Mit “The First Era” wird das Kapitel ARCANA nicht etwa geschlossen – ganz im Gegenteil. Es wurde jedoch Zeit, die ersten vier, teilweise schwer zu bekommenden Alben, die noch auf COLD MEAT INDUSTRY veröffentlicht wurden, inklusive einiger Single-Tracks der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen. Allerdings nicht als Einzelveröffentlichungen, sondern in der heute üblichen Form als Boxset – was wieder für diejenigen Pech ist, denen noch einzelne Alben fehlen. Nichtsdestotrotz wurde zu diesem Anlass PETER BJÄRGÖ, der Kopf hinter ARCANA gebeten, NONPOP einige Fragen zu den ersten Jahren von ARCANA und zu aktuellen Entwicklungen zu beantworten.
Inwiefern wart ihr in den Design-Prozess für die Box involviert? Das Design für die Box war eine Zusammenarbeit zwischen FRÉDÉRIC, meiner Frau IA und mir. FRÉDÉRIC übergab uns die Templates und ich trug dazu meine Vorstellungen von der Box und den Hüllen bei und IA erstellte das Booklet bereits, bevor ich es überhaupt mitbekam. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden und ich hoffe, die Box tatsächlich heute in den Händen zu halten! Lass uns ein bisschen über die Vergangenheit reden. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, entstammst du der Metal/Punk-Szene. War es nicht ein großer Schritt – oder vielleicht auch nicht – zur Musik von ARCANA? Nein, war es eigentlich nicht. Metal und Punk werden immer in meinem Herzen sein, aber zu der Zeit, als ich mit der Musik von ARCANA begann, war ich des Metals ein wenig überdrüssig. Ich wollte neue Territorien erforschen und da ich schon eine lange Zeit DEAD CAN DANCE hörte, war das interessant für mich. Außerdem war ich schon immer an verschiedenen Arten von Musik interessiert, sodass ich fühlte, dass ich einen musikalischen Stil von der Art suchte, der mehr als nur das typische Rockgruppen-Lineup ermöglichte. In den frühen Tagen des Projekts kam dann IDA zu ARCANA. Was hast du ihr erzählt, worum es bei ARCANA überhaupt gehen sollte und warum sie unbedingt mit dir an diesem Projekt arbeiten sollte? Ich benötigte eine weibliche Stimme für das Projekt. IDA war eine Freundin meines Freundes aus Kindertagen JOHAN HALLGREN, der auch quasi der Chor auf den ersten Alben von ARCANA ist. Sie gingen gemeinsam zur Schule und er schlug IDA für die weiblichen Vocals vor. Sie passte gut ins Bild. Sie hörte ein paar Stücke und mochte das, was sie hörte, der Rest ist Geschichte. Ihr spielt seit 1996 live. Welche Gedanken hast du dir über die ersten Konzerte gemacht und darüber, wie du sie präsentieren solltest? Es war ja schließlich unmöglich, mit einem Orchester aufzutreten. Es war extrem schwierig, das Gefühl wie im Studio heraufzubeschwören. Ich konnte nur das Beste aus dieser Situation machen und manchmal hat nicht mal das funktioniert. Denkst du, dass die frühen Konzerte einen Effekt auf die Arbeit im Studio hatten? Vielleicht ein wenig. Danach habe ich mal versucht, Songs für eine Live-Performance zu schreiben. Aber die Hauptsache für mich ist die aktuelle Song-Produktion, nicht ob ich es später einmal live spielen kann. Es war schon immer die Arbeit im Studio, die für mich am wichtigsten und interessantesten war. Nach “Dark Age Of Reason” und “Cantar De Procella” hast du das in meinen Augen bombastischere und erhabene “The Last Embrace”-Album, das mit großartigen Melodien aufwartet, veröffentlicht. Aber die Atmosphäre ist nicht euphorisch. Es wirkt eher, als stünde man inmitten von Ruinen und würde über die vergangene Zeit nachdenken. Wie weit hast du deine persönliche Gemütslage zu der Zeit einfließen lassen? Ich machte in der Phase meines Lebens eine schwere Zeit durch. Nach einer persönlichen Geschichte war ich niedergeschlagen und zu der Zeit war es hart. Viele Stücke des Albums reflektieren diese Traurigkeit. Dann traf ich IA, meine zu dem Zeitpunkt noch zukünftige Frau, sodass die Stücke, die danach entstanden, leichter gerieten. Ich habe meine persönlichen Gefühle schon immer in meine Musik einfließen lassen, allerdings hauptsächlich in der Form von Metaphern. Danach hatte ich das Gefühl, als hätte es eine Art Aufspaltung gegeben. Dein Projekt SOPHIA übernahm die Rolle des neoklassischen, bombastischen und natürlich aggressiveren Parts, während ARCANA ruhiger und ausdifferenzierter im Klang wurde. Würdest Du zustimmen? Grundsätzlich hast Du Recht. Ich