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Endsal

PHARMAKON: Contact

Transzendenz und Auf-die-Fresse: "Empathy! EMPATHY, NOW!"


PHARMAKON: Contact
Genre: Power Electronics
Verlag: Sacred Bones
Vertrieb: Sacred Bones
Erscheinungsdatum:
31. März 2017
Medium: CD / LP
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Es mag ja eine gewisse Berechtigung haben, wenn böse Zungen PHARMAKON angesichts ihrer beachtlichen Medienpräsenz im Laufe der letzten Jahre in ähnlicher Weise des Hipster-PE-tums bezichtigen, wie sie das anno dunnemals mit WHITEHOUSE gemacht haben, als die plötzlich auf Kunststudententechnofestivals aufspielten, doch muss dergleichen Anwürfen auf rein sachlicher Ebene ganz nüchtern entgegengehalten werden: die junge Dame hat's definitiv drauf (was bei WHITEHOUSE ja nicht anders war). Das gilt auch und gerade für das brandneue Album "Contact", das musikalisch konsequent da weitermacht, wo das letzte aufgehört hat. Nun muss der Autor dieser Zeilen gestehen, dass er sich, wiewohl er die Vorgängeralben durchaus schätzt, nie allzu intensiv mit dem weltanschaulichen Hintergrund der MARGARET CHARDIET beschäftigt hat, doch ihre dezidierte Fokussierung auf den menschlichen Körper, auf Körperlichkeit, Verletzlichkeit und Sterblichkeit an sich ist ihm auch so nicht entgangen, ihre Vorliebe für die, in einem dezidiert physischen Sinne, ganz existenziellen Themen rund um Trieb, Geschlecht und Tod. Und auch in dieser Hinsicht fügt sich "Contact" – nomen est omen – ganz vortrefflich ins Gesamtkonzept, wenn es das Sujet auch aus einer anderen Perspektive beleuchtet als "Abandon" und "Bestial Burden".




Auf "Contact", einmal mehr bei SACRED BONES erschienen, geht es der 26jährigen New Yorkerin nämlich um Transzendenz, genauer gesagt um die Transzendierung jener Fesseln der Inkarnation, die ursächlich für das Leid und die Schmerzen sind, denen der Mensch als das bewusste Tier, das Miss CHARDIET wesentlich in ihm sieht, ab ovo ausgeliefert ist. So postuliert das "Artist's Statement" zum Album eine, freilich nicht allzu originelle, radikale Relativierung der Stellung des Menschen innerhalb des Kosmos: "All people are only human and all humans are only animals. [...] Humankind is of no special significance to the universe." Und auch der einzelne kann seiner absoluten Bedeutungslosigkeit angesichts und innerhalb des Gesamtsystems – der Natur? des Universums? Egal, wird auch zugrunde gehen – gar nicht vollumfänglich genug innewerden: "We are each nothing but a single, short-lived cell in a vast organism which itself will one day die." Der Salto Mortale aus diesem nihilistischen Morast heraus soll nun über die radikale Akzeptanz dieses ernüchternden Sachverhaltes und irgendwelche, im Diffusen verbleibende, tranceinduzierende Maßnahmen gelingen: "If we accept that the only true claim sentience gives us is our tiny sliver of time, it opens to revel in it, to make CONTACT". Wie genau das vonstatten gehen und was genau es eigentlich sein soll, was da Transzendenz erlangt, wenn nicht ein weiteres bedeutungsloses, träumendes Klümpchen Dreck in einem zwar größeren, doch nicht minder vollkommen bedeutungslosen Kontext – diese Fragen bleiben unklar und noch unklarer die Antworten darauf, doch was will man erwarten, Miss CHARDIET ist schließlich Musikerin und betreibt kein Metaphysik-Proseminar. In allerletzter Konsequenz lässt sich das Konzept wohl doch auf eine etwas abgedunkelte Variante der guten, alten Rock'n'Roll-Ekstatik reduzieren: "Sex, Drugs & Power Electronics" sozusagen.



Auch der Promotext legt Wert auf die Feststellung, die – so dem Netzgemurmel zu entnehmen – "Tochter eines New Yorker Punkmusikers" habe sich im Vorfeld mit Trancetechniken auseinandergesetzt, um diese in ihrer Musik und für deren Präsentation nutzbar zu machen. "In trance states," so erfahren wir, "music and the body are used to transcendend the physical form and make contact with some outside force" – wo diese ominöse "outside force" angesichts der geschilderten Geworfenheit allen Seins in den nachtschwarzen Abgrund inkarnierter Kreatürlichkeit plötzlich herkommt, und wie dieses wilde Bestreben, die physische Form zu verlassen, überhaupt mit jener radikalen Akzeptanz zusammengehen soll, die weiter oben zum Sine qua non jeder Transzendierung erklärt wurde, auch das sind Fragen, die den Leser nicht weiter anfechten sollten. Die Segnungen der fraglichen Trance-Studien lässt Miss CHARDIET offenbar überaus effektiv in ihre Live-Performances einfließen (zu denen sich der Rezensent selbst leider nicht äußern kann, weil er bislang noch keiner beiwohnen durfte), sagt man PHARMAKON doch übergreifend maximale Präsenz und Intensität nach – es scheint also was dran zu sein. Auf "Contact", das sich als Album und insbesondere als physischer Tonträger per se der Transzendenz verweigert, beschränken sich die Einflüsse auf die Strukturierung der "compositions of each side of Contact after the four stages of trance: preparation, onset, climax, and resolution." Indem PHARMAKON diese Struktur als "biorhythm for the album" nutze, "she animates it, and instills the intention of communion into the music." Wie genau und inwiefern überhaupt sich die genannten vier Phasen nun auf die sechs Tracks verteilen, hat sich dem Rezensenten zwar noch nicht wirklich erschlossen, doch wen schert's, angesichts des fulminanten Gesamtergebnisses, das der Hörer schlussendlich um die Ohren geballert bekommt.


