Angst In Euch" (Besprechung). DIE ANGST schreit uns an. Ihre Stimme ist tief, kratzig, hysterisch. Ein Grundgefühl zieht sich durch die Titel. Und ja, welches wird das wohl sein? Der Opener der besprochenen CD:
Das finnische Duo TERVAHÄÄT produziert Ur-Folk, eine raue, naturnahe und erdige Folkvariante mit einem starken Bewusstsein für die finnische Landschaft und deren Geschichten. Hinter TERVAHÄÄT verbergen sich MIKKO PÖYHÖNEN (unter anderem auch der Macher von PYHÄ KUOLEMA) sowie Labelchef JUHA JAAKKO-ANTERO KAARNA KETTUNEN selbst. "Kalmonsäie" (Besprechung), das zweite Album nach dem selbstbetitelten Debüt aus dem Jahr 2009 bietet neben Ambient, Folk und finnischem Gesang viele weitere Elemente. Thematisiert wird der Atavismus, also das Durchschlagen längst verloren geglaubter Verhaltensweisen, Eigenschaften. Und so klingt auch diese CD: Wie Rituale, wie Verweise auf eine vergangene Zeit. Tief und gedehnt sind die Vocals, eine Art Banjo vereint sich mit einer leicht zerrenden E-Gitarre, manchmal unterstützt von einer sporadischen Trommel. Assoziationen an Steppe oder Eiswüste, mit leichtem Windheulen tauchen auf. Das Album verkörpert eine fantastische Atmosphäre, die nach Waldboden, Vergangenheit und der Einsamkeit und Weite Finnlands riecht. Hier ein Song aus dem unbetitelten Debüt-Album (mit dem schönen Cover als Standbild):
JOHN 3:16, das neue Projekt PHILIPPE GERBERs ist weniger experimentell, aber dafür um einiges ausgereifter. Und so besticht das Debüt "Visions Of The Hereafter - Visions Of Heaven, Hell And Purgatory" (Besprechung) durch verträumte, emotionsgeladene und nostalgische Melodien, die zum Teil stark an alte Goth-Klassiker erinnern. Dennoch haben alle Songs ihre Eigenheiten, wenn sich Einflüsse aus Postrock und dronige Passagen einschleichen.
Außerdem sprach Richard K. mit ORDO ROSARIUS EQUILIBRIO (Interview) und Tony F. sah TRIARII, TRIORE und PHELIOS in Berlin (Bericht).
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