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Endsal

INADE: The Nine Colours Of The Threshold

Audio-Alchemie in Perfektion oder: Gut Ding will Weile haben


INADE: The Nine Colours Of The Threshold
Genre: Dark Ambient
Verlag: Loki Foundation
Vertrieb: Loki...
Erscheinungsdatum:
16. Juni 2018
Medium: CD / LP / MC
Preis: ~12,00 €
Kaufen bei: LOKI / Deep...


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Es ist so weit: Nach dem, vor geschlagenen neun (!) Jahren erschienenen, letzten "richtigen" Studio-Album "The Incarnation Of The Solar Architects" versorgen die deutschen Dark-Ambient-Grandseigneurs INADE ihr ausgehungertes Publikum endlich wieder mit einem neuen Opus! Als Rezensent ist man sich vor diesem Hintergrund durchaus der Verantwortung bewusst, die mit der Besprechung einer solch buchstäblichen Ausnahmeveröffentlichung einhergeht, denn hat ein Album beinahe eine komplette Dekade des Werdens, Wachsens und Heranreifens in Anspruch genommen, so erwartet man mit gutem Grund eine akribisch durchdachte, perfekt austarierte, handwerklich grundsolide wie substanziell innovative Arbeit, die einer entsprechend intensiven Einarbeitung und rezeptiven Bebrütung bedarf, um jedweden unausgegoren-nassforschen, voreiligen Schnellschuss in der Beurteilung geflissentlich zu vermeiden. Bekanntermaßen ist die Erwartungshaltung hinsichtlich des Resultates umso unverhältnismäßiger und höher, je länger sich die vorangegangene Zeit des Wartens hingezogen hat, und so wird es für das finale Endprodukt einer solch üppigen künstlerischen Genese zunehmend schwerer, von der, zwischenzeitlich wahre Wunderdinge antizipierenden, Gemeinde in einem halbwegs angemessenen qualitativen Licht wahrgenommen zu werden. Doch um den Leser in dieser Hinsicht nicht lange auf die Folter zu spannen: Mit "The Nine Colours Of The Threshold" liefern INADE, und zwar richtig – das Album weiß selbst hochgesteckte Erwartungen vollumfänglich einzulösen und überzeugt auf ganzer Linie.


Dass KNUT ENDERLEIN und RENÉ LEHMANN, die beiden kreativen Köpfe hinter der, seit mittlerweile über 25 Jahren aktiven, Dark- bzw. Deep-Ambient-Institution INADE, gerne in allerlei mystischen, philosophischen und literarischen Querverweisen schwelgen, ist hinlänglich bekannt: ob es nun um die Ausgrabung und Verwurstung bis dato längst vergessener okkultistischer Querköpfe wie Peryt Shou im gleichnamigen Split mit TURBUND STURMWERK von 2003 geht, ob um Nietzsches "Trunkenes Lied" aus dem "Zarathustra" im Track "Ghost Sector" auf dem 2006 erschienenen Album "Samadhi State" oder die Einbindung einer Originalaufnahme von Gottfried Benn, sein Gedicht "Der Dunkle" rezitierend, im grandiosen "Aion Teleos" auf dem letzten vollwertigen Studioalbum von 2009 – immer wieder wurde die intensive Anbindung des INADE'schen Kosmos an die Vor- und Zwischenkriegszeit der europäischen Geistesgeschichte mit dezidiertem Schwerpunkt auf deren mystisch-okkulten Unterströmungen unmissverständlich spürbar. In dieser Hinsicht bildet "The Nine Colours Of The Threshold" keine Ausnahme – hier finden sich zahlreiche Reminiszenzen an den aus Wien stammenden und tief in die okkultistische Euphorie und Vereinsmeierei seiner Zeit verstrickten Schriftsteller Gustav Meyrink (1868-1932): So ist schon die das Frontcover zierende Glyphe einem entsprechenden Vorbild auf einer frühen Ausgabe seines 1913 erschienenen Romanerstlings "Der Golem" nachempfunden; aus diesem, Meyrinks größtem Publikumserfolg, stammt auch der ins Englische übertragene Text zu "The Lost Homeland", während die im deutschen Original belassene Textpassage zu "Über dem All" dem 1917 erschienenen Roman "Walpurgisnacht" entnommen ist; zu guter letzt verweist der Titel des Abschlusstracks "Hoel Dath" auf jenes obskure spirituelle Adelsgeschlecht, dem wir in Meyrinks 1927 veröffentlichtem okkultem Schlüsselroman "Der Engel vom westlichen Fenster" begegnen.

