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Calle Della Morte


Kategorie: Rezension
Wörter: 574
Erstellt: 18.04.2005
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Autor: Roy Liebscher

CALLE DELLA MORTE - GENTE DI MALAFFARE

front cover



Die „calle della morte" („Todesgasse") in Venedig ist Schauplatz eines Dramas in zwei Akten, dessen tieftrunkene humoristisch-maliziöse Inszenierung von Jonny B (INNER GLORY) und Vinz (S.P.Q.R.) zuletzt im Hause der römischen HauRuck! – Abteilung seine Premiere feiern durfte.
GENTE DI MALAFFARE, so heißt es, beruht auf tatsächlichen Begebenheiten, die sich zuzeiten der venezianischen Republik zugetragen haben sollen. Demnach seien im Verwirrspiel politischer Machtkämpfe und Intrigen zwei genovesische Spitzel unter mysteriösen Umständen verschwunden, ja es war sogar von grausigen Abschlachtungen die Rede... Dass die Gondelstadt immer schon mit geheimnisvollen Mordgeschichten und schauerlich-reizvollen Stimmungsbildern in Verbindung gebracht wurde, dürfte spätestens seit Thomas Manns Erzählung (Anm.: Calle Della Morte möchten sich von nämlichem Werk distanzieren) und dem filmischen Glanzstück von Nicolas Roeg bekannt sein. Die vorliegende Tragödie spannt hier den Bogen weiter, hinterlegt die Dialoge von Gitarren, Schlagzeug, Akkordeon, Mundharmonika und italienischem Gesang mit einem unverwechselbar atmosphärischen Dekors – ein seltsames Gemisch aus überschwänglichem Barock und urbanem Neo-Cabaret.
Den Vorhang öffnet ein kurzer Auszug aus Tinto Brass’ vorletztem Film „SENSO '45" und schon erklingt das Titelstück, das uns einstimmend samt abendlichem Akkordeonambiente und Division">JOY DIVISON – Solo die fast schon kriminalistische Dramenhandlung näher bringt. Die dritte Szene lässt erkennen, aus welchem musikalischen Gefilde die beiden verantwortlichen Regisseure stammen – progressiver Folkrock im ungefähren Mittelpunkt von neueren AIN SOPH und ihrem göttlichen Manifest AURORA. Nicht ganz ohne Lärm zu machen, betritt darauffolgend der Ohrwurm des Dramas die Bühne und zeigt allerdings, dass man in Venedig lockerer und eingängiger zu Werke geht, als bei den rituellen, mitunter schwerfälligen Rhythmen des großen Vorbilds. Ende Erster Akt.
Und Zeit für ein kleines Zwischenspiel, ein weinschwerer Taumel entlang den Häfen und Uferpromenaden, wo man unweigerlich feststellen muss, dass ein Hauch von frühen NOVỲ SVĔT in der Luft liegt. Wie dem auch sei, der Streifzug endet in einem burlesken Knäuel aus allerlei Stimmen und Geräuschkulisse.
Feierlich kündigt sich der zweite Akt an, die melancholische Freude am Musizieren wird besungen und die Dramatik steigert sich ins Unermessliche, wenn die klagenden Saiten eines Violoncellos die Gondeln Trauer tragen lassen, zu einer Melodie, die auch im Repertoire von INNER GLORY nicht fehl am Platz wäre. Das retardierende Moment ist verklungen, das große Finale rückt in alkoholisierten Tanzschritten immer näher und näher und näher, bis der Vorhang im verzerrten forte-fortissimo dieses großartige Bühnenstück beschließt.
Wer aus dem erstaunten Publikum auch nach sieben Minuten des Schweigens tatsächlich noch nicht den Saal verlassen hat, der wird mit einer hochwertigsten Zugabe belohnt, einem der schönsten Neofolklieder der letzten Jahre.
Nach zwei hochgelobten 7" – Veröffentlichungen legt CALLE DELLA MORTE ein ausgereiftes Debütalbum vor, das, wenn auch sehr kurz, dem Hörer an bittersüßen Abenden besonders munden wird – ein Muss für Bewunderer von AIN SOPH und Venedigreisende.
Man braucht also kein Prophet zu sein, um vorauszusehen, dass CALLE DELLA MORTE in Zukunft Werke schaffen werden, die nicht nur italienische Ohren zu verzücken verstehen und sowohl bei der Produktion als auch beim Konsum Unmengen an exquisitem vino rosso beanspruchen werden. Na denn Prost.


Release: 2005, HR! SPQR – V, CD limitiert auf 500 Kopien

Tracklist:
01. Senso
02. Gente Di Malaffare
03. Labbra Rosso Sangue
04. Senza Fare Rumore
05. Intermezzo
06. Nessuna Remissione
07. Venezia
08. Ballerino Di Tango
09. (Pause)
10. Bambolina

41min


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