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Roy L.

Kostnice :: Finsterfelden

ein elektroakustisches Memento mori...


Kostnice :: Finsterfelden
Genre: Ambient
Verlag: T.u.T. / R.u.R.
Vertrieb: T.u.T. /...
Erscheinungsdatum:
02.11.2005
Medium: Vinyl LP
Preis: ~14,00 €
Kaufen bei: T.u.T. /...


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"Kostnice" ist nicht nur die Bezeichnung für die berühmt-obskure Knochenkirche im tschechischen Kutná Hora, sondern seit einigen Jahren auch der Name des Ambientprojektes von WERMUT - Frau Sofia E.R.. Gemeinsam ist den beiden eine moribunde Ästhetik, deren Faszinationsvermögen vom Sedlecer Schädel- und Gebeinbau ausgedünstet und von KOSTNICE mit musikalischen Sinnen aufgeschnappt wird. Und so steht das zweite Album "Finsterfelden", thematisch zumindest, auch unter diesem eher dunklen Stern. Als Wiederveröffentlichung einer auf lächerliche 10 Kopien limitierten CD-R stellt es den ersten offiziellen Eintrag in der Solodiskographie der Hamburgerin dar.

Frostig und mit einem Gefühl, als würde man mit halberstarrten Fingern in der winterkalten Erde graben, beginnt das schaurige Schauspiel auf "Finsterfelden". Der Titel der Platte liefert fürwahr reichlich düsteren Imaginationsrohstoff... In die Furchen bucklig-bracher schwarzer Äcker kriecht die schwere Feuchte langer Nebelschwaden, der Himmel ist ein dunkelgraues Steinmeer, von dem sich nur die scharfen, kahlen Äste einsamer Platanen abheben. Ein modriger Hauch Pestilenz schleicht über den Boden, das löchrige Angesicht der Fäulnis, die Luft knistert und quietscht vor Verfall. Doch nur für kurz hält dieses atmosphärische Bild der musikalischen Wirklichkeit stand. Das schnöde "Rauhreif" macht Anstalten, es mit seltsamkünstlichem Perkussionstrieb zu zerfetzen. Beinahe hätte ich "Finsterfelden" wieder beiseite gelegt. Doch dann nahm mich eine noch viel dichtere Szenerie ganz und gar gefangen. So mag es sich anhören, wenn man bei eisiger Kälte auf finsterem Felde einschläft und alsbald von HIS DIVINE GRACE zu träumen beginnt. Der böse Alp aber schiebt sich in Sprachsamples gekleidet zwischen die meditativen Ambientschichten. Ein kurzer Streicherloop weckt den Hörer inmitten der ländlichen Wüste. Am äußersten Saum des Waldes huscht ein Reh über den schlammigen Boden, der gerade noch ein Schlachtfeld war.
Sinfonisch und stets bedrohlicher werdend setzt Seite B das spätherbstliche Stimmungsbild fort. Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass "Finsterfelden" ein dunkles Geheimnis zu bergen scheint, das nicht gerade mit Leichtigkeit dechiffriert werden kann. Forensische Andeutungen, "Die Sommer danach"...was nur mag hier einst geschehen sein? Die Veröffentlichung klärt wenig darüber auf und verrät gerade so viel, wie nötig ist, um aus dem todestrunkenen Schreckgespenst ein, in die Vergangenheit entrücktes Mythos, ein elektroakustisches Memento mori zu zaubern. In diesen letzten Stücken schwingt auch ein kratzender, industrieller Unterton mit, wodurch mir plötzlich in den Sinn kommt, woran mich die Platte schon die ganze Zeit über erinnert. Seltsamerweise erscheint mir "Finsterfelden" wie die eisgekühlte, alkoholfreie Wald- und Flurversion von NOVY SVET's Debütalbum "Rumorarmonio". Vor allem die zahlreichen Samples zum Ende hin geben diesem Eindruck den letzten Rest.

"Finsterfelden", das muss gesagt werden, ist gerade zur rechten Zeit erschienen. Fröstelfreie Novemberspaziergänger werden diese morbide, erdige Waldsinfonie sehr schnell in ihr Herz schließen können. Von der Forst- und Feldwegwanderung heimgekehrt, sollte man es sich mit dem herben Aroma dieser Platte, einem Becher dunklen Weins und einigen Gedichten von Georg Trakl so richtig "gemütlich" machen. Aber nicht schwermütig werden darüber!
Die insgesamt vierte Veröffentlichung des anspruchsvollen Labelkollektivs TREUE UM TREUE / REUE UM REUE überzeugt, mal abgesehen von dem Ausrutscher "Rauhreif", musikalisch wie atmosphärisch auf der ganzen Linie und wird sogar manch alteingesessenen skandinavischen Fleischfabrikanten das Munkeln lehren. Bitterkalt!


 
Roy L. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Kostnice
» T.u.T./R.u.R.

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Zusammenfassung
Eine morbide, atmosphärische Wald- und Flursinfonie, die hervorragend zum ungemütlichen Novemberwetter passen wird. Hat Stil.

Inhalt
A:
Forensic I
Rauhreif
Remember
Bitter Love
Asmo' Song

B:
Finsterfelden
Liedchen
Le Degré Zéro
Die Sommer Danach
Forensic II

38min

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