Urform der "Threshold"-Sigill auf einer frühen Ausgabe des "Golem"

Neben Meyrink hat jedoch noch ein anderer alter Bekannter aus der einschlägigen, okkult-phantastischen Autorenschaft Eingang ins neue INADE-Opus gefunden: von keinem geringeren als dem notorischen H. P. Lovecraft nämlich stammen jene beiden Textfragmente, die in den Tracks "A Midnight Profound" und "The Nethermost Chambers Of Night" Verwendung finden – ersterer schöpft aus "The Festival", letzter aus "Hypnos", beides jeweils 1923 erschienene, eher weniger bekannte Kurzgeschichten des, mittlerweile zum festen Bestandteil der postmodernen Popkultur mutierten, Großmeisters des unnennbaren, kosmischen Metagrauens. Zudem finden sich auf der Innenseite des ebenso schlicht wie elegant aufgemachten 6-Panel-DigiPaks noch drei weitere literarische Bezugnahmen, die an dieser Stelle jedoch nicht ausgeplaudert werden sollen, um dem Forschungsdrang des interessierten Lesers/Hörers noch ein kleines, überschaubares Tummelfeld für Recherchetätigkeiten in Eigeninitiative übrig zu lassen. – Deutlich wird jedenfalls: Ihrem Faible für zweckdienlich verwobene intertextuelle Bezüge sind die beiden Herren aus dem idyllischen Leipzig auch auf "The Nine Colours Of The Threshold" unbeirrt treu geblieben, was den Rezensenten unlängst inspirierte, für INADE das Subgenre des Literaturwissenschafts-Dark-Ambient zu ersinnen.

INADE @ Tower Transmissions V, Dresden 2015

Womit wir beim eigentlich zentralen, nämlich musikalischen Aspekt von "The Nine Colours Of The Threshold" angekommen wären: Im Promotext beschreibt man die "intriguing tone colour" des Albums als "generally one of heroic majesty, a kind of epic intimacy, with light and sparkling fragments" – und das trifft den Nagel ziemlich genau auf den Kopf, denn es ist in der Tat von einer bemerkenswerten, immer mal wieder durch zurückhaltend druckvolle Passagen befeuerten, majestätisch-feierlichen Ruhe, ohne dabei jemals auch nur ansatzweise in prätentiösen Eso-Kitsch oder aufgesetztes Okkult-Gebollere abzudriften; das Pathos-Fässchen wird mit Bedacht und Augenmaß geschwungen, so dass die besagte "heroic majesty" niemals übertrieben daherkommt oder sich gar in Richtung irgendwelchen schwülstigen Schmonzes auswüchse: nein, hier ist einfach alles passgenau aufeinander zugeschnitten und perfekt abgeschmeckt; sämtliche zur Verwendung kommenden musikalischen Ausdrucksmittel sind dem gewählten Sujet untergeordnet, entsprechend angemessen dosiert und binden die einzelnen Elemente des Albums zu einem harmonisch stimmigen, organischen Ganzen zusammen.

Die ersten beiden Tracks, "Noumenon" und "Beyond All Thoughts And Entities", sind reine Instrumentalstücke und stimmen den Hörer betont ruhig und gehoben-feierlich auf die Reise hin zu jener kosmischen Schwelle ein, von der der Albentitel spricht und die bereits erwähnte Cover-Sigill beredtes Zeugnis ablegt, indem sie das Zeichen des, das ewige "Stirb und werde" symbolisierenden, Pluto mit dem des Saturn kombiniert, der im okkult-magischen Denken ja von alters her als "Hüter der Schwelle" gilt. Beide Stücke wirken auf angenehme Weise kühl, dabei hell und irgendwie, ja: luftig, was insbesondere auf die, in die überwiegend flächigen Sounds eingewobenen, sphärischen Horn-Passagen zurückzuführen ist – um ein visuelles Pendant zu bemühen, sei hier an die Himalaja-Landschaften des Nicholas Roerich erinnert, was angesichts dessen Nähe zum Okkultismus theosophischer Prägung kaum verwundern kann und thematisch perfekt ins umrissene, esoterisch-mystische Gemüse passt. Der anschließende Titeltrack, übrigens der einzige mit Original-Lyrics, legt mit seinen zwar bedächtig, doch unbeirrt durch das wummernde Grunddröhnen vorandringenden Percussionpatterns im Vergleich deutlich an Druck zu und präsentiert exemplarischen INADE-Sound reinsten Wassers. "A Midnight Profound" ist wieder betont flächig, weitestgehend rhythmusfrei und vermittelt insgesamt eher den Eindruck eines, wenn auch ausgesprochen stimmungsvollen, Zwischenspiels. "Über dem All" erinnert in seiner spartanischen Reduziertheit ein wenig an die besten Momente später COIL-Stücke: wieder dominiert eine eiskalte, klare Atmosphäre, in der sich die einzelnen Soundelemente um die rezitierenden Vocals herum zu einem beinahe kontemplativ klingenden, perfekt abgestimmten Ganzen gruppieren. Mit "The Nethermost Chambers Of Night" folgt wieder ein wuchtiges, primär von Percussion und atmosphärischen Bläserparts dominiertes Stück mit subtil (!) heroisch-martialischem G'schmäckle, das neben dem vorangegangen wohl zu den herausragendsten Tracks dieses, an herausragenden Tracks durchaus nicht armen, Albums gehört. "The Pinions Of Night" kommt vergleichsweise finster und betont chthonisch daher: schleppende Beats, viel Gewummer und dominante Obertongesangspassagen in Verbindung mit atmosphärisch tönenden Horn-Drones vermitteln eine gravitätische Schwere und beklemmende Dunkelheit, die dem vorliegenden Album ansonsten eher fremd sind. Allenfalls das unmittelbar anschließende "The Lost Homeland" wirkt mit seinen extrem tiefgelegten Beatsequenzen noch ähnlich massiv, erreicht aber nicht denselben Grad an atmosphärischer Dichte. Mit dem ausgesprochen entspannten "Hoel Dhat" schließt sich indes wieder der Kreis zu den beiden luftig-ätherischen Einstiegstracks – ein harmonisch-kontemplativer Ausklang, der vor dem geistigen Auge des Rezipienten noch einmal die glitzernden Höhenzüge Roerich'scher Gebirgslandschaften Revue passieren lässt. – Was soll man da noch sagen? Nix! Man hält ergriffen den Schnabel.

