Bereits vor einigen Jahren gab es jährliche Silvesterveranstaltungen in Leipzig, die ein zumeist interessantes Bandangebot zu bieten hatten. Ob diese jährliche Tradition mit der diesjährigen "Neofolk-Rauhnacht" wieder auflebt, bleibt natürlich erst einmal abzuwarten, wobei dieser Abend aufgrund der doch zahlreichen Besucher aber ohne Frage ein Erfolg gewesen sein muss. Festzustellen ist ohne Zweifel, dass ein wertiges Programm auf die Bühne der THEATER FABRIK SACHSEN gebracht wurde, welches zwar unter dem Namen "Neofolk-Rauhnacht" firmierte, aber genaugenommen eigentlich keinen Neofolk zu bieten hatte. Sei es drum. Angekündigt war zwar offiziell ein bestuhltes Konzert, was mir persönlich eher selten entgegenkommt. Aber in den weitläufigen und für den Anlass gefälligen Räumen der THEATER FABRIK, die vor der Bühne einigen unbestuhlten Platz boten, schickte sich das Publikum nach und nach an, sich vor die Bühne zu stellen, zumal die fest installierten Sitzreihen derart weit von der Bühne entfernt sind, dass sonst ein echter Konzertgenuss kaum hätte aufkommen können. Eine Band, die ich gar nicht auf dem Plan hatte, begann schließlich recht pünktlich den Konzertabend: BLACK LIGHT ASCENSION. ANDREW TRAIL (KNIFELADDER) und ein Mitmusiker stellten ihren Beitrag zum Post-Punk-Revival - das Album "Ashes" - in einer eher ungewohnten instrumentalen Zusammensetzung vor. Beide spielten nämlich Bass, wobei ANDREW TRAIL die melodiösen, ja PETER HOOK'SCHEN Parts übernahm, während der Kollege die Basisarbeit erledigte. Schlagwerk und Synthesizer kamen dagegen aus der Konserve - was insgesamt zu einem etwas schmalen Bühnenbild führte. Zum Einstieg in den Abend war der Auftritt allerdings perfekt. Kühle Beats und souveräne musikalische und gesangliche Umsetzung sorgten für den ersten Schwung. Einziger Knackpunkt: Es fehlten die richtig durchschlagkräftigen Songs, ein packender Refrain oder eindrucksvolle Parts. Vieles läuft, wie eben auch schon das Album zeigte, etwas zu glatt und stromlinienförmig vor sich hin, um im ausgehenden Jahr 2011 noch wirklich von den Sitzen zu reißen. BLACK LIGHT ASCENSION
Danach folgte das etwas mysteriöse Projekt ART ABSCONs, welches vielleicht noch am ehesten in die Einordnung Neofolk passt. Zum Habitus der Band gehört es, als Person hinter dem Projekt zurückzustehen, so dass nichts über die Bandmitglieder bekannt ist und man sich auch live nicht offen zeigt. Somit standen einem eine weibliche Musikerin an Melodica und Keyboard, ein Gitarrist und der Sänger / Gitarrist maskiert gegenüber. Über Geschmack bei der Maskierung (eher karnevalesk angelegt) und die Inszenierung lässt sich sicher streiten. Sicher ist, dass man die Live-Intensität von Projekten aus einem ähnlichen Umfeld, die mit Maskierungen arbeiten - wie (natürlich) DEATH IN JUNE oder auch KIRLIAN CAMERA -, in keiner Weise erreicht und dafür im Gegenteil bei der Inszenierung ins allzu Theatralische abgleitet. Zu Beginn des Sets wurde zum Beispiel ein Messkelch gereicht, ein Grabtuch ähnlich jenem von Turin wurde präsentiert etc. Pures Epigonentum wie bei GOLGATHA kann man der Band in Bezug auf die Maskierung oder die Show allerdings auch nicht vorwerfen. Letztlich bot ART ABSCONs wie auch auf den bisher erschienenen Tonträgern eine musikalische Mischung aus typischem deutschem Neofolk à la FORSETI, Dark Wave und Rockelementen. Mir als eher nüchtern veranlagtem Menschen, dem auch schon die Musik nicht unbedingt liegt, war der Auftritt allerdings - zurückhaltend gesagt - zu prätentiös. ART ABSCONs
APOPTOSE überzeugten mit einem in Bezug auf die Live-Darstellung wie immer eher zurückgenommenen Set - jedenfalls wenn man ohne den Fanfarenzug Leipzig auftritt, wie es an diesem Abend der Fall war. RÜDIGER hatte nur eine weibliche Begleitung dabei, die ihn ab und an am Keyboard oder stimmlich unterstützte. Ansonsten werkelte der Kopf hinter dem Projekt an seinen Maschinen herum, schlug rhythmisch Hölzer aneinander oder wirbelte den schon öfter verwendeten Heulschlauch umher. Geboten wurde ein breites Spektrum aus dem Schaffen von APOPTOSE, in dem auch ein kurzes Sample aus "Mein Freund, der Baum" auftauchte. "Blutopfer" wurde in einer nur mit sehr dezenter Rhythmik unterstützten Version dargeboten, wohingegen an anderer Stelle doch mit deutlicherer elektronischer Wucht gearbeitet wurde. Zu guter Letzt stellte man noch die eigene Version des JOY OF LIFE-Klassikers "Warrior Creed" vor, die aber gegen das Original vor allem wegen des doch etwas schwachen, weiblichen Vokalvortrags abfiel. Da es nun mit großen Schritten auf den Jahreswechsel zuging, endete der Auftritt an dieser Stelle leider etwas hektisch. APOPTOSE
