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Michael We.

Wenn ich ein Drone wäre...

Interview mit STEFAN KNAPPE über das Wesen der Drones


Wenn ich ein Drone wäre...
Kategorie: Spezial
Wörter: 1150
Erstellt: 28.02.2012
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Interviews mit STEFAN KNAPPE gibt es einige. Sie drehen sich in der Regel entweder um seine Labelarbeit, also um DRONE RECORDS, oder um seine Musik, also das Drone-Duo TROUM. Vor einigen Wochen hat STEFAN - rund um "Drone-Mind // Mind-Drone Vol. 1" - allerdings selbst ein paar Fragen aufgeworfen, die ihm noch nicht gestellt wurden.
Der Sampler (Besprechung) beschäftigt sich damit, welche Wechselwirkung Drones mit unserem Geist eingehen. Musikalisch bietet er einen Überblick über die aktuelle, experimentelle Drone-Szene (u.a. mit HALO MANASH und UBEBOET). Als Labelinfo gab es dazu von DRONE RECORDS eine Reihe von Denkanstößen, die sich um das Wesen von Drones drehten. Sind Drones intelligent? Produziert jeder von uns seine eigenen Drones? Was passiert eigentlich mit Drones in unserem Kopf? Diese Fragen greifen wir nun auf und geben sie an STEFAN zurück, beginnend mit einer ganz einfachen, aber elementaren.

Hallo STEFAN. Was ist eigentlich ein Drone?

Danke Michael, dass Du gleich mit der schwierigsten Frage anfängst... (lacht). Also klassischerweise ist ein Drone einfach ein langgezogener Ton. Punkt. Durch die stilistischen Entwicklungen der letzten circa 40 Jahre erweiterte sich aber auch die Definition. Hier die für mich beste Charakterisiering eines Drones, die ich bisher fand: "Ein 'Drone' ist ein lang gehaltenes, summendes oder brummendes oder sirrendes musikalisches Geräusch. Dabei kann es sich ebenso um einen einzelnen Ton handeln wie um einen Akkord, einen Cluster oder ein mehrere Oktaven umfassendes Spektrum von Tönen." (european.de/jens-balzer">JENS BALZER, 2005).

Wie Du sagst: Rein musikalisch gesehen ist ein Drone einfach ein tiefer Halteton, der eine Melodie begleitet. Aber Dir ist das als Definition doch sicher zuwenig, oder?

Richtig, von der akustischen Gestalt her ist ein Drone grundsätzlich ein langgezogener Halteton. Meist zur Begleitung einer Harmonie eingesetzt, und in vielen Folklore-Traditionen seit langer Zeit bekannt oder überliefert - man denke an indische Musik oder die Dudelsack-Drones. Auch Bordun-Ton genannt.
Im Spektrum der neueren experimentellen Geräuschmusik und des Post-Industrials oder Dark Ambients aber hat sich das entscheidend erweitert, hier geht es um langgezogene Sounds und 'Flächen' jedweder Art: Brummen, Dröhnen, Summen, Rauschen sogar, die bestimmte Töne, Akkorde oder Ton-Cluster enthalten. So hab' ich 'Drone' auch - naiv wie ich nun mal bin - von Anfang an verstanden.
Ich würde soweit gehen, von 'drone-artigen' Klängen oder Musiken zu sprechen. Das sind für mich geräuschhafte Klänge mit einem fliessend-atmosphärischen Charakter. So hab' ich das auch bei der 7inch-Reihe für DRONE RECORDS gesehen, wobei es mitunter gewisse Grenzüberschreitungen gab...

Sind Drones objektiv oder subjektiv? Also können Drones für Dich etwas vollkommen anderes sein als für mich?

Absolut! Sie sind sowohl objektiv (als Schallereignis messbar) als auch subjektiv (wahrnehmbar). Und ich denke, der 'Doppelcharakter' von Drones ist noch stärker als bei herkömmlicher Musik. Da es oft keine Rhythmen, keine echten Harmonien oder Strukturen gibt, hält das für unseren Geist auch wenig Objektivierbares zum 'Festhalten' bereit. Was in diesen Klangblasen dann beim Hören mit einem geschieht, ist höchst subjektiv und oftmals sogar bei jedem Hören verschieden. Die Interpretations- und Projektionsmöglichkeiten sind einfach noch grösser.
Auf der anderen Seite lassen sich Klänge natürlich auch messen, und dann kann man schon sagen, die und die Frequenzen, hier ein tonales Zentrum etc. Aber eigentlich ist das nicht besonders spannend. Das ist dann ungefähr so, als ob ich mir meine Hirnströme in einem Hirnscan ansehe - sieht nett aus, aber sagt noch rein gar nichts über die subjektive Qualität meiner Empfindungen aus.