INADE @ Tower Transmissions V, Dresden 2015

Fazit: Neun Jahre des Werdens, Wachsens und Heranreifens seitens der beiden Musikanten sowie des Abwartens und Teetrinkens seitens ihrer Fangemeinde haben sich wahrlich ausgezahlt – mit "The Nine Colours Of The Threshold" legen INADE ein Album vor, das meilenweit aus der durchschnittlichen zeitgenössischen Dark-Ambient-Landschaft emporragt und neue Maßstäbe setzt. Wie bereits weiter oben angemerkt, wurde es vom federführenden Haus- & Hoflabel LOKI-FOUND in Optik, Design und Ausführung kongenial umgesetzt, wobei als Grundlage dieser Beurteilung bislang nur die CD-Version herangezogen werden kann: für den echten Vollblut-Connaisseur gibt's das gute Stück ab Mitte Juli – jeweils auf 200 Exemplare limitiert – auch noch in schwarzem und rotem Vinyl sowie - limitiert auf 100 Exemplare – im Tape-Format zu erwerben. Die mystische Agenda, die der, das vorliegende Werk so extensiv inspirierende Gustav Meyrink in seinen Romanen immer wieder umkreiste, bearbeitete und kontinuierlich vertiefte, findet hier jedenfalls einen durchaus adäquaten künstlerischen und musikalischen Ausdruck: So arbeitet man, um in Anlehnung an eine Passage aus seinem Roman "Der weiße Dominikaner" zu sprechen, "mit am großen Werk göttlicher Alchimie; [man] wandelt Blei in Gold, […] wandelt Unendlichkeit in Ewigkeit." Und bevor das Pathos-Fässchen am End' vor lauter Begeisterung nun doch zu maßlos geschüttelt wird, sei an dieser Stelle beherzt – ein Punkt gesetzt.


 
Endsal für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» INADE-Homepage
» INADE @ facebook
» INADE @ SoundCloud
» INADE @ discogs
» LOKI-FOUND-Homepage
» LOKI-FOUND @ bandcamp

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Zusammenfassung
Das Warten hat sich gelohnt: INADEs erstes vollwertiges Studioalbum nach neun Jahren erfüllt alle Erwartungen & überzeugt auf breiter Front. Entspannter, majestätisch-getragener & bisweilen druckvoller Deep Ambient vom Feinsten , der gänzlich ohne Eso-Kitsch & Pathos-Alarm auskommt.

Inhalt
01: Noumenon (5:52)
02: Beyond All Thoughts And Entities (6:52)
03: The Nine Colours Of The Threshold (5:38)
04: A Midnight Profound (5:07)
05: Über dem All (5:32)
06: The Nethermost Chambers Of Night (5:00)
07: The Pinions Of The Sacred Time (6:45)
08: The Lost Homeland (4:18)
09: Hoel Dhat (5:21)

CD im 6-Panel-DigiPak; LP in rotem und schwarzem Vinyl, limitiert auf jeweils 200 Stück; Cassette limitiert auf 100 Stück.
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