http://www.nonpop.de/nonpop/index.php?type=review&area=1&p=articles&id=3317&high=order
NONPOP - Artikel > Rezensionen > Tonträger > ELS VANDEWEYER: Debut



awk

ELS VANDEWEYER: Debut

-


ELS VANDEWEYER: Debut
Genre: Avantgarde
Verlag: 90% Wasser
Medium: Vinyl 12''
Kaufen bei: Amazon


Schrift vergrößern Schrift verkleinern

ELS VANDEWEYER stammt aus Belgien und lebt in Berlin. Sie studierte Percussion, zog von Antwerpen nach Brüssel und daraufhin weiter nach Oslo, um dort Jazz zu studieren. Sie war Mitbegründerin des "IMI Kolektief" und Teil von anderen Gruppen. Die ausgebildete Vibraphonistin spielte im Oktett, Quartett oder Trio und musizierte mit einem ausgewachsenen Orchester. 
Nach der Zeit des Ausprobierens liegt nun eine Solo-Veröffentlichung vor, die sich schlicht "Debut" nennt. Erschienen ist diese bei 90% WASSER, dem Label von COLUMN ONE, KEIN ZWEITER, HERRMANN BOHLEN und DITTERICH von EULER-DONNERSPERG. 

ELS VANDEWEYER wurde schon in allen möglichen Tageszeitungen besprochen. Sie wurde gelobt. Die akademische Ausbildung zieht. Und dass es sich bei einem Vibraphon und wie es von VANDEWEYER gespielt wird, um einigermaßen Randständiges handelt, weckt ebenfalls Interesse beim Publikum mit Bildungshintergrund. Da steht dementsprechend in den Tageszeitungen: Virtuosentum, Gratwanderung, magische Momente. Und noch seltsamer wirds, wenn davon die Rede ist, dass, während sie spielt, die Überlegung dem Leiblichen weicht. Da möchte man gern einen Makel entdecken. 
Der ist dann wohl eine Art klamaukiger Kauz, der auftaucht, wenn Jazziges erklingt, das nicht allzu ernst zu sein scheint. Er trägt gern Perücke und singt: Dubidubidu. Er ist furchtbar albern. Doch eben diese Albernheit führt die Ernsthaftigkeit, die notwending zur Entstehung eines Albums beiträgt, schnell ad absurdum. Die schweißtreibende Arbeit an der Musik wird zur witzigen Freizeitbeschäftigung. Und wenn es richtig daneben geht, kippt die Musik in den Trash - ein im Übrigen momentan oft zu beobachtendes Phänomen. Zum Glück hält VANDEWEYER auf halber Strecke dahin an und rumort anstatt zu schrotten. 

Aber zum Album ... Zunächst muss das wundervoll gestaltete Cover erwähnt werden. Signalrot strahlt die Vorderseite. Auf ihr eine Art aufgespanntes Tierfell, das auf Filzschlägeln steht. Eine Hand und Tasten, die entweder Rückenwirbel oder Metallplatten sind. Über dem Musiktier der Name der Künstlerin in Großbuchstaben. Darunter lesen wir "Debut". Die Farbe der Buchstaben ist weiß. Auf der Rückseite Instrumente, Gartengerätschaften, ein Jugendbild der Musikerin, die Auflistung der Titel und ein Ausschnitt einer Landkarte, auf der Brüssel zu erkennen ist. Nordöstlich davon der Heimatort von VANDEWEYER. Dieser wurde mit einem Stift umkringelt. Der Hintergrund ist weiß, der Aufdruck - als quasi Spiegel der Vorderseite - rot. Alles ist hier fein sortiert und strukturiert. 

VANDEWEYERs Musik klingt dann auf der Seite A sehr nach einer relativ entspannten Variante des Jazz, der allerdings, wegen der bei den Aufnahmen unten liegenden Metallplatten, die den Tonraum erweitern, eben auch weiter und offener zu verstehen ist als sein hergebrachter Begriff. Der nämlich versteht sich neben der verbindenden Improvisation traditionell in Rückbesinnung auf die vormaligen Stile des Jazz. Daneben zählt die stilistische Individualität bestimmter Personen und die Art der Tonbildung durch das Instrument bzw. Interpreten. Schließlich ist die polyrhythmische Charakteristik des Jazz eines seiner Kennzeichen. All das ist zu finden.

Seite B hat sich dann mehr dem Experiment verschrieben. Hier dürften jene, die sich noch der ersten Seite hingegeben haben, darüber nachdenken, ob das da an manchen Stellen denn tatsächlich noch Musik ist. Nun, diese Frage dürften einige seit den Tagen ihrer Jugend bestens kennen. Damals, als die Richtung, die man selbst musikalisch einschlug, eine war, der die vielen Anderen nicht nur ablehnend gegenüberstanden, sondern sie auch als persönliche Beleidigung empfanden, da noch davon ausgegangen wurde, dass Musik etwas mit Wohlklang im Sinne von Harmonie zu tun haben muss. Die aber ist hier weniger zu finden.

Ein feines Album. Eines für Leute, die sich freihalten, und zwar für den Jazz, die Improvisation und den ungebundenen Ton.

 
awk für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» ELS-VANDEWEYER-Seite
» Label-Seite


Anzeige:
Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln ausschließlich die Meinung des jeweiligen Verfassers bzw. Interviewpartners wieder. Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit schriftlicher Genehmigung durch den Betreiber dieser Seite.
Link-Code zu diesem Artikel:
Wöchentliche Artikelübersicht per Mail
Werde NONPOP- Redakteur...
» Diesen Artikel bewerten
» Kommentar zum Artikel verfassen
Zusammenfassung
-

Inhalt
1. La Fin du Théâtre des Marionnettes
2. A.O.M.
3. Betonplaten Straat
4. Pannonica (Thelonious Monk)
5. Preparation
6. Exhibitio
NONPOP RADIO
Nonpop Radio starten:

Hier Popup
Ebay- Angebote zum Thema:
ELS VANDEWEYER