Im holländischen Utrecht ansässig, wurde
THE [LAW-RAH] COLLECTIVE um die Jahrtausendwende von BAUKE VAN DER WAL gegründet und hat seitdem unter Mitwirkung eines leicht variierenden Personals zahlreiche Tonträger veröffentlicht, die stilistisch samt und sonders im Dark-Ambient-Bereich angesiedelt sind. Dieses Genre-Bekenntnis wird freilich schon angesichts der URL des Projektes –
www.darkambient.net – augenfällig und so bekommt der geneigte Hörer auch auf dem vorliegenden Album wieder souverän produzierten, dronigen Dark Ambient reinsten Wassers von bemerkenswerter Qualität kredenzt. Für
"Innovation" zeichnen lediglich die zwei Kern-Mitglieder des Kollektivs verantwortlich, nämlich Chef und Gründer VAN DER WAL selbst und sein langjähriger Kumpel und Mitstreiter MARTIJN PIECK, der nebenbei noch das stilistisch eng verwandte Projekt
CINEMA PERDU betreibt, mit dem gemeinsam
THE [LAW-RAH] COLLECTIVE 2016 die an
dieser Stelle ebenfalls besprochene Split-CD
"Invocation" veröffentlicht haben.
Und nun also
"Innovation". Der Titel weckt durchaus eine gewisse Neugierde, alldieweil Dark Ambient, bei aller Leidenschaft, die man dafür empfinden mag, bedingt durch seine intrinsische Strukturarmut ja nicht unbedingt dasjenige Genre ist, das man spontan assoziiert, wenn man mit dem Begriff
Innovation konfrontiert wird. Der vom ausführenden Berliner Label
RAUBBAU ausgegebene Infotext klärt den in dieser Hinsicht Fragenden denn auch darüber auf, dass die Wahl des Titels in erster Linie dem pragmatisch-technischen Entstehungsprozess, der sich in allen denkbaren Bereichen grundlegend geändert habe, geschuldet sei, während man sich hinsichtlich der projekttypischen
"sonic palette" weitgehend treu geblieben sei:
"it's still those massive drones – or if you prefer noisey soundscapes – which at moments hurt either your ears or your emotions […]." Inwiefern genau sich die Arbeitsweise der beiden Musiker auf "Innovation" nun derart dramatisch von der an den vorangegangenen Alben unterscheidet, darüber schweigt sich der Text allerdings aus, und dem Autor dieser Zeilen mangelt es zu seinem Bedauern am notwendigen technischen Sachverstand, um in dieser Hinsicht elaborierte Mutmaßungen anstellen zu können; so gesehen entzieht sich freilich die Möglichkeit einer Antwort auf die Frage
"the [law-rah] collective asked themselves whether it pays off to leave the beaten track", denn als Material der Beurteilung ist einzig das musikalische Endergebnis zugänglich – und inwiefern dieses den veranschlagten Innovationsaufwand tatsächlich rechtfertigt, vermögen einzig und allein die Musiker selbst zu entscheiden.
Indes müsste dieser Aufwand schon von denkbar unverhältnismäßigem Umfang sein, sollte die Rechnung
nicht aufgegangen sein, denn: "Innovation" ist ein definitiv zu 100 Prozent geglücktes, rundum solides Dark-Ambient-Album mit betont droniger Note, das mit ausgesucht sattem, massivem und erstaunlich variationsreichem Sound aufwartet. Die sieben Tracks vermitteln eine intensive Anmutung enger musikalischer und thematischer Verknüpfung, weisen untereinander dessen ungeachtet aber dennoch eine so hohe strukturelle Varianz in den akustischen Details und im Gesamtaufbau auf, dass die Aufteilung in einzelne Tracks gerade vor dem Hintergrund durchgängiger Kohärenz und Konsistenz Sinn ergibt. Wenn der Promotext übrigens hervorhebt, "Innovation" sei nicht
"for your average background list[en]ing sessions" geeignet, so sei an dieser einen Stelle mit Überzeugung widersprochen: das Album kann
sowohl als stimmungsvoller Soundhintergrund,
als auch als alleiniges Objekt konzentrierter Aufmerksamkeit rezipiert werden – es erfüllt in beiden Fällen eine rundum zufriedenstellende bis enthusiasmierende Funktion, denn es weist zum einen keine Passagen auf, die während konzentrierter Tätigkeiten zu unvermittelten Irritationen führen und dergestalt aus dem "Flow" reißen könnte, zum anderen entfaltet es einen bemerkenswerten Detailreichtum, der umso faszinierender und raumgreifender wirkt, je konzentrierter man sich auf das Album einlässt; das Beste also aus
beiden Welten, wenn man so will.