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Michael We.

SUM OF R: Orga

Richtungswechsel


SUM OF R: Orga
Genre: Drone
Verlag: Cyclic Law
Erscheinungsdatum:
September 2017
Medium: CD / LP
Preis: ~13,00 €
Kaufen bei: Bandcamp


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SUM OF R werden offenbar größer. Angefangen hat 2008 alles noch wortwörtlich im Hinterzimmer. RETO MÄDER war damals Mitbetreiber des kleinen, aber sehr feinen Schweizer Labels HINTERZIMMER RECORDS und schrieb erste Songs für SUM OF R. (Wir haben kurze Zeit später mit ihm ein Interview geführt, hier nachzulesen.) Nun, nach zwei Vollzeitalben und einigen Samplerbeiträgen für Werke mit SUNN O))), MENACE RUINE oder ALUK TODOLO, erscheint Album Nummer drei. In einer Doppelausgabe bei zwei namhaften Labels, nämlich als Doppel-LP bei CYCLIC LAW (mit zwei Bonusstücken) und als reguläre CD bei CZAR OF CRICKETS, einem Schweizer Metal-Label. Seine Mitarbeit an HINTERZIMMER RECORDS hat RETO inzwischen aufgegeben, um sich mehr auf die eigene Musik konzentrieren zu können.
Auch die Besetzung hat sich geändert: Statt JULIA WOLF an der Gitarre bildet jetzt FABIO COSTA (Drums, Effekte, Synthesizer) die zweite Hälfte des Duos. Und ob es nun nur am Personalwechsel liegt oder nicht, auch der Sound hat sich ganz gehörig verändert. Standen die Gitarren bei der rein instrumentalen Musik auf "Lights On Water" (2014) noch im Vordergrund, eine erdige Mischung aus Stoner Rock, Doom und Drone, fehlt eine metallische Komponente auf "Orga" völlig. So lässt sich vielleicht auch erklären, dass in den Pressetexten der Labels plötzlich von "Dark Ambient", einer "Schärfung der Sinne", der "Stimulation des Geistes" die Rede ist.



Im kurzen Intro (01) mischt sich dronig knarzendes Schiffsgebälk mit U-Boot-Vocals, bevor in "Overgrown" (02) eines der wenigen Male reine Gitarrentöne zu hören sind, schwebend und tief zu minimaler Percussion. Getrommel in großen Abständen, Schellen und vor allem das extrem traurige Saxofon prägen "We Have To Mark This Entrance" (03), immer wieder begleitet von unruhigen, mysteriösen Geistergeräuschen, später auch hörbar digitaler Natur. "Light & Dust" (04) gehört orchestralen Tonfolgen von Streichern und einer stoischen Pauke; der Streicheranteil scheint zuzunehmen, denn auch "Cobalt Powder" (05) mutet ein wenig klassisch an, das Schlagzeug improvisiert, hallt durch den Raum, und fast groovig wird eine nächtliche Jazzbar ausgekehrt. Voluminöse Orgelklänge schieben in "Hypnotic State" (06) einen mächtigen, klassischen Eisbergdrone nach vorne, glänzend und harmonisch, beeindruckend. Aber bis "After The Passing Of Risk" (07) hat es gedauert, um zum ersten Mal einen leicht doomigen Gitarrenton - in Dark Ambient-Umgebung - zu vernehmen. Intensiv, mächtig, hämmernd verdichtet sich das Album im letzten Drittel, bis zum Ausklang mit ethnischen Drums und fast schwülstigen Drones.

Hätte ich von SUM OF R zum ersten Mal gehört, fände ich das Album vermutlich uneingeschränkt gut. Intensität und Abwechslung stimmen. Es lässt sich viel Schönheit finden, teils mächtig bis martialisch, alles kunstvoll und hypnotisch miteinander verwoben. Mir fehlt allerdings (noch ein Labelzitat) die "unconventional metal atmosphere" der früheren Stücke. Der scheinbar ungewollte und darum so stark wirkende okkultige Aspekt. Im geist-erweiternden Drone- und Dark Ambient-Markt drängen sich die Künstler halt doch ziemlich dicht, und die Alleinstellung der vorherigen Mischung hat mich (noch) mehr beeindruckt. Spannend zu sehen, in welche Richtung sich SUM OF R weiter entwickeln werden.

 
Michael We. für nonpop.de


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Zusammenfassung
Eher Dark Ambient und Drone als Stoner Rock und Doom. Die Metal-Atmosphäre, die SUM OF R für mich ausgemacht hat, ist verschwunden. Ich weiß noch nicht, wie ich das finden soll...

Inhalt
Songs auf der CD (die LP enthält zwei Bonusstücke):

01. Intro: Please Ring The Bells (02:17)
02. Overgrown (03:51)
03. We Have To Mark This Entrance (05:19)
04. Light & Dust (04:41)
05. Cobalt Powder (06:21)
06. Hypnotic State (05:45)
07. After The Passing Of Risk (05:55)
08. Desmonema Annasethe (07:10)
09. To Deny Responsibility Is To Perpetuate A Lie (04:15)
10. Let Us Begin With What We Do Not Want To Be (06:36)
11. One After The Other (05:47)

~ 58 min.
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