PHARMAKON / MARGARET CHARDIET

Auf rein musikalischer Ebene erweist sich "Contact" als paradigmatisches PHARMAKON-Album im besten Sinne des Wortes, was freilich nicht zu knapp auf die unverkennbaren, krächzig-kreischenden Schrei-Vocals zurückzuführen ist, die für sich betrachtet bisweilen schon fast ein wenig black-metalesk anmuten. Der Opener "Nakedness Of Need" bereitet eine maximal frostige Begrüßung, dumpf wummert und schrill fiept es, bis sich aus dem Hintergrund das vertraute, gequält-hassige, bisweilen wild sich überschlagende Gekreisch herausschält. MARGARET CHARDIER fordert ihrer Stimme mehr denn je ab und arbeitet sich gewissenhaft durch die vielfältigen Varianten vokaler Gehörpenetration. "Sentient" mit seinem schwindelinduzierenden Loop hat eher Zwischenspielcharakter, kann dem einen oder anderen ungeachtet seiner 2:20 Minuten Spielzeit aber möglicherweise dennoch auf den Magen schlagen. Der Folgetrack "Transmission" lässt sich zu Anfang zwar durchaus Zeit, gibt die Marschrichtung dann aber umso vehementer vor, um sich schließlich zu einem veritablen, nachgerade hypnotischen Krawumms-Crescendo zu mausern. Mit "Sleepwalking Form" wird es noch etwas schräger, experimenteller, weirder, doch hält das Stück gut die Balance zwischen Beatpassagen, Noiseeinschüben und Geschrei, findet allerdings auch nicht wirklich den entscheidenden Punkt und versandet so am End' ein klein wenig unentschlossen. "Somatic" setzt reichlich monoton mit schrägem, dumpfem Gewummer ein und hält diesen Kurs auch weitgehend bei, um dem Hörer kurz vor Erreichen der Halbzeit dann unvermittelt ordentlich Eisen fressen zu geben – trotzdem wirkt der Track in seinem unbeirrt beibehaltenen, stoischen Grundkurs geradezu entspannt, was noch einmal ganz zwanglos den gedanklichen Bogen zu PHARMAKONs geschilderten Tranceambitionen schlägt. Der Abschlusstrack "No Natural Order" bestrickt mit seinem einleitenden Schlüsselbundgeklingel-Loop, um dann mit wuchtigem Grundbeat und nunmehr ausnehmend hassigem CHARDIETschen Geshoute ganz flugs zu einer zünftigen Right-in-your-face-Nummer zu mutieren, in der noch mal alle Register gezogen werden, um den Hörer schließlich & endlich mit sperrangelweit offenem Mund auf dem Sofa zurückzulassen. Was-für-ein-Brett!




Ob "Contact" nun besser oder schlechter als die beiden Vorgängeralben ist, mag jeder für sich alleine entscheiden, der Rezensent zumindest konnte sich in dieser Frage bislang noch kein endgültiges Urteil abringen. Vollkommen zweifellos ist indessen, dass PHARMAKON mit "Contact" – das Cover zitiert übrigens auf charmante Weise den berühmt-berüchtigten Madenschoß vom Debütalbum – einen weiteren, echten Klopper abgeliefert hat, der seine vergleichsweise kurze Laufzeit von einer guten halben Stunde mit einem Maximum an schierer Energie und Intensität wettmacht (auch in dieser Hinsicht also durchaus den eingangs erwähnten, späten WHITEHOUSE vergleichbar). Und angesichts einer dermaßen runden Sache übersieht man doch bereitwillig die leichten Inkonsistenzen im gedanklichen Überbau und erwärmt sein Herz stattdessen andächtig an der puren, rauen Leidenschaft, die "Contact" atmtet – um ganz in diesem Sinne mit MARGARET CHARDIERs eigenen Worten zu schließen: "The moments of connection/communion/CONTACT, when the veil is for a brief but glorious moment lifted, and we are free. Empathy! EMPATHY, NOW!"

 
Endsal für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» PHARMAKON @ facebook
» PHARMAKON @ bandcamp
» PHARMAKON @ discogs
» SACRED BONES-Homepage
» SACRED BONES @ SoundCloud


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Zusammenfassung
Kurzes, aber gewohnt brachiales und herrlich intensives Album, das da weitermacht, wo die beiden Vorgänger aufgehört haben: PHARMAKON lässt es auf ihrer Suche nach Transzendierung inkarnationsbedingter Isolationshaft ordentlich krachen. Intelligente PE von einer der wenigen Frauen des Genres!

Inhalt
01: Nakedness Of Need (6:18)
02: Sentient (2:20)
03: Transmission (4:54)
04: Sleepwalking Form (7:34)
05: Somatic (4:25)
06: No Natural Order (6:50)

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