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Axel M.

Lou Reed, John Cale & Nico ? Le...

kurzzeitige Velvet Underground-Wiedervereinigung


Lou Reed, John Cale & Nico ? Le Bataclan `72
Genre: Rock
Verlag: Get Back
Erscheinungsdatum:
2004
Medium: CD / LP
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Eigentlich dokumentiert diese Doppel-LP eine temporäre Wiedervereinigung der legendären Velvet Underground, reduziert auf die eigentlichen treibenden Kräfte aus der Mitte der wilden und drogengeschwängerten Sechziger. Die Aufnahmen entstanden live im Le Bataclan am 29. Januar 1972 in Paris. Diese edle Lizenzausgabe beschert uns 2 mal 180 g Vinyl im stabilen Klappcover. Das italienische GET BACK Label hat sich spezialisiert auf Wiederveröffentlichungen rarer Tonträger von Punk bis Reggae (zum Beispiel auch die BALAKLAVA von PEARLS BEFORE SWINE) und erstmals offiziell gepreßten ehemaligen Bootlegs – wie auch hier vorliegend. Ein herrlich entspannter Lou Reed (Gesang, akustische Gitarre), John Cale (Gitarre, Viola, Piano, Gesang) und die unvergessene Nico (Gesang und Harmonium) führen uns auf über 60 Minuten durch das Repertoire der Original-Velvets, Reeds erstem Solo-Album, Cale-Eigenkompositionen und eine ganze Seite Nico.
Seite A beginnt mit einer akustischen Version von WAITING FOR THE MAN, gefolgt von BERLIN und schließt mit dem bösartigsten Lied der Velvets, BLACK ANGEL’S DEATH SONG (Reed an der Akustischen und Cales bohrende Viola) ab. Spätestens hier hört man die Einflüsse auf die Ende der Siebziger entstehende Gothic-Bewegung (Beispiel BAUHAUS und CHRISTIAN DEATH und natürlich JOY DIVISION).
Cale schrieb in seiner Autobiographie, daß damals, als die erste Velvets-Platte erschien, diese von 400 Leuten gekauft worden wäre – diese hätten aber alle danach eine eigene Band gegründet. Davon abgesehen, daß 350 davon das wohl besser gelassen hätten, hätte es viele Perlen, die wir immer noch lieben, sicher nicht gegeben.
Seite 2 dann mit einer sehr intensiven akustischen Version von WILD CHILD (wieder aus Reeds erster Solo-Platte), und dann der Höhepunkt: HEROIN in einer bis dato nie dagewesenen Interpretation mit Akustikgitarre und natürlich Cales Viola – Gänsehaut ist hier garantiert, da kann niemand ungerührt bleiben. Vor allem, da ja bekannt ist, daß die beiden wußten, wovon sie da sprechen. Zum Abschluß der zweiten Seite dann erstmals Cale am Gesang mit GHOST STORY (aus seiner ersten Soloscheibe VINTAGE VIOLENCE) – ein Lied, das von der Grundstimmung her auch hätte von CHANGES sein können.
Seite 3 beginnt mit einer Parodie auf das Rock’n’Roll-Business – THE BIGGEST, LOUDEST, HAIRIEST GROUP OF ALL. Ein nettes, ein wenig an BOB DYLAN erinnerndes Folk-Stück, übrigens sonst nirgendwo veröffentlicht. Mit der für JENNIFER WARNES komponierten Säufer-Ballade EMPTY BOTTLES endet dann der Cale-Part. Nico tritt ins Rampenlicht. Mit FEMME FATALE erwacht Andy Warhols FACTORY wieder zum Leben – die gebürtige Kölnerin Nico mit dem starken deutschen Akzent bringt mit Eiseskälte den ersten von den leider nur 3 Klassikern, die ihr erlaubt waren auf der ersten Velvets-Platte zu singen. Die Seite endet mit NO ONE IS THERE aus ihrem Solo-Werk, mit ihrem berühmten Harmonium, das ihr ständiger – und irgendwann einziger - Begleiter blieb.
Das erste Lied auf Seite 4 kennt jeder, der schon mal DEUTSCH NEPAL live gesehen hat: FROZEN WARNINGS. Es folgen JANITOR OF LUNACY und zum Ende dann die beiden weiteren Velvets-Lieder, die Nico singen durfte: I’LL BE YOUR MIRROR und als Zugabe ALL TOMORROW’S PARTIES.
Die Wege der Drei trennten sich dann auch wieder, zu tief waren wohl die Zerwürfnisse, was nicht zuletzt auch an Nico lag, die ja erst Reed als Liebhaber hatte und seiner überdrüssig dann Cale („I can’t make love to jews anymore!“). John Cale produzierte einige ihrer Solo-Werke, zu einer Zusammenarbeit zwischen Reed und Cale kam es dann noch mal anläßlich des Todes von Andy Warhol (SONGS FOR DRELLA) sowie auf einer 1993 versuchten Wiedervereinigung der 4 Original-Velvets (ohne die da schon verstorbene Nico), die in der Live-Doppel-CD „Live MCMXCIII“ (übrigens auch in Paris aufgenommen) gipfelte. Dabei blieb es dann auch.
Fazit: hier liegt uns ein Tondokument vor, das in keiner Plattensammlung fehlen sollte, 3 Legenden in Höchstform, ohne die es weder eine Gothic noch eine Neofolk-Szene gegeben hätte. Es gibt 3 Versionen dieses Tonträgers: die mir vorliegende Doppel-LP im Klappcover, 2 einzeln zu erwerbende Picture-LPs (Volume 1 und Volume 2, in meinen Augen reine Geldschneiderei) sowie eine Digipak-CD. Fragt den Händler eures Vertrauens – oder direkt GET BACK: www.abraxasrecords.com, die haben einen sehr gut sortierten Online-Shop.
“Frozen warnings close to mine, close to the frozen borderline…”

Axel Meese im September 2005

 
www.neue-aesthetik.de

 

 
 

 
Axel M. für nonpop.de



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