Nachdem man erfolgreich ins Jahr 2012 hinübergewechselt war, folgte der Auftritt von TRIARII, der deutlich wuchtiger ausfiel als die bisherigen Auftritte an diesem Abend. Während des neuen Stücks "Monstranz" nahmen die drei Musiker - an den Trommeln AXEL FRANK (WERKRAUM) und VOLKER NEUMANN sowie CHRISTIAN ERDMANN am Mikrophon - Platz, um anschließend den TRIARII-eigenen Bombast zu präsentieren. Da es ohnehin schwierig ist, diese Art der Musik live auf die Bühne zu bringen, verlegte man sich wie schon zuletzt und im Gegensatz zum Verhältnis auf den Platten des Projekts zumindest darauf, die Stücke mit Gesang in den Vordergrund zu stellen. Dabei gab es neben Klassikern wie "Europa", "Heaven & Hell" oder das live an diesem Abend alleine von CHRISTIAN ERDMANN gesungene "Roses 4 Rome" auch einige neue Stücke zu hören, wie das just auf 7inch erschienene und ordentlich packende "W.A.R." oder "Iron Fields". Aber auch instrumentale Stücke wie "Heldentod" oder "Overkill" wurden immer wieder eingestreut. Vor in der Regel schwarz-weißen Hintergrundvideos agierte CHRISTIAN ERDMANN engagiert und gestenreich, wobei der Trommeleinsatz bei so einem Act aus meiner Sicht hier und da allerdings noch dynamischer hätte ausfallen können. Mit dem hervorragenden, melancholischen neuen Stück "Solemn Vigil" verabschiedete sich die Band schließlich. TRIARII
DERNIÈRE VOLONTÉ waren in den letzten Jahren nicht wirklich oft in unseren Breiten zu sehen. Somit konnte man gespannt sein, wie sich die neue elektronische Gewandung seit "Immortel" auch auf das Live-Erlebnis auswirken würde. GEOFFROY D., der neben dem Gesang auch einige Keyboardparts beisteuerte, hatte auf jeden Fall einen fähigen Trommler mitgebracht, der ordentlich Druck machte. Einen Strich durch die Rechnung machte bei diesem Auftritt aber leider die PA-Technik. Schon vorher gab es einige Probleme - etwa beim Gesang bei APOPTOSE -, aber mit Beginn des DERNIÈRE VOLONTÉ-Auftritts bemerkte man direkt den katastrophalen Mix und bekam mit, dass die Musiker auf der Bühne wohl auch nicht besser dran waren. Nach einigen Interventionen von GEOFFROY stoppte er letztendlich beim dritten Stück "Mon Mercenaire!" das Set und verschwand erst einmal von der Bühne. Nach einigen Minuten ging es aber doch noch weiter, wobei der Klang nun deutlich besser war, die ständigen Rückkopplungen aber bis zum Schluss des Auftritts nicht in den Griff zu bekommen waren. Dass so etwas nicht an einem Musiker auf der Bühne vorbeigeht, ist verständlich, so dass der Auftritt nie zu einer richtig mitreißenden Angelegenheit wurde. Gespielt wurde viel neues Material, etwa "Mon Orange", "Rien A Aimer" oder "Maintenant" vom letzten Album, aber auch einige Stücke wie eben das druckvolle "Mon Mercenaire!", "La Nuit Revient" oder "L'ombre Des Réverbères". Den einen oder anderen Klassiker mehr hätte man sich allerdings auch vorstellen können. Problematisch bei den neueren Stücken ist zudem, dass GEOFFROY D. öfter in gesangliche Höhen steigt, die ihm als Sänger schlicht nicht liegen. Letztendlich kam das Publikum aber auch sichtlich in Bewegung, sodass eine Zugabe natürlich Pflicht war. Hier konnte man zum ersten Mal ein komplettes Live-Stück der Band erleben. GEOFFROY D. loopte seinen Gesang, spielte Keyboard und sang zudem noch die Hauptlinie darüber, während der Trommler seinem Werk nachging. Als zweite und letzte Zugabe präsentierte man mit "Ami" noch einmal ein richtig altes Stück, bevor der Konzertabend schließlich endete. DERNIÈRE VOLONTÉ
Letztendlich hatte man einen abwechslungsreichen und gelungenen Abend verlebt. Schade waren gerade die Probleme beim Headliner, wobei die Zahl der durch die Technik verhunzten Auftritte in diesem Jahr wieder einmal sehr hoch liegen dürfte. Manchmal fragt man sich wirklich, ob das alles so schwer sein kann, zumal im Neofolk- / Industrialbereich zumeist keine hochkompliziert instrumentierten und mitgliederstarken Bands unterwegs sind. Somit war für mich alles in allem der Auftritt von TRIARII letztlich der gelungenste an diesem Abend.
Tony F. für nonpop.de
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