Ist nicht jeder Klang, den wir wahrnehmen, ein Drone? Jede Schwingung, jedes Rauschen, jedes Motorengeräusch, jedes Trafobrummen....

Ja, wenn man es radikal weiterdenkt mit der oben genannten Definition, ist fast jeder Klang ein Drone! Es kommt ja auch darauf an, welches Zeitmaß man anwendet etc. beziehungsweise WER interpretiert. Und tatsächlich gibt es ja inzwischen Forschungsergebnisse, die belegen, dass selbst Atome und Moleküle dronen, aber auch das Universum selbst. In für den Menschen nicht hörbaren Frequenzen. Auch die Erde selbst 'droned'. Letztlich scheint sich der Urknall, die Ur-Energie in aller Materie, überall auch als klangliche Vibration zu manifestieren.

Produziert jeder Mensch auch eigene Drones, die vielleicht nur er hören kann?

Ja, auch jeder Mensch produziert Drones, man denke an den Blutfluss, die Herztätigkeit, die Eigengeräusche des Hörorgans. Selbst in totaler Stille (die wir ja praktisch nie wahrnehmen können) wird man Drones hören, nämlich die des eigenen Körpers.
Was ja auch die pränatale Existenzweise (im Mutterleib) so interessant macht: Das, was wir als allererstes hören, sind auch und vor allem Drones, sie werden uns quasi in die Wiege gelegt. Und auch im Alltag, auf mikro- und makrokosmischer Ebene sind sie omnipräsent. Deshalb gefällt mir auch der Slogan 'WE ARE ALL DRONES' so sehr. Wir sind von Drones aller Art umgeben, gleichzeitig sind wir quasi auch selbst welche...

Was verursachen Drones Deiner Meinung nach im Kopf, welche Wechselwirkung gibt es da mit unserem Geist, wenn wir Drones 'empfangen'?

Das ist natürlich wieder ein sehr subjektiver Bereich, bei dem psychologische Forschung an ihre Grenzen stösst. Ich denke aber, dass es in Bezugnahme auf die Psychoanalyse viele Hinweise gibt, dass Drones durch ihre besondere klangliche Struktur (nämlich das weitgehende Fehlen von Rhythmus, Harmonie, Melodie) leichter mit unbewussten Inhalten in 'Kontakt' treten können. Dabei werden unbewusste Phantasien angesprochen, die Eindrücke von unendlicher Weite, Zeitlosigkeit und Objektlosigkeit erzeugen können. Ein psychischer Raum ohne Begrenzungen also, eine Ich-lose Sphäre. Die Überwindung des Ichs, wenn man so will.
Letztlich aber ist das eine Regression, eine Rückführung zu psychischen Zuständen, wie sie vor der Ich-Werdung geherrscht haben müssen. Also bevor das 'rationale' Denken und die Sprache (Sekundärbewusstsein) wie eine zweite Hülle über die originäre Psyche gestülpt wurden (Primärbewusstsein). Ein pränataler (vorgeburtlicher) Zustand, beziehungsweise jener des primären Narzissmus direkt nach der Geburt, die symbiotische Verschmelzung mit Klang. Es geht also letztlich um eine 'Befreiung' vom Denken! Wer sich da weiterführend informieren möchte: In meiner Diplomarbeit "Das Unbewusste und der Klang" geht es hauptsächlich um diesen Themenkomplex (Download von www.dronerecords.de/media.html). Und besonders schön beschreibt BERND OBERHOFF in seinem Artikel "Die fötalen Wurzeln der Musik" (2005) die Verbindung von Klangwirkungen und vorgeburtlicher Seinsweise; Musik als "Das große Bewegende" und "Die göttliche Stimme".

Würdest Du Drones als eine Art von Drogen bezeichnen?

Auf jeden Fall. Den besonderen 'Raum' eines guten Drones aufzusuchen kann eine besondere Erfahrung sein, die man gerne wiederholen möchte. Es kann da durchaus zu berauschenden, quasi-halluzinogenen Effekten kommen.
Letztlich kann ja praktisch jedweder Reiz, wenn er von unserem Denkorgan als angenehm interpretiert wird, auch Suchtcharakter annehmen. Musik, Klang und Drones nehmen da sicherlich eine Sonderstellung ein. Es sind Drogen ohne letale Dosis, ohne Beschaffungskriminalität, und ohne schädliche Wirkungen für die Umwelt, die Gesellschaft und den eigenen Körper. Von daher sind es Drogen, die der landläufigen Meinung über Drogen widersprechen, eine 'positive Droge' sozusagen. Wer auf'm Drone hängengeblieben ist, kann dies sein Leben lang gefahrlos tun (lacht).

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Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» DRONE RECORDS
» TROUM

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