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Roy L.

D.B.P.I.T. :: s.u.t.u.b.

la fonologia industriacustica...


D.B.P.I.T. :: s.u.t.u.b.
Genre: Industrial
Verlag: Misty Circles
Vertrieb: Atro.Fact.
Erscheinungsdatum:
November 2005
Medium: CD-R
Kaufen bei: Atro.Fact.


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Seit Jahren schon spukt uns eine seltsame Auffassung des Stilbegriffs "Industrial" in den Köpfen herum und induziert uns Bilder von finsteren Gestalten, die geheimnisvoll und mit todernster Miene an ihren verkabelten Gerätschaften herumspielen. Industrial ist, sein wir ehrlich, immer mehr zum stinklangweiligen Reglerdrehen und obligatorischen Düstersein verurteilt.
Erfreulicherweise gibt es noch Leute, die es anders machen. Hinter dem Begriffsungetüm "Special Unplugged Transonic Urban Bondage", des Bekannten Post-Industriellen Trompeters neuester Spielwiese, steckt ein Konzept, das sich auf die weitzurückliegenden Wurzeln industrieller Aktionskunst besinnt. "s.u.t.u.b." ist dabei sogar noch um einiges radikaler. Flavio Rivabella ließ sich auf keinerlei elektronische Effekthascherei ein, sein "Industrialalbum" ist ein rein akustisches. Ob das gut geht? Na klar doch! Wem so viel Liebe zum reinen, unbearbeiteten Klang aus der Trompete strömt (jaja...), der kann mit diesem Gedanken gar nicht scheitern. Neben dem stimmungsvollen Gebläse wurden eine Menge handrhythmisierte Klänge, rauschhaftes Kunststoffrascheln, Bewegungslaute, natürliche Echos, Stimmen und Feldaufnahmen in das mitunter recht wilde Kompositionsknäuel hineingeworfen. Wie kein anderes Werk spannt "s.u.t.u.b." dadurch die Umgebung seiner Schöpfer in den Aufnahmeprozess voll ein und transportiert die Eigenheiten des teilnehmenden Ortes in seinem Klang. Und mir wird ganz schwindelig dabei, denn die Atmosphäre die hier durchsickert, ist keine irdische. Zuweilen tritt man mit derartig befremdlichen Schallwölbungen in Kontakt, dass einem Angst und bange werden muss, bei dem Gedanken, diese seien auf natürlichem Wege entstanden. Vielleicht ist es genau dass, was Flavio Rivabella vermitteln möchte, die Angst vor der eigenen Spezies, das Fremdsein im eigenen Quadranten des Unbekannten.
Aber "s.u.t.u.b." kennt noch eine ganz andere Ebene. Eine weißglühende Unschuld, eine heilige Trauer und überweltliche Ästhetik. Seltsam, dass wir uns in diesen ätherisch-sakralen Bildern schneller zurechtfinden können als im Kern des verzerrten Menschseins. Aber die verlockenden Harfenklänge und die Stimme von Gastsängerin Anna Consuelo lassen es uns auch nicht zu schwer fallen. Signora Consuelo dürfte übrigens ein paar ganz verwegenen Lesern von der italienischen Darkwave Band PULCHER FEMINA bekannt sein, die auch den bescheidenen Remix zu SPIRITUAL FRONT's Single "No Kisses On The Mouth" lieferten. Auf "Time To Be Gone" entfesselt Fabio Magnasciutti dagegen einen klinischen Wahnsinn, dass man ganz taumelnd wird. Von anderen wohlbekannten Namen hört man in "Contacto Total". Das Stück wurde in NOVY SVET's spanischer Residenz l'Amettla aufgenommen, keine Frage, dass die Hausherren da mitmischten und Demian von Ô PARADIS auch mal vorbeigeschaut kam. Herausgekommen ist dabei eine schräge Session, wild wie ein klaustrophobisches Dissonanzorchester, von akustischer Trunkenheit wie die GRUPPO FOLK URBANO SPERIMENTALE DIVISIONISTA, rituell und alchemistisch. Fast könnte man den waghalsigen Vergleich zu ganz frühen Auswürfen der EINSTÜRZENDEN NEUBAUTEN riskieren, aber die Berliner sind deutlich kaltblütiger, stakkatobesessener und selbstredend auch architektonischer. Das wäre alles gewiss nichts für den italienischen Untergrundbläser, der mit "s.u.t.u.b." ein abenteuerliches Amalgam aus außerirdischen Hintergrundsphären, gossenartiger Schönheit und mechanischen Einsprengseln zum Leben erweckt hat. Wie wohltuend und aufwühlend es ist, zu wissen, dass so verrückte und originelle Menschen unter uns weilen.


 
Roy L. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» D.B.P.I.T.
» Misty Circles

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Zusammenfassung
Der Bekannte Post-Industrielle Trompeter probiert sich an einem herausfordernden Konzept: ein Industrialalbum aufzunehmen und dabei gänzlich auf Elektronik, Effekte und Nachbearbeitungen zu verzichten. Und weil der Trompeter und seine wilde Bande von Gastmusikern und Freunden so herrlich verrückt...

Inhalt
Stinking Butterfly
Backwards Through Iperspace
Spaziosperanza
Contacto Total (live in l'Amettla)
Dismal Future
Frogmuzack
Time To Be Gone
Zombie Senza Meta (dedicated to a lost love)
Stinking Butterfly (Reprise)

39min

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