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KARLHEINZ STOCKHAUSEN: Strahlen

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KARLHEINZ STOCKHAUSEN: Strahlen
Genre: Neue Musik
Verlag: Wergo
Erscheinungsdatum:
Februar 2018
Medium: DVD
Preis: ~18,00 €
Kaufen bei: Labelseite


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KARLHEINZ STOCKHAUSEN (1928 - 2007), der Pionier der elektronischen Musik, ist wie so viele für sein Frühwerk bekannt, weil dieses bahnbrechend war. Bereits 1951 wurde eines seiner Werke uraufgeführt. „Kreuzspiel“ hieß es und brach mit der bisherigen musikalischen Entwicklung in einem Maß, das nur radikal genannt werden kann. Von da an setzte STOCKHAUSEN Konzepte der „seriellen Musik“ ein und verfeinerte diese in den darauf folgenden Arbeiten, wie zum Beispiel "Studien I & II" von 1952-53.
Er widmete sich der rein elektronischen Musik, deren Begriff von WERNER MEYER-EPPLER eingeführt wurde und auf elektronischem Wege per Tongenerator und Mikrofon erzeugte Töne meint, die unmittelbar auf Tonband aufgenommen werden konnten (das Tonband war zu dieser Zeit der einzig nutzbare Tonträger für derartige Klänge). Wobei hier vor allem Variationsmöglichkeiten durch Lautstärke und Tondauer gegeben waren. Vor allem durch die Übereinanderschichtung von Klängen, den Bandschnitt, die Geschwindigkeitsänderung und so fort boten sich ungeahnte Möglichkeiten. Auch die Verteilung des Klanggeschehens auf mehrere im Raum verteilte Lautsprecher war möglich ... Sein wohl bekanntestes Werk „Gesang Der Jünglinge“ wurde 1956 erstmals aufgeführt.
Nach Ausflügen in die Instrumentalmusik fand STOCKHAUSEN immer wieder zur elektronischen Musik zurück. 1971 wurde er Professor für Komposition in Köln. Und 1977 begann er die Arbeit am Zyklus „Licht“ - einem Stück, das auf sieben Teilstücke angelegt wurde, dem sieben Wochentage und sieben Farben zugeordnet sind, das erst nach jahre- beziehungsweise jahrzehntelanger Arbeit fertiggestellt wurde und etwa 29 Stunden Musik umfasst.

Die Schnittmenge zum vorliegenden Werk "Strahlen" ist zum einen das Aufnahmeverfahren - alles wurde mit einem zehnspurigen Tonband aufgezeichnet. Und zum anderen die Nutzung eines Instrumentes. Es wurden keine Synthesizer benutzt. Nein, es wird ein Vibrafon gespielt. Allerdings werden die Töne künstlich verändert. Und zwar so, dass man - so STOCKHAUSEN selbst - den Eindruck bekommt, als würden Vokale gespielt. Das Ganze nennt STOCKHAUSEN dann transreal. Er probiert also mal wieder etwas, das es so noch nicht gibt.

Die vorliegende DVD umfasst nun nicht nur das Werk. Es wird auch noch in den Kontext der Entstehung gestellt. Schließlich dauerte die Komposition von "Strahlen" - ähnlich wie bei "Licht" - einige Jahre, nämlich von 2003 bis 2017, also über den Tod STOCKHAUSENs hinaus. Dazu handelt es sich um die Umarbeitung eines Stückes, das ursprünglich als Abschlussmusik für seinen großen Opernzyklus geplant war. Die Umarbeitung von der Schlussmusik für "Licht" zu "Strahlen" hat zum Ergebnis, dass nun alles von Text und Szene abgelöst scheint. "Strahlen" ist anders als das ursprüngliche Stück klanglich extrem reduziert - jedoch in der technischen Weiterverarbeitung hochkompliziert. Alles geht hier nämlich von Klängen aus, die ein einziger Musiker produziert hat, nämlich der Schlagzeuger LÁSZLÓ HUDACSEK ...

"Strahlen" entstand in Zusammenarbeit mit dem ZKM (Zentrum Für Kunst Und Medientechnologie Karlsruhe), das den Kompositionsauftrag erteilte. 2010 wurden zehn separate Spuren zu einem Zehnspur-Band gemischt. Dieses kann für selbstständige Tonbandaufführungen oder für Aufführungen mit Schlagzeuger  live dargeboten werden. Bei der Version für Schlagzeug wird eine Spur geschlossen. Der Schlagzeuger spielt diese Schicht zum fertigen Band. Dabei hört er die Taktspur, die synchron mit dem Aufführungsband gestartet wird. Die Klangregie - ausgeführt von KATHINKA PASVEER - regelt das Verhältnis zwischen HUDACSEK und fertigem Band, das im Sound-Studio N in Köln fertiggestellt wurde und auf CD 75 der STOCKAUSEN Gesamtausgabe veröffentlicht ist.

Den Zirkel zu STOCKHAUSENs früheren Werken schließt dann übrigens der Titel selbst. Er wählte hierfür nämlich ein Wort, das er schon ergänzend zum vertonten Bibeltext der 1955-56 entstandenen Tonbandmusik „Gesang der Jünglinge“ hat singen lassen ... Ein Ereignis. Streitbar wie alles. Doch wie könnte es auch anders sein?

 
awk für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Offizielle STOCKHAUSEN-Seite
» Label-Seite
» Seite des ZKM
» Bonusmaterial zur DVD


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Zusammenfassung
Ein Ereignis. Streitbar wie alles. Doch wie könnte es auch anders sein?

Inhalt
- Binaural-Version I (Kunstkopfaufnahme)
- Binaural-Version II (HRTF)
- Surround-Version (5.0)

- Dokumentarfilm STRAHLEN

- Ludger Brümmer interviewt KARLHEINZ STOCKHAUSEN
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