fühlte, dass ich mehr harsche Musik erforschen wollte und da ich ARCANA nicht zu einer militärisch-bombastischen Band machen wollte, startete ich eine neue Band. SOPHIA existierte bereits seit einigen Jahren in meinem Leben, aber nun war ich endlich in der Lage, etwas damit zu produzieren. Von dieser Zeit an änderte sich der Sound von ARCANA ein wenig. Die Songs auf „Inner Pale Sun“ klangen ruhiger und heller und es gab eine größere Bandbreite an verwendeter Instrumentierung. In einem Interview hast du einmal gesagt, „Inner Pale Sun“ sei dein persönlich bestes Album. Bist du immer noch der Ansicht? Nun, ich muss zugeben, dass ich meine Meinung geändert habe. Ich sagt, das in der Zeit, als „Inner Pale Sun“ herauskam, aber ich änderte meine Meinung, seit „Raspail“ herausgekommen ist. „Raspail“ ist zurzeit mein persönlicher Favorit. Ich denke, dass geht den meisten Künstlern so, dass sie an ihrem neuesten Material hängen. Aber eines Tages, in einigen Jahren werde ich vielleicht differenzierter auf meine Alben schauen und meine Meinung abermals ändern. Seit “Inner Pale Sun” wurde der Sound von ARCANA weiterentwickelt. Was herrscht vor: der Wille sich zu fortzuentwickeln, etwas zu lernen oder auch sich nicht irgendwann selbst zu langweilen? Als ein privates Individuum und als Künstler ist man immer durch die Welt um einen herum beeinflusst. Das ist bei mir natürlich auch so. Ich entwickele die Musik für den Fortschritt meiner Kreativität und nach meiner Gefühlslage und natürlich in Anbetracht meiner Einflüsse – der Musik, die ich zu Hause höre. Wie verläuft der Kompositionsprozess heutzutage? Ist ARCANA heute mehr eine Band als zu Anfang? ARCANA ist mein Kind, meine Therapie, mein Weg zu leben. Manchmal ermüdet sie mich und manchmal bin ich unglaublich kreativ. In den letzten Jahren hatten wir eine Menge Spaß bei ARCANA – und ja – vielleicht sind wir heute mehr eine Band. Aber ich werde immer darauf hinweisen, dass ich wählen kann, welchen Musiker ich für eine Aufnahme oder für eine Live-Performance für geeignet halte. Im Moment bin ich mit den Leuten glücklich, die ich um mich herum habe, aber ich habe keine Angst davor, noch mehr Leute einzubinden. Nun noch zu einigen Gerüchten. Wird es tatsächlich noch ein SOPHIA-Album in der nahen Zukunft geben? Ja, die Gerüchte sind wahr. Ich habe tatsächlich damit begonnen, neue Songs zu schreiben. Aber ich kann noch nicht sagen, wann das Album fertig sein wird. Und noch eine andere Frage zu einem älteren Projekt: Für eine Single hast du ja zusammen mit TOMAS PETTERSSON (ORDO ROSARIUS EQUILIBRIO) das Projekt VICTORIA ins Leben gerufen. Habt ihr jemals über eine weitere Veröffentlichung nachgedacht? Hahaha, das war eine einmalige Sache. Wir hatten viel Spaß, die Single zu machen – und die Musik ist wirklich gut. Aber dieser Teil meines Lebens ist vorüber. Ihr werdet 2010 einige Live-Shows spielen. Einige mehr als in den letzten Jahren. Gibt es dafür spezielle Gründe? Es gab immer eine Nachfrage, live zu spielen aber einige Veranstalter hatten nicht das Budget, eine Band mit mindestens fünf Personen zu buchen. Dieses Jahr haben sie es und deshalb sind mehr Live-Shows geplant. Wir freuen uns auf das WGT, zudem wir JOHAN LEVIN von DESIDERII MARGINIS als Keyboarder mitbringen. Für die Gigs in Holland und Belgien werden wir NÚRIA LUIS und SERGIO GAMEZ MARTINEZ von NARSILION mit auf der Bühne haben. Das wird eine neue Ära von ARCANA begründen. Danach spielen wir noch einige Gigs, wobei wir sehen werden, wer uns dann unterstützen wird. Gibt es abschließend noch Neuigkeiten bezüglich eines neuen ARCANA-Albums? Nun, Musik wird zu jeder Zeit fertiggestellt. Ich finde es allerdings schade, dass die Schwesterveröffentlichung zu „Le Serpent Rogue“ niemals fertiggestellt worden ist. Das nagt jeden Tag an mir. Ich hoffe, dass ich dazu in diesem Jahr komme … wie auch zu einem gänzlich neuen Album.
Tony F. für nonpop.de
Verweise zum Artikel: » Arcana-HP Themenbezogene Artikel: » ARCANA: As Bright As A Thousand Suns » PETER BJÄRGÖ: The Architecture Of ... » ARCANA: The First Era 1996-2002 » PETER BJÄRGÖ: A Wave Of Bitterness » ARCANA: Raspail Themenbezogene Newsmeldungen: » Spezielle + seltene ARCANA-EP neu aufgelegt » ARCANA-Sängerin mit Solo-Album » 4x CYCLIC LAW, u.a. die neue ARCANA-Maxi » Neues ARCANA-Album
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